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Kraterseen in Sumatra

 

 

 

 

 

 

 

ERSTER TAG
AM LAKE TOBA

16. Februar 1996, TukTuk

 

 

Es ist 6:25 Uhr, wir steigen in Prapat aus dem Bus. Stefan holt das Gepäck aus der Box { keinen von der Bus-Mannschaft interessiert, was und wieviel wir da unten rausnehmen } ich mache ein Foto. Früher Morgen, frühes Licht. Wir stehen auf der Hauptstraße, noch ist nicht viel los. Aber wir haben die Bustour sehr gut überstanden. Wie wird das in der Regenzeit sein, wenn hier ein Baum liegt, dort ein Bergrutsch die Straße verschüttet (überall ist nur Bims und Asche) und da eine Brücke weggerissen ist?! Für mich war am schlimmsten das TV an Bord: Primitivste Komödien oder theatralischer Kong Fu - auf dem Niveau von Peter, selbst der hätte ausgeschaltet. Und laut! Lautsprecher direkt über uns.

Aber das ist ja jetzt vorbei. Wir fahren mit Minibus zum Markt mitten im Hafen und stellen fest, wir sind zu früh: Überfahrt nach Samosir erst 9:30 Uhr. Ticket für zwei kostet 1.600 Rp. Aber macht nichts. Charly hat schon auf: Wir sind die ersten Gäste in einer recht annehmbaren Gaststätte. Nur ein Nachteil: MTV mit indonesischem Spezialprogramm, aber wir schaffen es, daß es leiser gestellt wird. Frühstück: Reis, Nudeln, Ei, Soup, Tee. Hervorragend. Es bedient eines von vier Kindern. Ein hübsches Mädchen (21). Sie erkennt sofort Vater und Sohn und fragt folgerichtig: 'Wo ist die Mutter?!' Sie kann etwas English und fragt uns aus. Sie ist das Abbild des 'sanften Täubchens' (Mozart), bittet um unsere Adresse und wäre sicher sofort bereit, mit uns nach Deutschland zu kommen. Es scheint so, als ob das der Traum aller jungen und hübschen Mädchen hier ist. Ich finde es beklemmend. Hier stoßen Welten zusammen und auch ein Stück weiter am Bootsanleger, wo Frauen { im Lake Toba } Wäsche waschen und von Touristen fotografiert werden.

Inzwischen haben wir mehrere Angebote erhalten: Hotels, Homestays, Guides bieten sich an, Bikes und Motorbikes you can rent. Wir entscheiden uns, unserem (hervorragenden) Buch zu folgen und erst mal zu Caroline Cottages zu gehen. Erst gucken, dann sehen wir weiter.

 

 

Das Boot bringt uns in 45 Minuten über den See. Wir steigen direkt bei Caroline aus: Batak-Häuser, gute Ausstattung, spektakuläre Sicht, Häuser z.T. sogar original und ohne Wellblech! Um 11:30 Uhr haben wir unser Haus Nr. 26 bezogen, die Wäsche zum Waschen gebracht (1 Stück 500 Rp., egal wie klein oder groß) und geduscht:

 

 

Eine Stunde Ruhe in hervorragenden Betten. Um 13:30 Uhr stehe ich auf, Stefan will noch eine Stunde weiter schlafen. Ich esse eine Suppe und ein Tourist aus Deutschland erzählt mir von seiner Reise - ungefragt. Ich würde lieber in Ruhe diese irre Sicht nach Osten genießen (Richtung Prapat). Der erste Regenschauer geht nieder. Um 14:30 Uhr taucht Stefan auf. Wir beschließen, einen Rundgang um die Halbinsel TukTuk zu machen. Mit dem Regenschirm.

 

Nachtrag zum Rundgang TukTuk, 17.02.96, 7:52 h:

Und jetzt sitze ich im Restaurant von Caroline. Tropischer Regen rauscht auf das Batak-Dach. Aber nicht lange, dann sind wieder die Lichter von Prapat auf der anderen Seite des Sees zu sehen. So ein toller Blick, auch bei Nacht. Viele Touristen hier, wahrscheinlich 90 % derer, die auf Samosir sind. Gutes Essen + Trinken. Heute haben wir das erste Mal Fruchtsalat (Stefan) und Papaya-Juice (Al) probiert. Morgen üben wir mit Motorbike den Linksverkehr!! Stefan ist schon vor ½ Stunde ins Bett gegangen. Ich gehe jetzt. Das ist ein Ort, wo man Urlaub machen kann, wenn man dort nicht hin guckt, wo die Zivilisation ihre Spuren hinterlassen hat. Das ist ein Jammer, aber auch das können wir nicht beeinflussen, nicht zurückstellen.

