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Malayische Inseln

 

 

 

 

 

 

 

ÜBERFAHRT
NACH PERHENTIAN

27. Februar 1996

 

 

Nicht bestens geschlafen; Irgend etwas beißt mich unter der Decke in Bauch und Waden ...! Aber trotzdem schlafe ich bis 8:20 Uhr. Dann Aufstehen, Duschen, Ich verabschiede mich für eine Stunde. Stefan schläft noch. Ich laufe zum dreistöckigen Parkhaus-Markt. Fotos von oben. Bei den Lebensmitteln ist schon voller Betrieb. Batik- und andere Geschäfte machen erst zwischen 9 und 10 Uhr auf. Ich verlasse den Markt und biege in die Straße links vom Hotel ein. Das Leben erwacht, es ist schon wieder nahe 30 Grad. Ein weiterer Lebensmittelmarkt in einer engen Straße. Ich kaufe Bananen. Auf einem LKW eine rot uniformierte Truppe, die trommelt. Vor einem Laden ein Drachen, zwei Mann bewegen ihn im Rhythmus der Trommeln: Offensichtlich ein positiver Zauber zum Neuen Jahr. Gutes Omen auf Bestellung! Ich komme durch das Hafenviertel: Entsetzliche Wellblechbuden. Ein Tee + Milch. Um 9:35 Uhr bin ich wieder im Hotel. Wir ziehen aus, bezahlen, Stefans Länge wird bewundert, Vater und Sohn? Einladen, dann noch einmal Einkaufen: Stefan braucht Badeschuhe.

Um 10:30 Uhr fahren wir aus Kota Bharu in Richtung Süden. Stefan am Steuer, ich an der Karte. Unterwegs der erste Verkehrsunfall, den wir sehen. Taxe gegen PKW, ein Bus ist involviert. Krankenwagen mit Blaulicht, Stau. Nach gut 30 km (oder 40) erreichen wir Pasir Puteh. Eine kleine Stadt. Wir müssen Travellerschecks einlösen: Das Bargeld ist alle. Eine Bank. Viele Leute in einer Schlange. Eine schlanke, blaue Dame ist bereit, 200 US$ in 500 M$ zu tauschen. Es dauert ... uniformierte Wachleute. Eine doppelläufige Schrotflinte auf dem Rücken. Der andere hat die dazugehörigen Patronen im Gürtel: Ca. 18 mm Kaliber!! Man nimmt es sehr ernst mit dem Check des Schecks, es dauert fast eine halbe Stunde und keiner ist vor mir dran. Offensichtlich verirren sich hier nicht oft Touristen her.

Genau um 12 Uhr sitze ich wieder bei Stefan im Auto. Neues Ziel: Kuala Besut. Wir fahren eine Straße 3. Ordnung (wir sind offensichtlich zu früh nach links abgebogen). Eine große Brücke, wir denken, das ist Kuala Besut. Aber die Nachfrage ergibt: Das liegt 10 Km weiter südlich. Die Landschaft flirrt in der Hitze. Wie Wüste. Wenig Palmen, Staub, vereinzelte Wellblechhütten. { Ich hatte die Assoziation: Wie im Western, ein trostloses, verlassenes Kaff in sengender Sonne } Eine Ziege, angepflockt in einer verbrannten Grasfläche. Bestimmt gegen 40 Grad heiß. Über einen kleinen Fluß, eine Bohlen-Brücke. Auch das hier ist nicht Kuala Besut. Noch 6 Kilometer. Aber jetzt eine gute Straße. Wir erreichen das Nest, den Hafen. Schlepper bieten Tickets 'to the islands' an. Wir folgen dem ersten, weil er eine Fahrt in einer Stunde und einen überdachten Parkplatz für unser Auto (5M$/day) anbietet. Hitze, Sonne, hell. Das Ticket mit Rücktour kostet für zwei Mann 60 M$. Es ist noch Zeit. Einkaufen für die einsame Insel. Wir klappern die in der Mittagshitze vor sich hin dösenden kleinen Geschäfte ab. Mangos, eine Ananas, Wasser Cola, Bananen. Die letzten 20 Minuten verbringen wir in der Travel Agency: Kinder, sechs bis sieben Traveller außer uns. Das hier geht nur mit Rucksack. Auch wir haben nur Minimalgepäck, Rest im Auto. Kurz vor 14 Uhr besteigen wir ein Boot. Ca. 12 Fahrgäste, der Kahn ist voll, allerdings nicht für hiesige Verhältnisse. Da gehen mindestens noch 20 Mann mit Gepäck rein! Wir starten in Richtung Perhentian, frischer Wind von See, Sonne, sauberes Wasser, Gischt vor dem Bug. Wir sitzen hinten am WC (Bretterverschlag), Blick über das überdachte Boot, der Krach vom Motor ist auszuhalten. Die Amerikaner mit ihrer schrecklichen und lauten Aussprache sind lästig. Nach einer halben Stunde setze ich mich auf den Bug. Er taucht periodisch ab, das Wasser spritzt, Wind, Sonne, Sich auf die Inseln.

