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Kraterseen in Sumatra

 

 

 

 

 

 

 

 

 

NACH
BUKKITINGI

12. Februar 1996, Embun Pagi

 

 

Es ist 11 Uhr, vor einer Stunde sind wir aufgestanden und haben unsere Wunden von gestern behandelt: Sonnenbrand! Jetzt sitzen wir auf der Terrasse über dem Lake Maninjau. Der Ort Embun Pagi macht seinem Namen Ehre: 'Morgenwolke'. Es sind ganz tolle Wolkentürme rings um den Krater zu sehen. Es ist windstill, der See spiegelt die Wolken und der kleinste Luftzug zeichnet Strukturen auf die Spiegelfläche: Ein irres Bild. Die Photos werden das nicht so erkennen lassen. Die Sonne scheint, von der nahen Moschee klingt arabisches Gedudel herüber. Wenn der Muezzin nicht den Lautsprecher benutzt, werden die moslemischen TopTen gespielt. Gestern abend auf der Seeterrasse war auch ein Muezzin zu hören - Gottesdienst vor Ende des täglichen Ramadan. So wie dieser Mann, hat sich noch keiner ins Zeug gelegt. Er hat ganz hoch gesungen, wie ein Eunuch. Es hat sich wirklich gut angehört. Die ganze Gegend hier ist moslemisch, überall Moscheen mit Wellblechdächern - das Baumaterial der Kolonialzeit.

 

 

Schmetterlinge fliegen herum, so groß wie eine kleine Fledermaus. Die kommen immer am Abend und fliegen mit ihrem taumeligen Flug über den See. Tiere haben wir kaum gesehen. Einen Leguan { Bei Lawang Top } , der über die Straße huschte, so groß wie ein Eichhörnchen. Schwarze Tausendfüßler, daumengroß. Faßt man sie an, rollen sie sich zu einer exakten, harten Kugel zusammen. Eine richtig schöne, große Murmel. Was mich am meisten gewundert hat: Keine Mücke, kein Moskito, keine Zecke, keine Wespe. Im Urwald wurden wir nur von der Hitze und Feuchtigkeit gequält - das war gut auszuhalten. Moskitos in Massen, wie in Bydalen (Schweden), das wäre entsetzlich gewesen!

 

 

Ich hatte auch größte Befürchtungen, wie man das Klima hier verträgt. Gestern auf der Tour waren bis zu 37 Grad, in der Sonne mehr. Oft wehte Wind, das ist angenehm. Beim Abstieg aber ballert die Sonne auf den Südhang, in dem wir absteigen. Kein Luftzug regte sich und um uns herum feuchter Wald, wo wirklich noch einige dicke Bäume standen. Das war wie milde Sauna. Ich hatte T-Shirt, Hemd, Slip, Jeans und die Wanderschuhe aus Norwegen mit dicken Wollsocken (!!) an. Das T-Shirt war naß, die beiden Hosen um die Taille auch. Aber wenn man das einfach akzeptiert, dann ist es überhaupt kein Problem. Die Füße in den dicken Schuhen waren 'warm', aber nicht naß und unangenehm. Ich war froh, daß ich die Schuhe anhatte. Die Jeans sind zu dick, die könnten mehr Luft durchlassen. Stefan hatte Turnschuhe mit Socken an, kurze Hose, wo ich Jeans hatte und ein Khaki-Hemd. Er hatte auch keine Probleme mit der Wärme. Er war allerdings bergauf mit deutlich besserer Kondition gesegnet. Aber das ist ja klar. Ich war froh, überhaupt mithalten zu können, Leistungsunterschiede gab es aber nur bergauf. Arme Helga, die Tour wäre für Dich nicht zu machen gewesen. Die Dürren sind hier eindeutig im Vorteil - es gibt (bedingt durch die Ernährung ?) hier auch nur kleine und dürre Menschen. Die Kinder sind gut genährt, aber die Erwachsenen sind dünn, zäh und sehnig - wie die von der Sippe der Albrechts!

