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Trekking unter dem Annapurna

 

 

 

 

 

 

 

 

ZURÜCK INS TAL
NACH JOMSOM

26. März 1997, Mittwoch, Jomsom

 

 

Der 'Milkcoffee' schmeckt nach Kaffee – aber Kuchen dazu hat die German Bakery & Himalaja Pension, nicht. Dafür entschädigt dieses Lokal: Ein Haus direkt neben der Landebahn des Jomsom Airport. Die ganze Außenwand bis zum Fußboden verglast, Holzkonstruktion. Und dann die Sicht, nach der sich jedes Ausflugslokal in Deutschland die Finger lecken würde:

 

 

Das Massiv des Nilgiri zum Greifen nahe in der Nachmittagssonne. Die Spitzen alle im makellos blauen Himmel, zum Teil schon von hinten durch die Sonne beleuchtet. Schneefahnen, die ahnen lassen, was da oben für ein eisiger Wind weht. Nur tiefer im Tal hängt eine Wolke. Deutlich setzt sich die Baumgrenze ab, aber auch in diesem lichten Wald und Unterholz liegt fast bis runter nach Jomsom Schnee. Erst die ca. 150 Meter hohen Geröllberge sind schneefrei, die hinter dem Flugplatz auf der anderen Seite des Flusses aufsteigen und die mit den buschigen, stachligen Wüstenbüschen bewachsen sind. 7061 Meter ist der Nilgiri hoch. Rechnet man die Höhe von Jomsom ab, bleibt eine rund 4000 Meter hohe, weiße Wand. Zerklüftet, verwittert, zerbrochen, zerfurcht, abgerissen. Der Schnee mildert das rauhe Äußere. Aber oben die Spitze, da ist die Wand eben und glatt wie ein Brett, bestimmt 1500 Meter hoch und ca. 80 Grad steil! Die Eiger-Nordwand ist nichts dagegen, nur 3970 Meter hoch ... Aber diese Wand hier zeigt nach Osten, wo die Sonne aufgeht. Ich habe extra heute morgen noch einmal ein Bild davon gemacht. Wahnsinn, wenn diese Wand in der Sonne liegt.

Ja, und hier sitze ich also, trinke Kaffee und esse statt Kuchen eine realy 'hot' soup (scharf!) und denke voller Wehmut daran, daß das heute der letzte Tag in diesen Bergen ist! Zwar übermannen mich dabei jetzt meine Emotionen nicht so, wie gestern beim Frühstück auf dem Dach in Muktinat – Ich hatte die Augen voller Tränen und mußte ein paar Mal die Sonnenbrille absetzen und um Fassung ringen. Die Situation, die Lage des Hotels, die Berge und die Wolken, das ging mir an den Nerv. So schlimm ist es hier und heute nicht, aber es ist schon schade, daß es morgen wieder zurück nach Kathmandu geht, wo man nur eine leichte Ahnung von der Wirkung dieser Berge hier hat. Es war eine so eindrucksvolle Wanderung, alles hat funktioniert, keine gesundheitlichen Probleme und vor allen Dingen: Ein Bilderbuch- und Postkarten-Wetter! DAS war genau das, was ich brauchte, um von diesem lauten und chaotischen Hanoi Abstand zu gewinnen. Alles was ich suchte, habe ich hier gefunden: Weite, großartige Landschaft, Ruhe, Gelassenheit, freundliche und friedfertige Menschen, Sternenhimmel, Natur pur und körperliche Aktivität. Gerade wenn man sich solchen physischen Anstrengungen unterwirft, lernt man sich selber kennen, erfährt etwas über sich selbst. Ich hätte nicht geglaubt, daß ich diesen Treck so völlig ohne Probleme bewältigen würde. Denn es ist absolut nicht normal, daß man so eine Tour das erste Mal mit 61 Jahren unternimmt. Honecker ist Schuld daran: 40 Jahre konnte ich nicht das machen, was ich gerne unternommen hätte. Als Bundesbürger von Geburt an, wäre ich hier und auf Tenggol schon vor 20 Jahren gewesen ... mit Frau und Kindern. Dafür würde ich vielleicht jetzt vor Langeweile nicht mehr aus dem Fernsehsessel aufstehen! Alle Dinge haben eben auch ihre guten Seiten. Na, wie dem auch sei – immerhin bin ich überhaupt noch in meinem Leben hier her gekommen. Und ich bin sicher, diese Berge hinterlassen unvergeßliche und unbeschreibliche Eindrücke bis ans Ende meiner Tage.

Das einzige Manko einer solche Reise, die man alleine unternimmt ist, daß es keinen gibt (außer Guide und Porter, die das als Arbeit angesehen haben), die diese Eindrücke mit mir teilen und die den gleichen Kontext zu diesen vielen Bildern haben. Das ist bei der Tenggol-Reise ganz anders – Vielleicht ergibt sich noch einmal die Möglichkeit, mit Stefan hier her zu fahren. Allerdings zwingen große Konditionsunterschiede dann zu anderen Touren ... Wir werden sehen.