 

 

Wieder so eine Situation, die man wahrscheinlich bis an Lebensende nicht vergißt. Ich habe plötzlich eine Idee: Jetzt fehlt nur noch Zeit, das hier geht nur mit dem Rucksack, aber dann geht es auch weiter. Also warum nicht, wenn man Zeit hat, auf dieser Tour auch weiter reisen: Ich werde mit Rucksack eine Weltreise machen, wenn ich in fünf Jahren dazu noch körperlich fit genug bin. Von hier durch die Südsee nach Australien, Hawaii, Mexiko, Rio und dann über die Azoren 'nach Hause', wenn es das dann noch gibt. Jetzt, um 15:17 Uhr ist das nur eine Idee, ein Traum, eine Wunschvorstellung - wie wird es in 5 Jahren aussehen? Aber DAS wäre besser, über dem Polarkreis auf den Atlantik zu gucken!

Die ersten Traveller steigen auf der 'little on' bei Coral Bay aus. Ein Boot holt sie ab. Dann kommt die große Insel in Sicht. 'Ihr wollt zu Cosy? Da drüben!' Das Boot hält im seichten Wasser, eine Leiter wird an den Bug gestellt. Stefan steigt aus, ich danach. Und dann waten wir durch das knietiefe, klare Wasser an den Strand, während das Boot nach Norden abdreht. Und von diesem Ausstieg gibt es kein Foto ... so ein Jammer!

Wir laufen 150 Meter am Strand entlang, besichtigen die Hütten, wählen Nr. 14 aus und handeln den Preis von 60 auf 45 M$ pro Nacht herunter. Einzug gegen 16 Uhr. Umgebung erkunden. Stefan geht mit Schnorchel ins Wasser. Ich erkunde die Beach bis zur nächsten, nördlichen Bucht.

 

 

Als der Abend kommt, sitzen wir auf der Terrasse von Cosy. Tee und Goreng. Die Sonne geht unter. Ruhe. Das Pfeifen aus dem Dschungel um uns herum hat aufgehört. Hinter einer Wolkenbank geht die Sonne unter. Stefan ist den Strand nach Süden abgelaufen. Ich nehme mir einen Plastik-Stuhl und setze mich auf den Felsen vor dem Haus. Mehrfach hatte ich heute das Gefühl: Ist das ein Film, oder ist das Realität? Die Wirklichkeit ist so unwahrscheinlich, man glaubt es nicht, es ist nicht zu fassen. Der Mond (heute Halbmond) wirft helle Schatten, eine laue Brise, Flughunde in der Luft, Sterne, gegenüber Lichter auf der kleinen Insel, leises Plätschern der Wellen, keine Brandung, ca. 25 Grad, Wasser 28 bis 30 Grad. Es ist so hell, daß man durch das Wasser den Meeresboden sieht. Und das ist jetzt: JETZT, 27.0296, 21:25 Uhr auf Perhentian, die große eine, bei Cosy, auf der Klippe!

Es ist wirklich wahr, aber es ist wie im Film...!