Die Wolken sind so groß geworden, daß die Sonne zeitweilig verdeckt wird. Ein leichtes Lüftchen, hier oben ist es angenehm kühl, um 28 Grad. Es ist friedlich und ruhig. Warum haben die Menschen das nicht so gelassen, warum muß hier ab 8 Uhr das Gras gemäht werden? 'Weil die Menschen immer mehr wollen, als sie haben', sagt Stefan auf diese Frage.

Embun Pagi, 120296, 11:34 Uhr, heute hat Oma Epkes Geburtstag !

 

Ich starte um 12:15 Uhr von Embun Pagi nach Bukkitingi. Der klassische Aussteiger-Dialog bei der Verabschiedung: 'Mein Sohn, ich verlasse Dich jetzt!' Stefan: 'Soll ich noch irgendwem was ausrichten von Dir?' 'Nein, es ist alles gesagt....'

Ich setze mich an die Straße unter einen Baum { und sinniere über diesen Dialog } . Nach 15 Minuten hält ein Bus, ich zwänge mich in den vollen Bus nach Bukkitingi. Es sind ca. 40 Mann an Bord, ca. 24 Sitzplätze. Zwei Frauen steigen zu, ich dachte, nicht mal eine paßt noch rein. Hauteng, Beckenknochen an Beckenknochen. Aber alle sind freundlich, lächeln, alle sehr sauber, kein Gestank, wie z.B. in Bulgarien. Neben mir sitzt inzwischen eine Lady im 'kleinen Schwarzen'. Sorgfältig gekleidet und gepflegt - eine Augenweide. Und das alles bei ca. 30 Grad, aber durch Zugluft auszuhalten. Der Bus hat seitlich zwei Türen. Der Schaffner (15) turnt während der Fahrt aus der einen Tür auf's Dach und von dort zur anderen Tür wieder rein. Er kassiert, es kostet 1.100 Rp. Nach einer knappen Stunde landen wir auf dem Central Bus Terminal. Hier ist was los. Hunderte von Bussen, Shops, Werkstätten. Viele Leute, viel Gepäck. Ich versuche auf der Karte zu orten, wo ich bin: Außerhalb der Stadt.

Drei Leute zeigen (nacheinander) auf die Frage 'Fort de Kock?' in die gleiche Richtung und auf einen Minibus. Ich steige in den nächsten ein und fahre für 300 Rp. bis zum Hotel Novotel. Ich gehe in die erste Bank: Schecks werden nicht getauscht. Ich versuche es noch dreimal während meines Kurzaufenthalts: No! US$ ja, aber Schecks nicht. Ich besichtige das Novotel: Holz bis unter die Decke, Attrium-Bauweise, Double Room 85 US$. Jetzt weiß ich, wo ich bin und laufe zum Fort de Kock. Rostige Kanonen von 1830 - mehr nicht.

 

 

Es donnert, Gewitter über den wolkenverhangenen Vulkanen. Hängebrücke zum Museum und zum Zoo. Ein Minangkabau Originalhaus als Museum. Schuhe aus, 300 Rp. Hervorragende Tischlerarbeiten, alles Holz, drei Etagen, in der Mitte ein großer Raum, getragen von drei Säulenreihen. Das Museum ist dunkel, nicht sehr attraktiv. Verblichene Fotos von der Eröffnung der Eisenbahn im Jahr 1930. Direkt nebenan der vernachlässigte Zoo. Drei arme Orang Utan in schmutzigen Käfigen. Ein Jammer!