Hotel Caroline, TukTuk, 160296, 21:05 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

AUSFLUG
MIT MOTORBIKE

17. Februar 1996, TukTuk

 

 

Um 5:15 Uhr geht ein entsetzlicher Krach los: Vor unserem Fenster ist der Bootsanlegeplatz, extra für Caroline. Der Skipper läßt den Motor 45 Minuten warm laufen!! Um 6 Uhr steigen Leute ein, die wohl drüben einen frühen Bus erreichen wollen oder müssen. Um 5:15 Uhr bin ich ans Wasser gegangen: Sternenhimmel unter Palmen, alles dunkel. Jetzt um 6 Uhr gehe ich auf die Terasse: Morgenrot, noch ganz wenige Sterne, die Sichel des abnehmenden Mondes in der Mitte des Bildes { In Wirklichkeit ist zunehmender Mond, das kriegen wir aber erst später mit! }.

 

 

Dunkle Bergkette vor hellem Himmel, Wasser spiegelt den Himmel, rot, hell und ganz dunkel. Und dieser Mond - die schmale Sichel strahlt, aber der ganze Mond ist als Scheibe zu sehen, der Schatten der Erde ist nicht so dunkel wie in Europa. Ich sitze eine Weile auf der Terrasse und versuche, dieses Bild in meine grauen Zellen zu schreiben. So ein Panorama! { Ich mache Fotos, die leider kein Datum haben } Dann gehe ich ins Bett und schlafe noch bis 7:30 Uhr. Aufstehen, Bananen essen, schreiben. Stefan steht auf. Der Tag beginnt. Draußen scheint die Sonne auf diese tolle Landschaft. Fein machen im Bad (kaltes Wasser, europäisches WC, Waschbecken, Spiegel ...) und dann Frühstück mit einem 180 Grad Panorama!

Caroline, 170296, 8:05 Uhr

 

Wir machen eine Probefahrt mit unseren gemieteten Mopeds (ca. 50 cm2). Es funktioniert. Wer Fahrrad und Auto fahren kann, der kann auch mit einem Motorrad fahren. 60 Jahre habe ich das vermieden - jetzt mache ich meine erste Motorradfahrt. Für Stefans große Füße muß der Kickstarter abgebaut werden. Die zwei Maschinen haben vier Gänge und keine Kupplung - das ist sehr praktisch. Um 9:30 fahren wir los. Richtung Ambarita, die Sonne im Rücken. Es geht ganz gut, obwohl man sich an das Motorrad und den Linksverkehr gewöhnen muß. Aber die Insel ist ein ideales Trainingsfeld - schlechte Straßen und wenig Verkehr. Wir kommen ganz gut voran. Um 10:55 Uhr sind wir in Simanindo, hier ist ein Batak Museum.

 

 

Jeden Tag um 10 und um 11 Uhr Vorführungen traditioneller Bataktänze. Ca. 50 Touristen wurden hier her gefahren. Acht Batakhäuser, 12 bis 15 Tänzer führen vor, wie es mal war. Alles ist SHOW. Ich werde dringend gebeten, in ein Batak Haus zu kommen. Ich gehe rein, weil ich sehen will, wie es innen aussieht: Ausgekleidet mit Gipskartonplatten u.a., weiß. Ohne Fenster, Souvenirs rund herum, an den Wänden Batik und gewebte Tücher. Eine alte Frau führt mir den Bauchwebstuhl vor. Es ist viel zu dunkel dafür, ich bin überzeugt, sie kann mit dem Ding gar nicht umgehen. Auf meinen Hinweis auf das schlechte Licht schaltet sie eine bunte, laufende Lichterkette ein .... Wir verlassen diesen Ort nach 10 Minuten, als die Zuschauer zum Mittanzen aufgefordert werden. Draußen stehen noch zwei gut erhaltene Häuser, wir machen Fotos.