 

 

 

 

 

 

 

HELLE
TROPENNACHT

28. Februar 1996, Perhentian

 

 

Es war gestern um 20:08 Uhr, wir saßen auf dem warmen Felsen vor der Hütte. Vor uns das leise plätschernde Wasser, Lichter am anderen Ufer, ca. einen Kilometer weit weg. Der Halbmond im Zenit. So hell, daß er Schatten wirft. Sterne, teilweise verdeckt durch ziehende, leichte Wolken. Leichter Wind, Ruhe. Genau in diesem Moment denke ich daran, daß es jetzt auf der anderen Seite des Globus Dienstag und 13:08 Uhr ist. Und wenn sich meine Leute in Halle daran halten, dann sitzen sie in meinem schönen Zimmer zusammen und trinken Kaffee, essen (von mir bezahlten Kuchen: das haben wir vereinbart!) und das Ganze nennt sich Arbeitsberatung. So unterschiedlich sind die beiden Welten, die es in meinem Kopf gibt!

In dieser Nacht haben wir Beide nicht viel geschlafen. Mich hat der Mond verrückt gemacht, Stefan sagt, er hat zuviel Cola getrunken. Um 22:15 Uhr gingen wir ins Bett. Ich sagte: 'Jetzt muß ich mich ja fast dafür entschuldigen, daß ich kein 25-jähriges, knackiges Mädchen bin!' 'Macht nichts, aber ich freue mich auf 's nächste Mal, hier mit einer warmen, weichen Frau!' sagte Stefan. Dann wollen wir schlafen. Es gibt in der Hütte keine Fensterscheiben. Die Fensterläden sind offen, Stäbe davor. Sie spiegeln sich als Schatten auf unserem breiten Bett. Der Mond ... ! Stefan steht auf nach einer halben Stunde. Geht wandern in Richtung Süden. Ich hoffe, er macht eine der vielen einsamen Frauen am Strand an, die bei Sonnenuntergang dort gesessen haben. Ich schlafe. Um Mitternacht stehe ich auf, bewundere Mond, Sterne, See und lege mich wieder hin.

 

 

Um 2 Uhr stehe ich wieder auf, beobachte, wie tief der Mond jetzt steht. Rechts davon eine tolle Überraschung: Der Große Wagen, aber auf dem Kopf! Von ihm aus kann man den Polarstern orten: Er ist nicht zu sehen, muß aber kurz über dem Horizont stehen. Nord stimmt auch. Weil wir am Äquator sind, ist das so! Toll, wenn die Ingenieure wieder mal was erklären können! Der Mond geht über dem Hügel der Insel gegenüber (Perhentian smal) unter. Der Himmel wird nicht gleich dunkler, weil er hinter dem Berg noch weiter strahlt. Links ein Lichtschein: Ich nehme an, Kuala Besut, wo wir mit dem Boot abgefahren sind. Es können aber auch Fischer sein (Kalamari). Ich stehe auf der Terrasse über der See mit 180 Grad Sicht, drehe mich um und erschrecke zu Tode .... Stefan steht 3 Meter von mir weg: 'Ich dachte, ein Affe sitzt auf der Brüstung! Deine weiße Hose ist nicht zu sehen und der Pullover über der Schulter sieht wie ein Affe auf der Brüstung aus! Es ist 2:30 Uhr. Stefan kann jetzt schlafen. Ich gucke alle Stunde aus dem Fenster: Jetzt ist es dunkel, aber Wolken ziehen am Himmel.

Dann wird es hell. Es ist bewölkt, kein spektakulärer Sonnenaufgang. Ich stehe um 8:15 Uhr auf, ungewaschen schleiche ich mich aus der Hütte. Frühstück in Cozy's Restaurant: Tee, Toast, Butter, Jam: 4.50 M$. Teuer und kein Vergleich mit der Kultur der Chinesen in Penang. Aber diese Aussicht entschädigt für alles! { An dieser Stelle der Küste liegen riesige rund geschliffene Steine, 10, 15 Meter hoch. Darauf stehen auf Pfählen die Hütten von Cosy. Eine überdachte Terrasse ist das Restaurant, über ein paar Treppen ist eine offene, am weitesten ins Meer reichende Terrasse zu erreichen, ca. 12 Meter hoch, Sicht über 180 Grad, gegenüber Perhentian smal: Die Terrasse mit dem Affen von heute nacht. } Boote auf der See. Die ersten Sonnenflecken. Eine Travellergruppe mit deutschem Sound wird von einem Boot abgeholt. Ein Boy aus der Küche, sehr freundlich, ca. 18 Jahre, stammt aus Thailand, will von mir English lernen ... Ich setze mich auf die Veranda unserer Hütte, sehe, wie die Sonne steigt. Das Meer hat Ebbe, viel schöner, weißer Strand wurde frei, übersät mit Korallenschutt. Um 9:45 Uhr steht Stefan auf, geht schwimmen. Im Winkel von 90 Grad läuft eine Ameisenstraße um die Veranda. Höchste Aktivität in beiden Richtungen. Ein großer Schmetterling schaukelt vorbei. Palmen im leichten Südwind. Wo ist das Problem?