Ich verlasse das Fort de Kock und gehe um den Berg des Forts herum auf die Hauptstraße. Vor mir zwei Mädchen oder Frauen. Ich sage mir: Siehste, es sind doch nicht alle dürr und schmal, die hier sind ganz schön breit! 'Hello', sagt die eine, als ich vorbeigehe, 'Where do you come from?' Ich in bestem Indonesisch: 'Saya orang german!' 'Ach wie schön, ich wohne in Nürnberg!', sagt das Mädchen. Ich laufe ein Stück mit den beiden (Schwestern) zusammen: Sie hat einen Deutschen vor drei Jahren kennen gelernt und ist jetzt mit ihm verheiratet. Jetzt macht sie neun Wochen Urlaub, ihr Mann kommt nächste Woche, er kann aber nur vier Wochen bleiben - er muß in Deutschland arbeiten! Sie zeigt mir noch ein Lokal 'Bakun Cliff' o.ä., wo man gut essen kann und wir verabschieden uns in vorzüglichem Deutsch. Drei Jahre Deutschland hat sie doppelt so schwer gemacht wie ihre Schwester.

Es ist 14:30 Uhr und es fängt an zu regnen. Genau richtig für die Gaststätte. Ich bestelle Suppe und ein Goreng ... heißen Tee und eine kleine Flasche Wasser (6.000 Rp.). Als der Tee kommt, fängt es an zu schütten wie aus Eimern. Der erste tropische Regen! Die leicht abschüssige Straße verwandelt sich in zwei Flüsse: Einer rechts, einer links. Die Autos fahren in der Mitte, aber auch manchmal mit breiter Fontäne im Fluß. Das Wasser läuft über den hohen Bordstein in das Lokal! Die Suppe ist hervorragend, das Goreng ist Ente mit Zwiebeln, nicht so toll. Einige Travellers im Lokal, vor der Tür laufen auch welche. Der Regen läßt nach, ich mache meinen Schirm auf und gehe in Richtung Novotel. Ein Minibus bringt mich durch einige Märkte zum Bus Terminal (300 Rp).

Dort finde ich in dem Gewühl tatsächlich den Bus nach Maninjau: Voll, aber natürlich passe ich und noch viele andere da noch rein. Um 16 Uhr geht es los, ich stehe die ganze Zeit und schäme mich, daß ich so große Füße habe. Es ist kein Platz zum Stehen auf so großen Latschen! Draußen wird es dunkel, es gießt, die Scheiben sind beschlagen, man kann nichts mehr sehen. Kurvenreiche Strecke an einem (berühmten) Canyon vorbei wo man hofft, daß der Fahrer nicht das Gleichgewicht verliert. Viele Frauen sind im Bus. Eine hat einen Korb voller Hühner (mehr als 10) auf dem Dach. Ein junges, sehr hübsches Mädchen sieht wie eine Europäerin aus: Mischung aus vielen Völkern. Die meisten schlafen im Bus, soweit sie einen Sitzplatz haben.

Wir sind in Embun Pagi, ich brauche nicht an die Decke zu klopfen. Der Bus hält für mich, ich hatte vorher beim Bezahlen Bescheid gesagt. Ich zwänge mich aus dem immer noch vollen Bus, springe von der letzten Stufe und verknaxe mir den linken Fuß. Nicht so schlimm. Ich stehe im Regen - Regenschirm aus dem Rucksack und wenig später kann ich Stefan wieder begrüßen.

Er war nicht unterwegs, hat den Tag 'abgefault'. Gegessen hat er auch nichts. Ich ziehe mir kurze Hosen an, Sandalen und Regenschirm und klappere die kleinen Läden an der Straße ab. So ein armes Volk: Bananen, 12 Stück 1.000 Rp., eine Flasche Wasser, 1,5 Liter und eine Kokosnuß: 1.700 Rp, Früchte, die wir beide nicht kennen (schuppige, braune Schale, innen hell, drei Teile, leicht bitter), 5 Stück 900 Rp. Wir essen auf der Veranda, es wird dunkel, aber der Nebel ist weg und man kann die Umgebung sehen. Das hält nicht lange an, dann regnet es wieder in Strömen. Die Temperatur ist angenehm, ca. 25 Grad. Wir lesen unsere Reisefachbücher. Das nächste Etappenziel ist TukTuk am Lake Toba. 15 bis 18 Stunden Busfahrt, allerdings mit anderer Busqualität und garantierten Sitzplätzen. Wann wir starten, hängt vom morgigen Wetter ab. Mal sehen.