Jedenfalls sitze ich noch in Greifweite des Nilgiri, er scheint ganz nahe zu sein, aber kilometerhoch – ein irres Bild. Und die Entfernungen täuschen gewaltig in den Bergen. Bis zur Spitze sind es Luftlinie bestimmt 15 Kilometer (oder nur 10?). Die Karte sagt 10 Kilometer waagerecht und dann noch 4 Kilometer nach oben: Phytagoras! Den Nilgiri haben wir heute auf der linken Seite fast immer gesehen. Geradeaus das Massiv des Dhaulagiri und dann wieder links, der höchste Berg, oft in den Wolken, der Annapurna.

Die Nacht war kalt. Ich hatte im Schlafsack alles was warm war, angezogen. Auf der Holzpritsche lag nur eine Decke, keine Schaumgummiauflage und am Morgen zeigte das Thermometer an: Leichter Frost im Zimmer, knapp unter Null Grad. Ungemütlich! Als ich gegen 6 Uhr das erste Mal auf das Dach des Hotels ging: Atemberaubend: Sonnenaufgang, aber von der Sonne war noch nichts zu sehen. Es war aber auch kein Schwarz-Weiß-Bild mehr. Nicht eine Wolke auf dem 360 Grad Panorama! Strahlend dunkelblauer Himmel und dazu noch der recht hohe, volle Mond!! Ich packte meine Sachen zusammen und trank in der Küche den ersten und letzten Tee. Dann machte ich auf dem Dach bei minus 4,5 Grad die letzten Photos von dieser einmaligen Position. Wer jemals wieder nach Muktinat kommt: Hotel Laligurans, direkt unterhalb der Schule – auf dem ganzen Weg von Jomsom nach Muktinat gibt es kein besseres Panorama zu sehen!

Nur einer hat noch zum totalen Glück gefehlt: Der Komet Hale-Bopp! Die Engländer in Muktinat hatten ihn am Vorabend in Thorong Phedi gesehen und schwärmten davon. Sie hatten auch Ferngläser, es muß toll gewesen sein. Gestern fing es am Nachmittag an, sich zu bewölken, zeitweilig leichtes Schneetreiben. Es war nie so, daß man überhaupt nichts mehr sehen konnte. Aber es war nur sehr wenig Himmel frei von Wolken und als es dunkel wurde, waren weder der Mond und nicht ein Stern zu sehen! Ich ging jede Viertelstunde auf das Dach: Nichts! Das letzte Mal war ich gegen 20:10 oben, da schneite es sogar leicht, es war windig, kalt und unangenehm. Nichts als Dunkelheit. Ich ging mir die Zähne putzen und heroisch wechselte ich (Idiot !) meine Unterwäsche bei höchstens plus 3 Grad in dem Bretterverschlag. Da klopft es an die Tür! Der Engländer: 'Would you seen the comet ...?!!' Ich springe so schnell ich kann wieder in Hemd und Hose und renne auf's Dach: Die Silhouette des Dhaulagiri (von hinten ganz schwach noch von der Sonne beleuchtet) ist klar zu sehen, der Komet aber ist vor 20 Sekunden hinter der Bergkante verschwunden!! Es muß also ein Fenster von höchstens fünf Minuten gegeben haben, in dem auch gestern der Komet von Muktinat aus zu sehen war. Genau da war ich verhindert ... Na, macht nichts, man kann zwar alles haben wollen, aber nicht alles haben.

 

 

Die Sicht auf wolkenlose Berge, Sonne und Mond am nächsten Morgen war die Entschädigung dafür. Ich war so in die Betrachtung dieses frühen Mondes vertieft, daß ich vom Wege ab kam und plötzlich bis zu den Knöcheln im Eiswasser einer sumpfigen Wiese bei Jharkot stand. Kurz davor hatte ich ein Foto gemacht, denn der Mond berührte gerade die Bergsilhouette. Gott sei Dank hatte ich die Bergschuhe an, so bekam ich keine nassen Füße. Ganz andere Bilder, als auf dem gleichen Weg am Tag zuvor in Gegenrichtung!

 

 

 

Das Licht ist komplett anders und dazu diese extreme Fernsicht. Es ist für den Kreislauf nicht so anstrengend, nach unten zu laufen, aber dafür wird das Skelett viel mehr belastet. Jeder Schritt ein Stoß auf den ganzen Körper. Gut, wenn man gefederte Schuhe hat – und meine Sandalen sind hervorragend abgefedert, ganz im Gegensatz zu den steifen Bergstiefeln. Deswegen ist das die letzte Tour für meine Bergstiefel, die schon in Norwegen und Sumatra dabei waren: Ich schenke sie Bishnu und versuche, für die nächste Tour solche mit Federung zu bekommen.