Perhentian big, 270296, 10:03 Uhr

 

Ich sitze auf der Veranda unserer Hütte, Sonne von vorn und schon ziemlich weit unten. Es ist 17:28 Uhr. Da ist es wieder, das pfeifende Geräusch. Erst dachten wir, es ist der Kompressor, der in dieser Richtung steht. Dann haben wir festgestellt, es kommt aus dem Dschungel. Wer es erzeugt, ist unklar, aber es hört sich an, wie ein Preßluftwerkzeug, das gleich wegen zu hoher Drehzahl seinen Geist aufgibt. Es ist ein schriller, sehr hoher Dauerton, so über 15.000 Hz, nicht weit weg davon, daß ich es nicht mehr höre. Wer macht so laute Töne? Am schlimmsten hört es sich an, wenn man direkt im Dschungel in der Nähe so einer Pfeife ist. Wenn es zwei sind, pfeifen sie nicht in der gleichen Frequenz, dann ist es kaum zum Aushalten!

Gegen 10:30 Uhr haben sich unsere Wege getrennt. Stefan ging nach Süden mit dem Ziel, an der Beach so lange zu gehen, wie das möglich ist. Ich ging nach Norden, denn von der Bucht nördlich von Cozy soll ein Weg auf die andere Seite der Insel führen. In dieser Bucht liegt das teuerste Hotel der Insel: 'Perhentian Island Resort - Where reality is like a Dream' ... Das Restaurant, ein ganz herrliches, offenes Holzhaus. Uniformierte Diener, alles leer. Als der Staff merkt, daß ich ein Germane bin, sagt er die Worte, die er kann: 'Guten Morgen, ich liebe Dich!' Diese Boys verwöhnen bei Bedarf sicher auch die frustrierten Damen aus Deutschland. Ich bestelle die beste Suppe und trinke Tee. Die Suppe ist hervorragend, aber nur eine kleine Suppentasse voll. Beim Bezahlen wird der Uralt-Trick probiert: 36,00 M$ bekomme ich zurück, er versucht es aber erst mit 3,60 M$ ... das geht mit mir nicht mehr!

Dann suche ich den Weg auf die andere Seite, ich finde ihn. Es geht ein Trampelpfad im Dschungel hoch. Nach 300 Metern plötzlich eine brutal in den Urwald gepflügte Schneise. Hier wurde eine Abwasser-Ringleitung verlegt. Ohne Gefühl und mit unangemessenen Mitteln. Auf dieser Trasse führt der Weg auf die andere Seite. Es ist nur eine Plastikleitung von 120 mm Durchmesser vorhanden. Von der Kläranlage ist nichts zu sehen. Dafür ein großes Schild und eine planierte Fläche. Auch Baucontainer und Baracken. Hier ist das Geld ausgegangen! In der Bay mit herrlichem Strand ein noch nicht fertiges Hüttendorf. Ich bestelle Tee und Fried Fish & Ginger - ich weiß nicht, was das ist. Es kommt ein Fisch, länger als der Teller, ganz kroß gebraten, bestreut mit Chili, Ginger u.a. Gewürzen: 12,90 M$, herrlich! Die ½ Stunde Wartezeit hat sich gelohnt. Dann am Strand gegen 14 Uhr in Richtung Süden. Es ist entsetzlich hell, Sonne von oben, weißer Strand unten, links blinkt die See, man kann nichts sehen. Der Kreislauf will nicht mehr. Wenn ich den Kopf drehe, werden nicht mehr 15 Bilder pro Sekunde erzeugt, sondern nur noch zwei bis drei! Ich gehe in den Schatten ... Hier gibt es die Unterkünfte Fauna und Flora, beide mit Seafood-Restaurant. Auch hier gibt es einen Wegweiser: Jungle-Trecking: Der Weg nach Cozy. Ein schöner Trampelpfad durch den Dschungel über den Berg. Am höchsten Punkt ein Fundament: Hier sollte wohl mal ein Aussichtsturm stehen. Auch hier reichte das Geld nur für das Fundament. Auf dem schönen Dschungelpfad alte Bäume (nicht sehr dick), schrille Pfeifgeräusche, ein Dauerton, eine dünne, ca. 1 Meter lange Schlange - sie hat mehr Angst als ich - ist schnell weg. Ein Vogel schreit sehr laut. Als ich auf der Cozy-Beach-Seite ankomme, wieder Investruinen: Verlassene Hütten. In eine gehe ich rein: Drei bis vier riesige Geckos an der Wand. Eine grün-gelbe, daumendicke Schlange guckt mich an, hinter einer Wellblechverkleidung eines Fensters. Auf dem Weg nach Cozy eine Anlegestelle für Boote an der südlichen Spitze der Insel: Fischer laden aus: Tintenfische, viele Sorten Fisch, alle sehr klein, Krebse. Ich laufe zu Cozy und stehe um 15:30 Uhr unter der Dusche. Eine Stunde Schlafen bei 31 Grad in der Hütte, dann mein erster Schnorchelgang. Dabei sehe ich Stefan zurück kommen. Er hat sich an der steinigen Küste bis zu Fauna und Flora vorgearbeitet und sich von dort mit einem Boot zurück fahren lassen. Auch er ist begeistert! Riesige Steine haben ihn oft gezwungen, in den Dschungel auszuweichen. Morgen will er mit einem Kanu um die Insel fahren (ich würde das nie schaffen!). Ich werde auf die andere Seite bei Flora schnorcheln gehen.