Stefan hat die Kokosnuß geknackt. Der Saft ist ranzig, aber das Fleisch ist hervorragend. Ich habe Ansichtskarten und Stamps mitgebracht: Wir müßten Lebenszeichen in die ferne Heimat schreiben. Stefan sieht nicht so aus, als ob er das schafft. Er liest Stephen King, Das Monstrum.

Embun Pagi, 120296, 20:52 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

RUHE
AM LAKE MANINJAU

13. Februar 1996, Embun Pagi

 

 

Ein Holzhaus, Ratan-Tische und -Stühle, palmblattgedecktes Dach und klassische Musik: Bach und ein Violinkonzert von Beethoven. Blick von der Veranda: Blüten, Palmen, ruhige Menschen, Gärten und der Lake Maninjau, mit dem in den Wolken verschwindendem Kraterrand. Die Ruhe wird nur gestört durch die Autos auf der nahen Straße und Kinder, die riesige Böller zünden: Warum und wie und womit? Unklar.

 

 

Wir sind in 'Maninjau View'. Ein Coffeeshop & Guesthouse in Maninjau. Es ist 13:38 Uhr und die Suppe wird serviert. Über dem Restaurant ungefähr 50 Meter höher: Ein mehrstöckiges Holzhaus in traditionellem Stil. Mitten im Garten, blühende Bäume mit handgroßen roten und gelben Blüten. Ein Traum von einem Haus, alles aus Mahagoni. Unten eine Halle bis unter das Dach. In zwei Etagen Zimmer mit leichten Wänden aus Bambus. Draußen in zwei Stockwerken eine umlaufende Veranda: Ein toller Blick auf den See, Berge, Wolken. Im Zimmer alles Holz. Ein Bett mit Moskitonetz, WC, Dusche - alles, was der Aussteiger braucht. 15.000/night, wenn man länger bleibt, wird es ganz bestimmt billiger. { Wir bezahlen in Embun Pagi 25.000 Rp., im Vergleich viel zu viel. Aber die Aussicht von oben und die kühle Luft wiegen das auf. }

Es sind 28 Grad und es ist schwül. Die Luft steht. Man hat den Eindruck, die Natur wartet auf etwas - auf ein Gewitter, auf den Vulkanausbruch, auf den nächsten Drink oder nur auf den kühlen Abend. Hier unten im Krater ist ein ganz anderes Klima als oben, wo immer ein leichter Wind weht. Trotzdem: Eine friedliche Gegend. Ein einheimischer Guide will uns zu einer Tour zum Wasserfall überreden. Stefan aber will nicht. Stefan will nur abspannen, essen, faulenzen. Und das kann man hier hervorragend.

Wir sind gegen 10:30 Uhr runter nach Maninjau gefahren: Einkaufen auf dem Markt: Bananen, Papaya und Maracuja. Dann in das erste, beste Restaurant am See: 'Maninjau Indah'. Eine herrliche Terrasse am See. Das Essen war nicht so toll, dafür aber die Sicht. Gegen 12:30 Uhr gehen wir die Straße am See in Richtung Gasang. Nach ein paar hundert Metern sehen wir bundesdeutsche Fahnen und lesen 'Aleman Guesthouse' - in Wirklichkeit steht da 'Alam Guesthouse' in großen Lettern! Also war unser Spaziergang (beladen mit Früchten) schon wieder in der nächsten Gaststätte zuende. Aber es ist - abgesehen vom besseren Klima oben, wirklich ein Platz, wo man es mühelos eine Woche oder auch mehr aushalten kann.