Um 8:30 sind wir wieder in Eklobhatti. Runter schafft man die gleiche Strecke in der halben Zeit, die man nach oben benötigt. Ich ziehe die Schuhe aus und die Sandalen an. Es gibt Frühstück und eine freundliche Begrüßung durch das junge Mädchen, der ich verspreche, ein paar Bilder über Bishnu zu schicken. Dann wandern wir durch die Steinwüste des trockenen Flußbettes zurück nach Jomsom. Sonne, aber kräftiger Wind von vorn, ca. 10 Grad. Eine tolle Landschaft: Naturgrafik. Wir überholen einen Menschen, der offensichtlich aus Bayern kommt: Kniebundhose aus Leder, hohe, schwere Bergstiefel, rote Stulpen an den nackten Beinen, Windjacke nicht aus Loden, dafür aber der Hut. Er hält sich an zwei High-Tech-Stöcken fest und seine Kondition ist schlechter als meine, obwohl er 10 Jahre jünger ist und in Bayern seit 50 Jahren trainieren konnte. Zwei ähnlich ausgerüstete Bayern sind mit Porter und Guide unterwegs. Bishnu kennt sie, sie sind schon das dritte Mal hier in Nepal.

Auf der linken Seite plötzlich ein leichter Bergsturz: Aber kein natürlicher! Zwei Männer lösen oben Gestein, das sie unten dann als Baumaterial stapeln und später abtransportieren. Rechts schießt die Armee. Es hallt durch das ganze Tal. In Jomsom ist eine Armeeabteilung stationiert.

Erst als wir wieder durch Jomsom laufen, sehen wir wieder blühende Bäume. Hier ist er wieder, der Hauch von Frühling. Oben war noch Winter, allerdings mit schönem, sonnigen Wetter. Zuletzt habe ich in Muktinat noch ein Foto von Mutter und Kind ich der Küche gemacht: Die älteren Schwestern, ca. 4 bis 5 Jahre alt, schleppen ihre jüngeren Geschwister den ganzen Tag lang auf dem Rücken herum. Auch in Eklobhatti begrüßt uns als erstes, noch vor dem Haus, so ein Mädchen mit finsterer Miene. Das Haar zu abstehenden Pinseln auf dem Kopf drapiert und einen kleinen Jungen auf dem Rücken. Einer der wenigen wirklich unfreundlichen Menschen, die mir hier begegnet sind. Und in den 'Straßen' vom Jomsom wieder überall: Kleine Kinder, Säuglinge, die von ihren Geschwistern, der Mutter oder der Oma auf dem Rücken den ganzen Tag bewegt werden. Sie sind immer dabei, immer mitten drin und nie sich selber überlassen. Ein stolzer Reiter kommt daher, sein Sohn (2 Jahre) vorn auf dem Sattel. Er versucht schon, mit einem Strick-ende das Pferd anzutreiben. Im Flußbett, noch weit weg von Jomsom, habe ich das erste mal Touristen auf Mulis gesehen: Dicke Frauen, auffällig gekleidet – das ist sicher nicht die Lösung für ihre Figur- und Gewichtsprobleme.

So, jetzt ist es fast 17 Uhr und ich verlasse diesen schönen Fensterplatz. Bevor ich mich hier zum Kaffee hingesetzt habe, war ich im Mustang Eco-Museum von Jomsom. Einige interessante archäologische Fundstücke, Volkskunde, ein sehr großes Hebarium (für mich nicht interessant) und eine 'Kirche' für Hindus, eingerichtet in einem normalen Versammlungsraum. Am Mittag habe ich in meinem (extrem sauberen) Hotel den elektrischen Boiler im Duschraum (gekachelt!) angeschaltet. Jetzt werde ich mir den unerhörten Luxus des Duschens und Rasierens gestatten! Hale-Bopp kann ich ja jetzt bei der Toilette nicht mehr verpassen, wir sind zu weit unten. Mal sehen, was heute nacht am Himmel zu sehen ist – die Wand des Nilgiri ist von einer großen, tief hängenden und schnell ziehenden Wolke verdeckt. Aber nur für Minuten. Oben auf dem Gipfel ist (noch) alles klar. Das Wetter ändert sich von Minute zu Minute, schwer abzuschätzen, was heute abend für eine Sicht sein wird.

26.03.1997, 16:55, German Bakery & Himalaja Pension, Jomsom

 

Es ist jetzt 19:30 und ich sitze mit ca. 12 anderen Leuten am Heatertable dieses Hotels. Lebhafte Gespräche in Nepali und English. Ein Nepali, der z.Z. in Schottland lebt und ein Italo-Amerikaner führen hier das große Wort. Es geht in erster Linie darum, wer war wo und wo sind die schönsten Plätze in Nepal. Die Annapurna-Region steht in der Gunst dieser Gäste hier ganz oben. Zwei Pärchen (english und italienisch), der Ami und ich: Das sind die Ausländer. Die anderen sind Träger oder Führer. Bier gibt es und ... Stromsperre! Vor 10 Minuten wurden die sowieso schon sehr dunklen Lampen immer schwächer, dann waren sie ganz aus: Das ist die Zeit des maximalen Strombedarfes. Der Wasserboiler hat genug Strom bekommen, ich habe hervorragend geduscht! Bei der Diskussion um die schönsten Routen reicht der Ami einen Reiseführer herum, den ich in Ghasa schon einmal in der Hand hatte: Sehr detailliert, viele Karten und relativ aktuell, von 1996. Nur ein kleiner Nachteil: Alles in English. Da, wo ich vor zwei Stunden Kaffee getrunken habe, gibt es im Erdgeschoß eine Buchhandlung, dort soll es den Guide geben.