Perhentian Besar, 280296, 18:55 Uhr 280696

 

 

 

 

 

 

 

 

AM 30. FEBRUAR:
FISCH BEI ABDUL

29. Februar 1996, Perhentian

 

 

Es ist 19:05 Uhr, wir wissen nicht, ob heute noch Februar, oder schon März ist. Mittwoch ist heute, das ist relativ sicher, denn für Donnerstag haben wir das Schiff zurück auf's Festland bestellt und das ist morgen.

 

 

Der letzte Abend, der letzte Sonnenuntergang. Sonnenuntergang in Abdul's Chalet. Von hier aus kann man die Sonne senkrecht ins Meer fallen sehen. Sie kommt wirklich fast senkrecht von oben. Keine Wolken, gelbes Meer, violetter Himmel. Nichts ist kitschiger als die Natur. Das Meer sieht aus wie eine Schmelze von Metall. Wenig Wellen, kaum Bewegung. Jetzt taucht die Sonne in den Dunst über dem Horizont. In wenigen Minuten ist das Schauspiel zuende. In einem roten Trichter ist die Sonne jetzt verschwunden. Genau dabei stellt Stefan fest, daß seine neue MIDO-Uhr kaputt ist: Sie zeigt für heute THU an, WED müßte sie anzeigen. Nach gründlichen und tiefschürfenden Überlegungen wird uns klar, daß die Uhr heil und heute Donnerstag ist. Ob heute noch Februar oder schon März ist, das ist nicht festzustellen: Südsee-Verhältnisse!

Gestern habe ich die erste Schnorchel-Tour meines Lebens unternommen, heute bin ich süchtig danach. Ich hätte nie geglaubt, daß ich so etwas mal wirklich in der Realität sehen würde - aber hier ist 20 Meter von unserem Bett weg eine Korallenbank. Alles was von oben dunkel aussieht, sind unten Korallen! Gestern war es nur ein erster Versuch vor der Hütte, also in der Verbindungsstraße der beiden Inseln. Heute hat sich Stefan ein Kanu gemietet und ist in Richtung Süden um die Insel gefahren. Ich bin den schönen Dschungelpfad zur Bucht auf der anderen Seite (Telang Dalam) gelaufen. Dort habe ich mir Brille und Schnorchel gemietet (10 M$) und bin an der Südseite der Bay ca. eine Stunde ins Wasser gegangen. Genau um 12 Uhr habe ich mich im Restaurant Flora ausgeruht, habe Essen bestellt und drei oder vier schöne Mädchen haben mich mit einem Verbandskasten umsorgt: Heute früh bin ich an der Treppe bei Cozy gestürzt und habe mir (ziemlich schlimm) die linke Hand verstaucht. Als ich verarztet bin und das Essen auf dem Tisch steht, landete Stefan mit seinem Kanu vor der Gaststätte - verabredet waren wir nicht. Ich gehe ihm die paar Schritte entgegen und er sagt: 'Mann ... jetzt haben wir ein Transportproblem!' Dabei zeigt er in das Kanu, in das er eine riesige Muschel eingeladen hat. Er hat sie an Land gefunden, zwischen unzugänglichen Felsen. Dort hatte sie ein Sturm hingeworfen, Sonne, Wind und Wasser haben sie in zwei oder drei Jahren sauber gemacht. Was machen wir mit einer 3 bis 4 Kilo schweren Muschel? Mitnehmen natürlich. Stefan hat Bedenken wegen dem Zoll - aber was soll da schon passieren? Haschisch und Kokain sind da wesentlich gefährlicher.