Gegen 6:30 Uhr bin ich aufgewacht. Ein Blick durch die Gardinen: Spektakuläre Sicht auf den See: Der Krater sieht aus wie ein Cappuccino: Eine riesige, dicke Wolke bewegt sich ganz langsam nach oben: Der Regenwald um den Krater schwitzt das Wasser von gestern wieder aus. Ich mache Fotos - es ist vielleicht zu dunkel für unverwackelte Bilder. Dann gehe ich wieder ins Bett. Um 8:30 Uhr setze ich mich vor das Haus und beobachte den See und die Wolken - es ist phantastisch und man hat Mühe, nicht ständig auf den Auslöser zu drücken. DAS sind die Momente, die einen solchen Urlaub unvergeßlich machen. Diese Bilder werden erst ganz zuletzt gelöscht. Und die Erinnerung an die Musik in dieser Hütte hier - unvergeßlich.

Der Guide sitzt noch in unserer Nähe. Stefan hat sein 'Referenzbook' durchgeblättert. Er hat sich auf die Wasserfälle spezialisiert. Und auf Ketten aus Stachelschweinborsten und Perlen aus Samen einer exotischen Schote. Wir überlegen. Noch einen Tag hier + Dschungeltour? Was in Bukkitingi nicht geklappt hat, funktionierte hier auf den ersten Anhieb: Die Bank in Maninjau hat unseren Travellerscheck gewechselt: Wir haben für 100 US$ 225.000 R. bekommen. Wenn man sparsam ist, kann man damit hier 4 Wochen Leben!

Maninjau View, 130296, 14:38 Uhr

 

Wir haben mit dem Guide ein Geschäft gemacht: Morgen 9:30 Uhr ab Maninjau durch den Dschungel, an 8 Wasserfällen vorbei bis nach Embun Pagi, wo wir wohnen. Eine Tagestour mit Führer incl. Essen, das er mitbringt. Pro Person 15 US$. Wir zahlen 20 $ an und sind noch einen Tag länger hier.

Ich habe immer mehr das Gefühl, diese Gegend hier könnte man sich als Ort vorstellen, wo man seinen Gedanken nachhängen kann, wo man entspannen, aber auch Geschäfte mit den Touristen machen könnte. Auf dem Berg ein Hotel, im Dschungel ein Homestay, Erlebnispfade und Gondeltouren. Die Gegend ist wirklich spektakulär, verkehrsmäßig schon gut erschlossen. Man müßte investieren, und dafür sorgen, daß Touristen weltweit wissen, wie schön es hier ist. Der Guide sagt, nicht mehr als 45 bis 50 Touristen pro Monat am Lake Maninjau. Jetzt ist Saison! Wollen wir investieren? Wozu der Streß? Schade um die schöne Gegend. Es ist geschickter, sich in dem schönen Guesthouse, massiv aus Mahagoni, ein Zimmer zu mieten und sich die Rente hier her schicken zu lassen. Das ist deutlich besser (und wärmer), als sich über dem Polarkreis an den Atlantik zu setzen.

Immer noch in Maninjau View: Eine schöne Frau will uns - gewandet in ein US-Fahnen-Kostüm - Zigaretten der Marke Kennedy schenken. Promotion Tour. Hinter dem Rücken ihres Bosses erzählt sie mir, daß sie seit ein paar Monaten geschieden ist und ich doch sicher ein paar Dollars hätte, die uns beide glücklich machen könnten ... Ich erkläre ihr, daß meine Kondition für solche Behandlungen nicht mehr ausreicht und schicke sie zu Stefan. Sie war mir in die Hütte einer alten Frau neben der Gaststätte gefolgt. Mit dieser Dame habe ich gerade ein Geschäft gemacht:

