Das Vorwort zum Vorwort
Reisen bildet und hinterher ist man immer schlauer! Gestern habe ich die Australienbücher abgeholt und auch die Fotos sind gestern fertig geworden. Wenn ich sie eingeklebt habe, ist endlich das Buch Australia 98 fertig. Erst zu diesem Zeit-punkt wird mir klar, dass das nächste Buch anders aussehen wird:
‚Unterwegs in Australien' ist mein Tagebuch dieser Reise. Es enthält alles, was mir während dieser Reise durch den Kopf gegangen ist. Alle Gedanken und Gefühlsregungen habe ich aufgeschrieben. An vielen Stellen habe ich mich eigentlich aus der Ferne mit Conny unterhalten, denn er hat mich zu dieser Reise animiert. Das ist also ein sehr privates Tagebuch. Trotzdem habe ich kein Problem damit, dass andere diese Texte lesen, denn ich habe einfach nichts zu verbergen. Aber ich habe dieses Buch nicht im Hinblick auf die Reaktionen eventueller Leser geschrieben. Vielen wird es deshalb sehr weitschweifig vorkommen und sie würden vielleicht lieber ein Buch lesen, das aus lauter solchen Storys wie ‚Herbert, the bloody Green' oder ‚Archaische Revierkämpfe' besteht. Das aber war nicht meine Intention, diese Storys sind quasi nebenbei entstanden.
Seit gut 24 Stunden steht fest, dass ich mich im August 1999 für ein Jahr nach Australien absetzen werde. Das Visum ist da und knapp 12 Stunden später spuckte das Faxgerät den Vertrag für den Buy-Back-Kauf des CamperVans aus, den man in Sydney gerade unterschrieben hatte. Auch das Notebook ist beschafft und installiert, ich kann sofort mit dem nächsten Buch anfangen. Es hat den Arbeitstitel ‚Australische Storys' und bei dieser Reise werde ich das erste Mal das machen, was sich seit ca. fünf Jahren in Deutschland bewährt hat: Ich werde ‚Memos' und Storys trennen. Die Memos sind in erster Linie nur für mich interessant. Aus den Storys aber kann man erfahren, was man auf so einer Reise auf einem anderen Kontinent alles erleben kann.
Berlin, 09. April 1999
Vorwort
Australien - ! So ein ferner Kontinent. Warum gerade Australien? Eindeutig ist Conny daran schuld, dass ich auf diese Reise gegangen bin. Im Januar und Februar 1997 war Conny in der Reha-Klinik, Hoppegarten. Dort wurde ihm sein Korsett abtrainiert. Er hörte viel Radio und eines Abend rief er mich an: Er hatte bei einem Ratespiel eine Reise nach Australien gewonnen. Sie wurde ihm aber nicht zugesprochen, weil er noch nicht 18 Jahre alt war. Er war sehr geknickt, bald hatte er sich wieder gefangen, aber Australien hat ihn seit dieser Zeit nicht mehr losgelassen.
In der Schule wurde Australien behandelt, er besorgte sich Literatur über Australien, er recherchierte im Internet über Australien und schliesslich war (und ist) er der Überzeugung, dass er mindestens ein paar Semester seines Studiums in Australien absolvieren muss. Wenn mich Conny in diesem Frühjahr besu-chen kam, ging es auch immer um Australien. Schliesslich hat er mich mit seiner Australienbegeisterung infiziert. Das war gar nicht so schwer, denn für mich war Australien immer identisch mit dem Barriere Riff. Dieses riesige Korallenriff hat mich schon in der Schulzeit fasziniert. Nie aber habe ich je daran gedacht, es in meinem Leben einmal wirklich zu sehen.