Ich mache mich gleich noch auf den Weg – tatsächlich, es wird (mit einer Kerze) Licht gemacht und für 12,5 $ erstehe ich das Buch. Bishnu ist dabei und findet, daß es zu teuer ist. Aber in Deutschland kostet es das Doppelte, wenn man es überhaupt bekommt. Auf dem Rückweg bewundern wir einen herrlichen, klaren Sternenhimmel, nur wenige, schnell ziehende Wolken. Für Hale-Bopp sind wir zu tief, aber der Sirius, der große Wagen ... und was ist das für ein helles Ding dort? Erst dachte ich, ein Helikopter, weil es so rot und groß war. Aber dann tippte ich auf den Mars. Ich holte die Sternenkarten – tatsächlich, es ist der Mars! Noch nie habe ich den so groß und rot gesehen!! Ein toller Planet! Die meisten der Karten schenke ich jetzt Bishnu.

Toll und ein lang entbehrtes Erlebnis war auch die Dusche. Sie war tatsächlich mal heiß. Aber die Mischbatterie spielte nicht so richtig mit, entweder es war zu heiß, oder eiskalt. Aber inklusive Rasieren war es ein wirklich exklusives Vergnügen in dieser kalten Gegen. Jetzt geht es bald ins Bett des Zimmers 103. Der Heater wird schon kalt und es ist immer noch Stromsperre.

26.03.1997, 19:47, Hotel Laligurans, Jomsom

 

 

 

 

 

 

 

 

RÜCKREISE
NACH KATHMANDU

27. März 1997, Donnerstag, Kathmandu

 

 

BUMS, PENG, BAUTZ – sagte der Zauberer ... und schon sitze ich wieder auf dem Dachgarten des Hotels VAJRA in Kathmandu. Noch einmal PENG-BUM und es ist noch eine Woche später und ich bin vor drei Stunden in Berlin-Tegel gelandet !! Aber Gott sei Dank sagt jetzt keiner hier PENG-BUM, deswegen habe ich hier noch eine ganze Woche Zeit! Aber immer und überall: Die Zeit ist zu kurz!!

Es ist 18 Uhr, die Sonne ist gerade als rote Kugel, durchzogen von Wolkenfetzen, in einer grauen Wand untergegangen. Dunst, glasiger Nebel über Kathmandu. Kaum sind die nahen Berge zu sehen, von den weißen Gipfeln ganz zu schweigen. Die Hunde bellen, als wäre in der Zwischenzeit nichts passiert. Erst wenn man in den Bergen war weiß man, wie schmutzig, unhygienisch und staubig Kathmandu ist: In weiten Teilen ein Slum, wie man ihn in den Bergdörfern absolut nicht findet. Aber: Alles hat ein Ende ... und heute war der Reisetag: Am Morgen noch Jomsom, am Abend Kathmandu.

In der Nacht habe ich schlecht geschlafen. Ich mußte bestimmt dreimal aufs Klo und immer wieder war ein halber Liter Wasser auszuschütten. Wo kam das alles her? Wahrscheinlich waren es die zwei großen Tassen guter Kaffee in der German Bakery. In den letzten acht Wochen habe ich kaum Kaffee getrunken und das entwöhnt. Aber dafür konnte ich in der Nacht mehrfach den tollen Sternenhimmel bewundern: Sehr klar vor Mitternacht, dann stand der Vollmond (voll?) so hoch, daß kaum noch Sicht war. Ein großer Unterschied, weil der Mond hier so hell ist.

Gegen 5:40 stehe ich auf, wecke Bishnu in der Dormitory. Gegen 6 Uhr ein Tee und dann zum gegenüberliegenden Flugplatz. Fliegen ist schön, aber die Warterei auf allen Flugplätzen der Welt ist entsetzlich! Um 7 Uhr sollte der Start sein, deshalb war um 6 Uhr der Check-In erforderlich. Das ist in drei Minuten erledigt, keine Sicherheitskontrolle ect. Dafür Warten auf den Flieger aus Pokhara.