Ein Schild hängt am Baum: 'Massage traditional' Beim Guide und beim Restaurantchef hatte ich mich rückversichert, daß das 'without sex' ist. Hier kann man das noch glauben. Und weil Stefan in der Nähe ist, ist das Risiko gering. Sie führt mich in ihre Wohnung: Wellblechhütte, Matten auf dem Boden, verschlissene Sessel. Ein Verschlag, abgetrennt mit Pappwänden, beklebt mit weißem Papier als Tapete. Eine Liege. Ausziehen, Unterhose anlassen, auf die Liege, mit dem nicht mehr taufrischen Laken. Ich liege auf dem Bauch, sie nimmt (wenig) Öl (riecht nach Kokos), reibt die Stelle ein, die massiert werden soll und dann bearbeitet sie mich mit dem Handballen, dem Daumen und den Fingern. Woher nimmt sie die Kraft?! Sie ist 50, erklärt sie mir mit den Fingern. Sie kann ganz wenig English: 'No Problem!' Ich brauche nicht zu reden, kann mich herrlich entspannen. Draußen donnert es, dann rauscht es sanft. Ein tropischer Regen geht nieder. Sie bearbeitet mich auf dem Bauch, auf dem Rücken und den Nacken besonders: Im Schneidersitz. Es war toll: Eine Stunde für 10.000 Rp. Es fehlte die Dusche, das habe ich dann hier oben nachgeholt.

Ein toller Tag - morgen folgt der nächste!

Embun Pagi, 130296, 19:44 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

ZWEITER
DSCHUNGELTRIP

14. Februar 1996, Embun Pagi

 

 

Heute war ein irrer Tag: Dschungeltour! Wir haben überlebt, aber ich habe keine Kondition mehr für Klartext. Deshalb nur Stichworte:

 

 

Embun Pagi, 140296, 22:50 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MIT DEM BUS
ZUM LAKE TOBA

15. Februar 1996

 

 

Das war ein vergammelter Tag - gestern. Um 8 Uhr in Embun Pagi aufgestanden. Das letzte Mal der tolle Blick! Spar-Frühstück mit Bananen und Tee. Genau um 10 Uhr verabschieden wir uns von dem Boy, der hier das Haus gehütet hat. Stefan gibt ihm die Hand uns sagt zu ihm: 'Auf Wiedersehen, Du warst ein fauler Sack!' Der Boy strahlt, er versteht nichts. Er hat nichts anderes gemacht, als auf der Matte vor dem TV zu liegen. Dort hat er entweder geguckt oder geschlafen.

Mit dem Bus nach Bukkitingi: Stehplätze bis auf die letzten fünf Minuten. Auf dem Bus-Terminal geht Stefan erkunden, wann wir in Richtung Medan fahren können. Es ist 11:30 Uhr, der Agent behauptet, um 14 Uhr geht ein Superbus in diese Richtung. Wir buchen zum (überhöhten) Preis von 2 x 40.000 Rp. und bekommen einen 'Fahrschein', auf dem weder das Fahrtziel noch der Fahrpreis zu erkennen ist. Es ist 11:45Uhr.

 

 