 

 

Weiter. Wir fahren auf einen kleinen Hügel an der Straße. Tolle Sicht! Stefan treibt zur Eile - auf zu den Hot Springs. Nach einigen Irrfahrten sind wir gegen 12:15 Uhr dort. Lebensfeindliche Landschaft, weiß und gelb und schrecklich hell. Es stinkt nach Schwefel. Das Wasser ist heiß, man könnte sich reinlegen, wir lassen es.

 

 

Wir fahren um den Berg { es ist der Vulkan Bukit Pusuk } , die Straße führt runter, nicht rauf. Also wieder zurück, vorbei an einer irren Sicht auf den Lake Toba. Wir essen an den heißen Quellen. Stefan geht um 13:30 Uhr auf Wanderschaft nach oben. Ich unterhalte mich mit ein paar Jungen und Mädchen. Sie machen einen English-Kurs in TukTuk, wohnen auch dort und sind 50 km weiter weg zu Hause. Interessante Diskussion über Religion, nachdem wir abgeklärt haben, woher, wohin, wie alt, welcher Name. Eines der Mädchen heißt Elfriede! Es sind Christen und sie fragen mich, wie mir der Gottesdienst in Indonesien gefällt. Als ich versuche ihnen zu erklären, daß Jesus die Welt vielleicht zu einfach erklärt, wird es schwierig. Wir einigen uns, daß das wichtigste ist, daß jeder etwas hat, woran er glaubt und alle trotzdem vernünftig zusammen leben. Sie erklären mir, daß genau das Tradition in Indonesien ist, wo es ein friedliches Nebeneinander von sechs Religionen gibt. Stefan kommt 14:05 Uhr zurück. Erschossen von der Hitze. Die Mädchen wollen sooo gerne mit dem großen, schönen, weißen Mann reden, aber Stefan will nicht.

Wir nehmen an, daß es vielleicht bald regnet und fahren los. Wir wollen über den Berg nach TukTuk zurück. Die Leute warnen uns: Die Straße durch den Dschungel ist sehr schlecht. Macht nichts, wir fahren trotzdem. Bergauf geht es noch ganz gut. Herrliche Sicht auf die Nordspitze der Insel und den Berg mit den heißen Quellen.

 

 

Dann kommt der kleine See in Sicht und die Straße wird zur zerfahrenen Schotterpiste. Mehrfach denke ich: Rallye Paris-Dakar!! Genau so komme ich mir vor! Von links kommt eine schwarze Wolke mit Donner: Das tägliche Tropengewitter. Wir fahren trotzdem weiter, jetzt sind wir auf der Hochebene. Es fängt an zu spritzeln, es fängt an zu regnen, es fängt an zu gießen! Wir stellen die Maschinen ab: Ein Haus ist da, wir stellen uns unter, schon ziemlich naß. Das Haus ist leer, aber hier wohnt jemand in zwei Zimmern, die bis auf eine Bastmatte, eine Feuerstelle und ein paar Küchengeräte, leer sind.

Genau so schnell, wie es anfing, hört es auch wieder auf zu regnen. Wir wollen starten. Ich will die Maschine auf der Schlammpiste in Position bringen, rutsche beim Starten aber mit ihr quer über die 'Straße' ins Gras, weil ich Gas gebe, anstatt zu bremsen! { Das ist so, wenn man den Lenker festhält. Man muß ihn in einer solchen Situation loslassen! } Keine Reflexe für Motorrad ausgebildet. Es passiert nichts, aber es muß ein Bild für die Götter gewesen sein!! Dann geht es mindestens eine Stunde durch den 'Dschungel'. Es gibt ihn noch, aber auch hier wird Holz eingeschlagen und es sind entsetzliche Schneisen zu sehen. Wir verfahren uns, das ist nicht die Richtung TukTuk. Ein Bagger bringt uns auf den richtigen Weg. Es geht lange und steil bergab. Sicht auf TukTuk. Es regnet nicht mehr, aber schlechte Sicht, dunkle Wolken. Gegen 17:30 Uhr sind wir wieder bei Caroline: 104 km. Stefan fährt schon seit ½ Stunde auf Reserve. Es war eine tolle Tour, mit Moped auf dieser Insel, das geht. Vielleicht machen wir morgen noch eine Tour, Stefan will den Vulkan mit den Hot Springs besteigen. Wir haben gesehen, daß man da auch ziemlich hoch fahren kann. See you tomorrow!