 

 

Ohne Vorwarnung, nichts ist zu sehen, nichts zu hören, ist er plötzlich da: Es ist 7:20. Aber es ist die Maschine der Royal Nepali Airline, unsere kommt 10 Minuten später. Das Aus- und Einsteigen geht schnell. Der Flug ist in 15 Minuten erledigt: Zu sehen ist nicht viel, ich habe den einzigen Mittelplatz ganz hinten an der Tür (neben der frierenden Stewardess), den es in der Maschine gibt: Ohne Fenster! Aber ich hatte nicht vor, zu fotografieren. Das wird sowieso nichts, im Vergleich zu den Aufnahmen vor Ort.

Wir landen um 7:50 hart in Pokhara. Auch unterwegs gab es ein paar rauhe Hopser: Die kleine Maschine (14 Passagiere) läßt jeden Auf- und Abwind spüren. Bishnu kümmert sich um meinen Rucksack, ich gehe zu Everest Air. Bevor er den Rucksack hat, bin ich zurück. Ich habe mich informiert: Heute kann ich nicht nach Kathmandu weiter fliegen, mein Flug ist erst für morgen o.k. Das habe ich gewußt, mein Hotel ist hier in Pokhara gebucht. Aber ich habe den Flug gecancelt, das ging problemlos und schnell – Geld in Kathmandu abholen. Und schon war ich wieder bei Bishnu: 'Jetzt brauchen wir nur noch ein Busticket und einen möglichst schnell abfahrenden Bus nach Kathmandu!' Dieses Verfahren hatten wir gestern gegen 8 Uhr beim Abstieg von Muktinat abgesprochen. Mein Flug nach Kathmandu geht erst morgen um 15 Uhr ab Pokhara. Das heißt, einen ganzen Tag, eine Nacht und noch einen halben Tag hier in Pokhara: Wozu? Was soll ich hier, da ist Kathmandu interessanter. Also nehmen wir den Bus. |Break: Auf dem Dach hier wird es zu dunkel, es ist 18:40| Außerdem spare ich 61 US$ minus 10 % Stornogebühr. Das ist so ungefähr die Summe, die das Entwickeln und je ein Bild 10x15 für die 10 Filme kosten wird, die ich von unserem Treck mitbringe!

Mit einer Taxe fahren wir zum Busbahnhof. Hier gibt es nur lokale Busse, wir aber wollen Express- oder Minibus. Also in die nächste Taxe. Bishnu als Guide ist in solchen Situationen sein Geld wert und er organisiert (und bezahlt) auch ganz selbstverständlich. Das Ticket kostet 300 Rp. – billiger geht es nicht gegenüber einem Flugpreis von 61 Dollar!! Gegen 8:20 haben wir ein Ticket für einen Minibus, der um 9 Uhr nach Kathmandu startet. Wir frühstücken in einer Gaststätte, vor der der Bus steht. Hier ist kein Busbahnhof, kein Fremdling würde diese Abfahrtsstelle finden. Bishnu geht zum Friseur, er läßt sich rasieren. Auch das funktioniert hier noch und kostet 10 Rupien! Ich verstaue und verseile in der Zwischenzeit den Rucksack auf dem Busdach. Der Bus ist gegen 8:45 noch leer. Ich setze mich direkt hinter den Fahrer, hier kann ich was sehen und die Beine ausstrecken. Bishnu organisiert, daß wir beide dort sitzen können, eigentlich haben wir Plätze weiter hinten. Die Sitzplätze sind sogar numeriert!

Pünktlich um 9 Uhr geht es los. Der Bus hat ca. 30 Sitzplätze – er ist also gar nicht so Mini. Im Gang stehen mindestens noch 10 runde Bambusschemel: Praktisch! Der Fahrer fährt zügig, mit Übersicht und vorsichtig. Der Linksverkehr läuft hier recht ordentlich und flüssig. Kein Vergleich zu den vietnamesischen Verhältnissen. Vor allen Dingen gibt es hier kaum Mopeds und auch keine Motorräder. Es sind in erster Linie Laster und Busse unterwegs, nur wenige PKW. Wenn sie recht neu sind, dann gehören die PKW der Regierung oder Managern. Solche Autos habe ich heute maximal 10 Stück auf der 210 km langen Strecke gesehen. Alle anderen PKW waren vor 20 Jahren mal Toyotas ... solche Schrotthaufen fahren wohl sonst nirgends mehr herum. Auch der Bus ist uralt und buchstäblich zerfahren. Aber der Motor zieht und läuft und der Fahrer gibt gnadenlos Gas, wo das möglich ist. Bishnu erzählt einen Witz: Eine Polizeistreife hält einen Busfahrer an: 'Haben Sie nicht das Schild gesehen: 'SLOW !!' 'Ja, ich fahre doch auch nur so schnell ich kann!'