Wir sitzen unter der Überdachung des Terminals, eine 'Wartehalle', wo viele Leute mit Gepäck sitzen. Auch ein Mädchen, das offensichtlich debil ist - das erste Mal, daß wir so etwas sehen. { Sie ist (16) ungepflegt, keiner kümmert sich um sie, sie hat Geld, sich was zu essen zu kaufen, steht unter Stoff. Tabletten, Drogen? } Jede Menge Betrieb, Verkehr, Menschen, Gepäck und Busse. Aber unser JASTRA-Superbus kommt nicht. Nicht um 14 Uhr, nicht um 15 Uhr, nicht 15:30 Uhr - Der Agent vertröstet uns: Der Bus kommt aus Padang, da kann unterwegs viel passieren! Wir entscheiden uns: Um 16 Uhr Geld zurück oder der Bus ist da. Das sage ich auch dem Agenten. Inzwischen besichtigen wir den Markt, kaufen ein, Chips usw. Es erscheint ein Superbus von ANS, Super Executive, so einer ist bisher nie angekommen. Der Agent rennt dem Bus nach. Kurze Zeit später schleppt er meine Reisetasche, bedeutet uns mitzukommen und rennt quer über den großen Platz. Das Gepäck wird (unten) in den Bus geladen. Wir steigen ein: AC, Liegesitze, aber die einzigen zwei Sitze, die keine richtigen Liegesitze sind, das sind unsere Plätze: Der Bus ist voll! Unsere Sitze sind hinten, letzte Reine, gut, i.o., aber für Stefans lange Beine zu eng. 15:45 Uhr fahren wir von Bukkitingi ab. Angenehme Geräusche, WC on board, ein Mercedes-Bus, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Allerdings schon etwas heruntergekommen (Hier wird permanent im Bus gereihert, die Leute fahren zu selten Bus, oder warum geht es Groß und Klein so schlecht. Tüten hängen an den Haltestangen.). Um 17:37 Uhr ein historischer Moment: Wir fahren über den ÄQUATOR !! Auf der rechten Seite ist das 'Äquator-Monument' zu sehen. Der Bus hält natürlich nicht an, es sind alles Einheimische, die das nicht interessiert, wir sind die beiden einzigsten Traveller hier. Um 18:45 Uhr halten wir in Panti, ein Reifen wird gewechselt. Es ist fast dunkel, der Muezzin hat das Essen freigegeben - aber es herrscht keine Hochstimmung hier. Ein ganz normaler Abend. Stefan ist leicht sauer - er kann immer noch nicht verwinden, daß wir kein Mietauto haben. Er liebt keine Fahrten mit Bus und Eisenbahn und es gefällt ihm nicht, daß der Platz im Bus so eng ist: Eine Wonne ist das wirklich nicht. Aber es geht weiter und weil es dunkel ist, schlafe ich erst mal eine Weile. Gegen 22:15 Uhr Halt in Kotandpan. Ein großes Gasthaus, eingerichtet auf Massenbetrieb. Es wird mit den Fingern ohne Besteck gegessen, Fingerschalen auf dem Tisch. Toiletten ... nur wenn es sein muß, aber direkt neben den Toiletten sind auch Beträume (für die Moslems), getrennt nach weiblich und männlich, wie sich das bei Allah gehört. Nach 30 Minuten geht es weiter.

Die Straße, der 'Trans-Sumatra-Highway', hat eine gute Fahrbahn, ohne viele Schlaglöcher, ist aber sehr kurvenreich: Alle 10 Sekunden eine Kurve. Durch bergige Landschaft, durch Dschungel, vorbei an 300 Meter tiefen Abgründen - ohne Leitplanken. Es ist unbegreiflich, wie die zwei Fahrer den Bus über diese Straße steuern, bei Gegenverkehr und mit der Überzeugung, daß prinzipiell jedes Fahrzeug überholt werden muß: Keiner ist schneller als Mercedes. Mindestens 20 % der Kurven sind größer 90 Grad - im Dunkeln fühlt man sich im Bus wie in der Achterbahn.

Von hier aus fahren wir non stop fünf Stunden, in denen ich durchgängig schlafe. Stefan neben mir bekämpft seinen Frust und schläft nur stellenweise. Mir geht es richtig gut, ich genieße fast diese Schaukelei. Es ist mir unbegreiflich, daß man so eingeklemmt, Beine hoch und durchgeschüttelt schlafen kann. Aber man kann und man kann gut!

Es ist 3:45 Uhr, wieder ein Halt vor einem ähnlichen Gasthof: Tarutung. Die Fahrer wechseln sich ab. Der jetzt dran ist, hat hinter uns gelegen und auf dem Motor fünf Stunden geschlafen. Er übernimmt das Steuer und der Bus rauscht durch die Nacht. Um 6 Uhr wache ich auf, es wird hell. Rechts die Berge heben sich wie ein Scherenschnitt vom hellen Morgenhimmel ab. 6:13 Uhr - wir sehen auf der linken Seite das erste Mal den Toba See!! Wir denken, das ist die südlichste Seespitze. Aber jetzt kommt einer der beiden Sklaven der Fahrer (Schmier- und Reparaturkolonne, wir sagen immer Fockaffe zu diesen Artisten): In fünf Minuten sind wir in Prapat!

TukTuk, Hotel Caroline, 160296, 20:10 Uhr

 

 

 

 

Jürgen Albrecht
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