Wir essen und gegen 12:45 Uhr brechen wir auf: Stefan mit dem Kanu zurück zu Cozy und weiter in die Bucht vor dem Hotel Perhentian Ressort. Ich gehe zu Fuß in Richtung Osten auf die andere Seite der Bucht, wo der Tauchverleiher sagte, daß da nichts los ist. Dort schnorchel ich mindestens 1 ½ Stunden: Eine wahnsinnige Unterwasser-Landschaft. Eine ganz große Vielfalt von Korallen, Fischen, keine Pflanzen. Und das tollste: Völlig unterschiedliche Tiefe. An den Abhängen dieser steilen Stellen wachsen riesenhafte Korallen, Ausmaße 3x3x3 Meter mindestens! Alles bunt, die Fische in Farben, wie man sie sich auch bei blühender Phantasie nicht vorstellen kann! Ganz herrlich, es ist richtig schwer, hier aufzuhören, denn das Wasser ist um 30 Grad warm, ich friere nicht. Nie war ich so lange im Wasser!

Zu Hause merke ich dann, daß ich an der Rückseite der Beine, vom Po abwärts Sonnenbrand habe - Gott sei Dank hatte ich beim Schnorcheln ein T-Shirt an! Gegen 15:30 Uhr treffen wir uns in der Hütte bei Cozy wieder. Stefan hat seine Fundstücke ausgeladen - die große Muschel ist der einsame Star!

20:15 Wir verlassen Abdul's Chalet, hier gibt es kein Bier (Abdul ist Moslem)

 

Die Datums-Story ist endlos: Stefan geht um 20:45 Uhr bezahlen und kann den Staffs nicht vermitteln, daß es einen 30. Februar nicht geben kann! { Dadurch haben wir eine Quittung von Cozy mit dem Datum 30.02.96 !! } Also für unsere Gastgeber ist heute der 29. und morgen der 30. Februar. Unstrittig ist inzwischen nur, daß morgen Freitag ist. Auf Stefans SEIKO-Digital-Uhr ist heute der 1. März! So ein Mist, also doch schon März. Aber die Rettung kommt unverhofft und schnell: Ich habe ja zur Vorbereitung der Reise eine Liste gemacht, die ich mit meinem Kalender 1996 abgestimmt habe. Danach (siehe letzte Seiten) ist heute der 29. Februar - 1996 ist ein Schaltjahr. HURRA - wir haben einen Tag gewonnen und erst morgen ist der 1. März ... es sei denn, irgendwer hätte vielleicht doch beschlossen, daß es 1996 einen 30. Februar gibt. Unwahrscheinlich, sehr unwahrscheinlich!