Die Straße ist bis Muglin Basar in einem entsetzlichen Zustand: Von Feldweg über Schotterpiste bis zerfahrene, ausgefranste Uralt-Teerstraße ist alles vertreten. Hier gibt es keine Verkehrsschilder, keine Polizei und keine Gnade gegenüber Federn, Achsen und Stoßdämpfern (soweit noch vorhanden). Überholmanöver zwingen beide Fahrzeuge mit einer Spur auf den 'tiefer liegenden Randstreifen'. Das ist nur Schotter mit großen Löchern, aber da geht es erbarmungslos rein und durch. Der zweite Teil der Strecke ist deutlich besser. Es gibt Verkehrsschilder, sogar die Namen der Täler und Flüsse sind auf großen Schildern verzeichnet. Mittel- und Randstreifen sind aufgemalt und auch Polizeistreifen und Checkpoints sind zu sehen. Die Fahrer kennen sich offensichtlich alle. Sie helfen sich bei Pannen und sie liefern sich auch mal Rennen: Leerer LKW gegen vollen Minibus. Aber das hält sich in Grenzen. Repariert wird an Ort und Stelle. An der Ausfahrt aus Pokhara steht ein großes Begrüßungstor aus Holz und roten Transparenten. Genau darunter hat ein LKW (wahrscheinlich vor Tagen) seinen Geist aufgegeben. Jetzt wird hier die Hinterachse ausgebaut. Der ganze Verkehr weicht an dieser Stelle auf das neben der Straße liegende Feld aus. Kein Problem!

Wir fahren durch eine Erosionslandschaft. Der Fluß hat tiefe Täler in den Untergrund gegraben, der aus Schutt und Geröll besteht. Es ist warm, Blüten an den Bäumen und Büschen. Bananen, Orangen, Reis, Kakteenbäume. An vielen Stellen geht es durch sanfte Berge. Hoch und runter. Überall Terrassenfelder – so viele Menschen leben hier! Alle müssen hier Selbstversorger sein. Wer nicht aus eigener Kraft sein tägliches Essen zusammenbringt, der hungert. Es gibt keine Sozialhilfe, kein Rentensystem, dafür und deswegen aber: Viele Kinder. Sehr viele Kinder. Sie gehen (wenn möglich) alle in die fünfjährige Grundschule. Appellplatz, Fahnenappell, Schuluniform ... wie sich die Bilder doch so entsetzlich gleichen! Der Brunnen in den kleinen Dörfern, die wir durchfahren, ist noch das, was er im Mittelalter in Deutschland und Europa auch war: Wasserstelle Kommunikationszentrum, öffentliche Badeanstalt und Nachrichtenumschlagplatz. Frauen (in Kleidern) waschen sich und ihre Kinder (nackt), Morgentoilette, Zähneputzen.

Bis 50 km vor Kathmandu gibt es vor allen Dingen Landwirtschaft. Büffel, Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner und Gänse im Fernstraßenverkehr. Vor allen Dingen die Büffel und Kühe sind so entsetzlich stur, sie ignorieren wie die buchstäblichen Ochsen einfach, daß da ein Bus oder ein LKW angefahren kommt. Alle stellen sich darauf ein: Menschen und Tiere werden nicht um- und angefahren! Ab 50 km vor Kathmandu ist alles auf die Gewinnung von Baumaterial und auf die Zulieferung zu Baustellen ausgerichtet: Sand und Steine aus dem Fluß, Steineklopfer produzieren Schotter, Schotteranlagen aber gibt es auch schon im Flußbett. Steinbrüche, manchmal so weit das Auge reicht nur Steinbrüche. Straßenbauarbeiten per Hand. Tragekörbe und Schippen sind die einzigen Werkzeuge. Dabei gibt es eine Schuh-Hierarchie: Nur die ganz armen Teufel (10%) gehen barfuß auf Arbeit. Die meisten haben Badelatschen aus Plastik an – wie in Vietnam. Aufseher und 'Ingenieure' tragen Turnschuhe zu weißen Hemden. Auch die Bauweise der Häuser ist der in Vietnam ähnlich. Besonders in den kleinen Städten gibt es das 3-Meter-Raster-System. Die 3-Meter-Häuser werden mit einem Betonskelett hochgezogen. Ist Geld da, werden die Wände mit Ziegeln oder Feldsteinen ausgemauert oder es wird aufgestockt. Bei Geldmangel verschönern die Betonskelette das Straßenbild. Das Flachdach ist gleichzeitig der Dachgarten. Im Erdgeschoß ist immer ein Laden untergebracht. Damit wird jede Straße ganz automatisch zum Basar. Aber neben diesen Häusern gibt es auch noch regelrechte Bambus-Slums. Solche entsetzlichen Behausungen sieht man in den Bergen absolut nicht. Offensichtlich funktioniert dort der soziale Zusammenhang noch besser.