Caroline, 170296, 20:20 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

MIT DEM MOPED
AUF DEN VULKAN

18. Februar 1996, TukTuk

 

 

Heute fahren wir gegen 9:30 Uhr mit einem Motorbike nach Tomok. Stefan kauft sich für seine Tour ein langärmliches Hemd: 30.000 Rp. (viel zu teuer), Basecap: 9.000 Rp. (dito) und einen Strohhut, riesengroß für 4.000 Rp. (spottbillig). Wir handeln wie die Türken und mache dann Fotos. Stefan fährt auf Tour zum Bukit Pusuk. Ich gehe in Tomok spazieren. Besuche den Gottesdienst in der Kirche. Ein Frauenchor singt sehr angenehm. Predigt ohne Feuer. Neben der alten Kirche entsteht eine neue, dafür ist Geld da, aber die Straßen sind in schrecklichem Zustand! Ein ca. vierjähriges Mädchen fragt mich; 'Bonbon?' Ich hab' eins.

Ich suche das Grab des Kings: Es ist vor Souvenirläden kaum zu finden. Entsetzlich, diese Menge der Läden. Aber die meisten der Händler sind nicht so aufdringlich. Ich finde den Steinsarkophag unter einem riesigen Baum. Ein sehr schöner Platz. Die steinernen Sitze (Gerichtsplatz) finde ich nicht: Es gibt nur Shops. Ich versuche, am Hafen ein Boot nach TukTuk zu erwischen: Es wird nichts. Um 11:30 Uhr laufe ich ca. eine Stunde nach TukTuk. Salat + Kaffee + Whisky bei TABO (schreckliche MTV-Musik). Dann nach Hause und von 13:30 bis 16 Uhr Mittagsschlaf.

Was mache ich jetzt? Mir fällt auf: Ganz allein zu reisen ist doch nicht so gut. Abgesehen von der größeren Sicherheit ist es doch schön, wenn man jemanden zum Gedankenaustausch hat. Mit Stefan geht das sehr gut. In den bisherigen 14 Tagen gab es keinerlei Probleme. Ich hatte es nicht anders erwartet. Allerdings lerne ich Stefan jetzt aus einer ganz anderen Sicht kennen. Er ist vorsichtiger als ich, nicht so risikobereit und nicht so entscheidungsfreudig wie ich. Es ist noch viel rücksichtsvoller DDR-Stil bei ihm zu beobachten. Er hat immer noch nicht den kapitalistischen 'Biß'! Aber wie gesagt, alles kein Problem.

 

 

Um 16:15 Uhr gehe ich auf einen ruhigen Spaziergang um die Halbinsel TukTuk. Viele Gasthäuser, viele Shops, viele Restaurants und Bars - wenig zahlende Gäste. Die meisten sitzen bei Caroline. Hier ist das Preis-Leistungs-Verhältnis wirklich sehr gut. Ich kaufe bei einem Mann, der selber schnitzt zwei Figuren für 10.000 Rp., gehe in ein Restaurant (Kaffee + Suppe = 3.000 Rp.), ganz schlecht, aber schöne Aussicht auf der Westseite. Ich finde einen exzellenten Batik-Shop und erstehe für 15.000 Rp. ein wirklich schönes Batik-Hemd (aus Bali).

Um 18 Uhr ist Stefan wieder da. Es war wieder eine Dschungel Tour, aber er hat es bis zum Gipfel geschafft. Aufstieg von den Hot Springs. Ohne den großen Hut wäre es unmöglich gewesen. Hohes Gras und Buschwerk ohne Weg. Aber oben 'spektakuläre' Sicht. Wir essen zu Abend und planen unsere weitere Reise: Am Freitag (23.02.96) geht ein Schnellboot nach George Town. Das werden wir nehmen. Vorher wollen wir unbedingt noch den Vulkan Sibayak besteigen. Dafür brauchen wir Reservezeit in Brastagi. Also: Abfahrt morgen, Donnerstag nach Medan.

Ich mache einen Spaziergang und kaufe einen Frosch (Holz, von 75.000 auf 20.000 Rp. gehandelt), bezahle die Rechnung und schreibe. Stefan ist schon im Bett.

Caroline Cottage, 180296, 21:06 Uhr

 

 

 

Jürgen Albrecht
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