Nachdem wir gegen 15:30 Uhr unsere Schätze bewundert hatten, ging Stefan einen Tee trinken, ich lege mich und meinen verstauchten Arm zur Ruhe - wieder bei 31 Grad in der Hütte. Um 17 Uhr stehe ich auf, der Arm tut weh. Besser aktiv, als auf den Arm zu hören, der nach Ruhe und Tröstung schreit. Ich entschließe mich, noch einen Schnorchelgang an der Südspitze der Insel zu machen. Stefan kommt mir entgegen und schwärmt davon, bei Abdul den besten Fisch seines Lebens gegessen zu haben. Allerdings wußte er nicht, daß 'Garlik' Knoblauch heißt.. Das bedeutet, ich muß auch so einen Fisch essen! Aber vorher gehen wir beide zur Südspitze, ich schnorcheln, Stefan baden. Wieder eine andere Unterwasserwelt: Große Felsen, glatt geschliffen in der Tidehöhe. Miesmuscheln (blau) mit Schalen, scharf wie Rasierklingen. Ich verletze mir die andere Hand auch noch, aber lange nicht so schlimm. Dann, ich traue meinen Augen nicht, der größte Fisch, den ich lebend in der Natur gesehen habe: Ca. 1,50 Meter lang, 40 cm breit und entsprechend dick. Form wie ein Blaugorami, aber riesengroß, grün und braun und träge, drei Meter unter mir. Ich versuche, über ihm zu schwimmen um zu sehen, wie groß er im Vergleich zu mir ist. Das mag er nicht. Erst langsam, dann eine blitzschnelle Wendung und er ist unter einem zwei Meter großen Korallenteller verschwunden. Hier gibt es sehr viele Fische. Ein Schwarm zwei cm langer Fische, es sind Tausende, umringt mich buchstäblich. Sie schwimmen im Kreis um mich herum, als wollten sie feststellen, wer das hier ist. Eine ganz andere, fremde und wieder unendlich komplexe Welt. Daß ich so etwas in meinem Leben noch sehe. Wie klein man ist und wie wenig man hier dazu gehört. Unbegreiflich, wie vielfältig die Natur ist und daß man hier als Gast geduldet wird.

Dann gehen wir zu Abdul's Chalet, ich esse allerdings nur einen halben dieser Fische, aber er ist wirklich ausgezeichnet. Dann Sonnenuntergang und das Problem, welches Datum und welcher Wochentag ist heute ... siehe oben. Als wir wieder zu Hause sind, werden die Fundsachen sortiert und verpackt und das Gepäck wird für die Abreise fertig gemacht: Soviel ist klar: Morgen reisen wir ab.

Bei Cozy, Hütte 14, 290296, 21:34 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

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AUF'S FESTLAND

01. März 1996, Marang

 

 

Das Meer rauscht. Ein leichter Wind auf der Terrasse. Es ist dunkel, Lichter von der Insel gegenüber. Der Mond steht hoch, bald ist Vollmond. Eine deutsche Runde im Swiss Hotel Bell Kiss, Marang. Zwei aus Deutschland, Mutter und Tochter aus Österreich und der Student, der hier den Wirt spielt, kommt aus Tirol. Ein Nachbar kommt von nebenan: Bob aus Holland, der beschlossen hat, mit seiner Frau mal ein Jahr in Malaysia zu wohnen. Auf dem Tisch Bier, Mangos, Bananen und eine Kokosnuß, die Stefan vor einer Stunde von einer Palme am Haus abgeschlagen und geöffnet hat. Sie war sehr groß und grün. Der Saft war hervorragend und das Fleisch ist weich. Smal Talk über nichts. Die Tochter der Mutter lebt offensichtlich hier in Malaysia uns sie sind mit dem Wirt bekannt. Sie genießt es, hier die Insiderin zu sein. Das deutsche Pärchen hat ein Radio mit: Die neuesten Fußballergebnisse. Temperaturen um Null in Deutschland. In der vergangenen Woche Schneestürme in Norddeutschland und in den Niederlanden. Das ist nicht vorstellbar ... wie weit weg das alles ist. Diese Leute haben nur 1050 DM für einen Hin- und Rückflug Deutschland/Kuala Lumpur bezahlt. Wer verdient dabei noch etwas? Um 21:20 Uhr ziehe ich mich auf die Seeterrasse zurück, um etwas zu schreiben.

'Es ist 8 Uhr und wir haben verschlafen!!' Damit habe ich heute morgen Stefan geweckt. Um 8 Uhr fährt das Boot auf's Festland! 'Los, sofort und schnell das Zeug einpacken!!' 'Meinst Du, daß wir das noch schaffen?' 'Nach klar, so pünktlich ist man ja hier nicht.' Wir packen unsere Rucksäcke in fünf Minuten - unmöglich ohne die Vorarbeit von gestern. Bezahlt war schon, als wir die Hütte verlassen, landet gerade der Chef. Er hatte die Nacht auf der kleinen Insel verbracht und wollte jetzt kassieren!