Gegen 15 Uhr steigen wir aus: Kathmandu: Endstation. Ich mache das endgültig letzte Foto der Trekking-Tour. Der zehnte Film ist voll. Den Abschluß unserer Tour bildet eine Fahrt mit einem 'Tempo' – so heißen hier die dreirädrigen Tuk Tuk. Auch hier ist dem Fahrer völlig egal, wie die Straße aussieht. Es wird nur gehupt und Gas gegeben. Sind die Dinger luftbereift? Man hat den Eindruck, völlig ungefedert durch die Schlaglöcher zu fahren. Aber wir kommen an und ich kriege auch ein Zimmer (503) im schönen Hotel VAJRA. Allerdings eines ohne Aussicht, dafür aber doppelt so teuer, wie das Zimmer 406. Aber es hat ein Bad und dieser Hot Shower ist wirklich einer – was ist das für eine Wonne, endlich mal wieder ein Brausebad zu nehmen, ohne daß einem danach noch stundenlang die Finger klamm sind!!

Mit Bishnu treffe ich mich bei Mr. Kul. Er ist hoch erfreut zu hören, daß alles geklappt hat. Ich muß mich in sein Referenzbuch (mit Foto) eintragen und weiß nicht, wie man 'unwritable' schreibt ... Auch Bishnu ist happy, ich habe ihm noch einmal 20 $ geschenkt. Mr. Nomoral ist inzwischen sicher auf der Nachtfahrt mit dem Bus nach Kathmandu. Wir haben auch schon die nächste Vereinbarung: Morgen 10:30 muß das Visum verlängert werden.

Nach dem Duschen gehe ich nach Thamel und bringe die 10 Filme ins Fotolabor. Ich sehe den neuesten SPIEGEL, kann ihn aber nicht kaufen, ich habe weder Rupien noch Dollar mit. Ich zahle 100 Rp. an, morgen werde ich mir den einzigen SPIEGEL holen, den es heute in Kathmandu gab! Die Stadt ist so entsetzlich staubig, voller Menschen und laut, daß ich die Idee hatte, zwei Nächte in das Farmhouse des Hotels (Nähe Nagarkot) zu fahren. Mein Zimmer im Hotel VAJRA muß ich nach zwei Tagen räumen – alles belegt, ausgebucht! Mr. Kul wird bis morgen checken, ob ich im Farmhouse unterkommen kann.

Auch hier gibt es Stromsperre. Aber jetzt schicke ich Conny ein Fax: Hurra! Ich lebe!!

27.03.1997, 21 Uhr, Hotel VAJRA, Kathmandu

 

 

Fax to my very best friend CONNY: 030 9166627 Germany

 

Hallo, mein Freund, dieses Fax schicke ich Dir, sobald ich bei einem Faxgerät vorbeikomme. Z.Z. gibt es hier nicht mal elektrisches Licht: Nur Kerzen und Taschenlampe! Aber eine tolle Gegend, ich denke, wenn Du gut trainierst at night and on every morning, dann kannst Du auch hier wandern gehen! English: Sehr wichtig, or nepali language!

 

Date/Site

What the matter

Weather

18.03.1997

Pokhara

919 m

Vormittag auf dem Monkey-Tempel in Kathmandu (Dein Amulett gekauft!) 13 Uhr auf dem Flugplatz: Verspätung. 16:30 Flug nach Pokhara (1/2 Stunde)

Warm 26 Grad

Sonne

19.03.1997

Tirkhedhunga 1577 m

6 Uhr: Schneegipfel vom Fenster des Hotels !!! 8:30 Taxe, 9 Uhr mit public Bus 3 Stunden bergauf. Dann erste Wanderung: 4 Stunden. Alle Grün! Muli-Karawane kommt vorbei.

Warm

Sonne

20.03.1997

Ghorapani

2874 m

5 Uhr: Sternenhimmel und Sonnenaufgang bewundert. Dann 6 Stunden nur bergauf. Ca. 1300 m Höhendifferenz: Schwer. Kalt im Moonlight-Hotel

Sonne

Ca. 12 Grad

21.03.1997

Tatopani

1197 m

Um 5 Uhr auf dem Poon-Hill (3194 m): Sonnenaufgang und ein Wahnsinns-Panorama: 8000-er im Morgenlicht!. Dann in 5 Stunden 1000 Meter nach unten. Immer tolle, weiße Berge vor der Nase!

Sonne, 25 Grad

Wenige

hohe Wolken

22.03.1997

Ghasa

2010 m

Auf dem ganzen Weg: Rechts oder links der große Fluß. Berge in den Wolken. Es fängt an zu regnen. Schneeschauer, Gewitter. Großer Bergrutsch im letzten Sommer. Idee: dieses Fax für Conny!

Gewitter, 10 Grad

Regen- und

Schneeschauer

23.03.1997

Tukuche

2586 m

Heute den ganzen Tag nur Sicht auf weiße Gipfel rechts und links. 270-Grad-Panorama in Lete. Kilometerbreites Flußbett: Nur Steine! Fotos von nepalesischer Küche. Bauchschmerzen

Sonne, aber kalt

8 bis 9 Grad

24.03.1997

Eklobhatti

2830 m

Durch eine ganz schöne Gegend mit vielen blühenden Obstbäumen gewandert. Weiße Berge im Hintergrund. 12:30 in Jomsom Mittagessen. Dann noch drei Stunden durch ein Flußbett: Steinwüste rund herum, nichts wächst

Sonne

10 bis 12 Grad

25.03.1997

Muktinat

3802 m

Heute 1000 Meter nach oben: Höchster Punkt. 360 Grad nur weiße Berggipfel rund herum: Wahnsinn, und dazu noch klare Sicht! 5-Klassen-Schule besucht. Ab 15 Uhr Wolken, Schnee. Hale-Bopp gerade NICHT gesehen!!