Anfang Juni aber fragte ich mich, warum soll ich eigentlich nicht mal nach Australien fliegen? Eigentlich wollte ich nach Borneo, wo es auch die Kombination Regenwald und Korallensee gibt. Aber dort brannte monatelang der Dschungel. Ich kaufte mir nach einem Sonntag mit Conny am Montag darauf auf dem Bahnhof Lichtenberg ein Reisebuch über Australien. Auf der Fahrt nach Halle blätterte ich dieses Buch durch und bald war mir klar, dort fahre ich als Tourist und Explorer für Connys zukünftige australische Aktivitäten hin!
Auch diese Reise habe ich vorher nicht in allen Einzelheiten geplant. Im Gegenteil. Ich besorgte mir rechtzeitig ein Flugticket und buchte ein Auto für drei Wochen. Dabei legte ich fest, dass ich mir die Gegend um Cairns ansehen wollte. Das war nahe am Barriere Riff und so weit nördlich, wie die normal befahrbaren Strassen reichten. Alles andere wollte ich vor Ort entscheiden und dafür gab es nur wenige Prämissen: Ich wollte den Regenwald, das Barriere Riff und das Outback sehen. Wie das zu erreichen war, das wollte ich sehen und erleben, wenn ich mit Rucksack und Zelt gelandet war.
So habe ich es dann auch gehalten und dabei sind aus den fünf Wochen Australien vier verschiedene Rei-sen geworden: Die erste Woche habe ich mich am Cape Tribulation im Regenwald akklimatisiert und an das Auto gewöhnt. Dann bin ich zwei Wochen in Queenslands Outback spazieren gefahren und habe dabei die verschiedenartigen Landschaften bewundert. Danach habe ich eine knappe Woche auf einem Schiff in der Coral See verbracht: Als einziger Schnorcheler unter 23 begeisterten Tauchern. Und zum Abschluss bin ich in der letzten Woche nach Darwin geflogen und habe eine ziemlich extreme Buschcamping-Tour durch den Kakadu-Nationalpark mitgemacht.
Auch auf dieser Reise habe ich jeden Tag meine Erlebnisse und Gedanken aufgeschrieben. Die zwei Tagebücher schreibe ich jetzt ab. Allerdings werde ich den Originaltext etwas bearbeiten, denn oft hatte ich keine Ruhe zum Schreiben oder widrige Umstände (kein Licht, Wolkenbruch, ein stark schlingerndes Schiff) liessen nur ein paar Stichworte zu. Trotzdem bleibe ich so nahe wie möglich am Original, denn die besten Texte sind die, die man unter dem Eindruck der akuten Situation schreibt. Sie spiegeln die emotionale Stimmung am deutlichsten wider.
Es war eine sehr interessante Reise unter den klimatischen Bedingungen des Northern Territory: Ganz schön heiss, sehr hell und ziemlich feucht. Wer da keinen Herzinfarkt bekommt, der ist kerngesund. Schön, wenn man das auf so einer Reise nebenbei mitbekommt. Jetzt hoffe ich nur, dass diese Lektüre dazu führt, dass mindestens Conny, Stefan und Hei-ke meinen australischen Spuren folgen werden.
Leute, das ist ein tolles Land !!
Eine kurze Bemerkung zur Schreibweise: Kein Mensch kann mit Vernunft nachvollziehen, warum es seit dem 1. August 1998 richtig sein soll, dass man gleich klingende Worte (z.b. groß, Schoss, Moos) unterschiedlich schreibt. Ich finde es herrlich, dass gleichzeitig keine generell verbindliche Schreibweise mehr existiert. Jeder kann schreiben, wie er will. Deshalb gibt es in diesem Buch auch keine Schreibfehler mehr! Für mich habe ich das überflüssige Sonderzeichen ‚ß' abgeschafft und schreibe stattdes-sen in jedem Fall ‚ss'. Das ist meine private Rechtschreibreform !!
Berlin, Leipziger Strasse, 25.10.1998
Jürgen Albrecht
Leipziger Strasse 47/16.03
D-10117 Berlin
Fax: 030 2016 5019
E-Mail: dr.albrecht@t-online.de
AL/200499