Das Boot war vor Seahorse schon vor Anker gegangen. Eine Leiter, Stefan klettert hoch, jetzt mache ich ein Foto! An Bord Leute, die wir aus den umliegenden Kneipen kennen. Bei so wenig Touristen sieht man sich ja immer. Gestern nach dem Packen waren wir noch auf ein Bier im Seahorse. Eine ziemlich planlose Holzkonstruktion (aber ohne Wellblech!), der Strand ist der Fußboden, 'Drinks only', mindestens am Abend. Aber das auch noch um 1 Uhr. Der Chef, ein dunkler Malaye, lange schwarze Haare, zusammengehalten mit einem roten Tuch. Barfuß, die behaarte Brust wird durch eine schwarze Weste betont. Um die Hüften ein Batiktuch. Er kennt alle Frauen und die Gigolos der Insel. Heute allerdings sind mehr Gigolos als Frauen hier. Wir gehen gegen 23 Uhr ins Bett. Aber um 4 Uhr steht Stefan wieder auf. Ich muß aufs Klo und gehe dann auf die Cozy-Terrasse: Wolkenloser Himmel, der Mond ist schon untergegangen. Sterne zum Anfassen. Und der große Wagen in einer irren Position. Aber auch hier ist der Polarstern im Norden und auf dem Horizont. Ich gehe wieder schlafen und wache kurz vor 8 Uhr erst wieder auf.

Das Boot fährt mit uns noch in die Bucht von Flora. Es kommen weitere Touri's an Bord. Auch die ältere Dame, die mir gestern hier beim Tauchen ganz echauffiert erzählte, daß sie gerade einen Hai gesehen hat ... einen Meter lang. Dann geht die Fahrt zum Festland. Mein Sonnenbrand ist Schuld daran, daß ich auf der Lattenbank nicht sitzen kann. Ich schmiere meine verstauchte linke Hand ein - es ist besser als gestern, sieht aber entsetzlich aus: Blau und geschwollen. Um 10:15 Uhr erreichen wir unser Auto, um 10:30 Uhr starten wir damit in Richtung Süden. Aber erst müssen wir durch das Marktgewühl, das hier heute herrscht: Ganz das Gegenteil von dem verschlafenen Nest, was wir bei unserer Ankunft hier vorfanden.

Dann eine sehr gute Straße mit vorbildlicher Beschilderung bis Terrenganu. Ich fahre ins Zentrum, Stefan hat den Stadtplan in der Hand. Wir wollen was essen und zur Touristeninformation. Der Info-Point hat zu: 'Lunch 12 -2 pm' Der Markt döst in der Mittagshitze. Wir kaufen Ananas und Mangos. Stefan ist müde, wie sich das für diese Tageszeit gehört: Es ist 13:15 Uhr. Die Hitze brütet über der Stadt. Stefan setzt sich mit Cola und Bananen in den Schatten, ich laufe zu einem Chinesischen Tempel. Viel Betrieb, klein, schmuddelig, viele Räucherstäbchen und Teller mit Eßwaren. Im 'Golden Dragon' ein schnelles Mittagessen für 4 M$. Padang Food auf chinesisch. Dann zurück: Die Touristeninformation (großes Haus, viele Zimmer, wer macht hier was?) hat immer noch zu: um 2:10 pm. Wir Fahren nach Marang. Stefan will außerhalb des Ortes übernachten. Swiss Hotel Bell Kiss, direkt am Strand unter Kokospalmen. Zimmer Nr. 2 kostet 55 M$ - wofür? Der Schweizer lacht! Aber es ist sauber und hat eine Dusche.

 

 

Um 15 Uhr ein Bad im Meer. Dann eine Stunde schlafen. Stefan weckt mich und wir fahren ins Dorf. Die Tour morgen auf dem Fluß ist inzwischen geordert. Hier soll jetzt Markt sein, aber alles döst in dieser Abendstunde vor sich hin. Man hat den Eindruck, alle warten. Worauf? Im Seefahrer: Fisch mit Chili und Tomaten: Mäßig, wenn man Abdul's Fisch noch auf der Zunge hat. Um 19:15 Uhr sitzen wir auf dieser Terrasse hier, essen Mangos und Ananas und sehen, wie es dunkel wird und der Mond an Kraft gewinnt.

Marang, Bell Kiss, 010396, 21:55 Uhr

 

 

 

Jürgen Albrecht
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