Sonne, Schnee

+5 bis –3 Grad

26.03.1997

Jomsom

2710 m

Die 1000 Meter Höhendifferenz von 6:30 bis 11 Uhr wieder zurück. 6:15 klare Sicht, Sonne auf den Bergspitzen, darüber ... der Vollmond! Am Nachmittag Eco-Museum in Jomsom und Ruhe. Wehmut: Der letzte Tag in den Bergen! Mars entdeckt !

Sonne satt

früh – 4,5 Grad

11 Uhr +10 Grad

27.03.1997

Kathmandu

1350 m

7:30 Flug Jomsom ->> Pokhara. Flug nach Kathmandu gecancelt (geht erst morgen) 9 bis 15 Uhr: Mit Bus nach Kathmandu. 10 Filme weggebracht. Im Hotel VAJRA kann ich nur bis zum 29.03. bleiben: Ausgebucht!

Sonne

Jomsom – 3 Grad

Kathmandu + 20

28.03.1997

Kathmandu

1350 m

Hallo Conny, mein Freund! Erst jetzt gibt es ein Faxgerät im Hotel VAJRA !! Ich bin aus dem Himalaja heil, ganz und glücklich wieder zurück: Herrlich, eine ganz tolle Tour. Auch Du bis wieder in der Schule !? Was macht das natürliche Kor-

 

29.03.1997

Nagarkot

2000 m

(vielleicht)

sett? Sind alle gesund? Heute, genau in einer Woche bin ich wieder in Berlin: 03.04.1997, an Tegel 9:35 – da bist Du in der Schule. Am Abend sehen wir uns dann! Hier bin ich noch ca. 30 Stunden erreichbar, dann in einem anderen Hotel, dann Bangkok, Frankfurt, Berlin. Bis bald, mein Lieber ... und viele Grüße an alle von Opa. Hotel VAJRA, Fax 009771271695

 

 

 

 

 

 

 

 

 

NÄCHSTE TOUR
ORGANISIERT

28. März 1997, Freitag, Kathmandu

 

 

Und wieder sitze ich auf dem Dach des Hotels VAJRA – diesmal im Top Garden, auf der höchsten Stelle, Sonne im Rücken, Sicht auf den Monkey-Tempel. Das dort gekaufte Amulett hat mir Gesundheit und gutes Wetter beschert: Also nichts gegen Amulette. Weil es so gut funktioniert hat, werde ich es erst abmachen, wenn ich Conny sehe . Ihm werde ich es dann schenken.

Wie immer in Kathmandu: Die Hunde bellen, krächzende Raben fliegen in Schwärmen um das Hotel, vereinzeltes Hupen von Autos, Schulkinder in Uniform auf dem Weg zur Schule. Es ist wenig Wind, die Berge sind nicht zu sehen, nichts als glasig-grauer Dunst, aus dem sich nur der Monkey-Tempel löst, der ca. 3 km weit entfernt ist. Das ist Kathmandu um 9 Uhr.

Ich bin um 7 Uhr aufgestanden, Rasieren, Duschen und WC waren die reinste Wonne. Danach habe ich gut gefrühstückt und in dem perfekten Guide 'Trekking in The Annapurna Region' für Stefan angestrichen, wo ich bei diesem Treck gewesen bin. Jetzt will ich mal meine Trekkingerfahrungen zusammenschreiben. Beim ersten Mal macht man die größten Erfahrungen. Der erste bezahlt dafür immer am meisten – und nicht nur in Geld.

Generell kann ich sagen, daß meine Ausrüstung hervorragend war, es hat nichts gefehlt, einiges habe ich zuviel mit herumgeschleppt – aber dafür hatte ich ja einen Porter. Ich habe sicher mit rund 60 US$/day eine sehr teure Variante des Tea-House-Trekking gewählt. Teuer nicht von Europa aus, sondern unter dem Gesichtspunkt, das der Trip hier in Kathmandu organisiert wurde. Das kann man hier auch schon für 25% = 15 US$/day haben und auch das ist komfortables Trekking im Himalaja. Mit dem Wetter hatte ich ausgesprochen Glück in dieser Zeit, so klar ist es sonst wohl nur im Oktober/November. Ich hatte keine Gesundheitsprobleme, keine Konditionsprobleme, keine Probleme mit der Unterbringung, dem Essen, den Leuten, der Sprache und dem Transport. Es hat einfach alles geklappt. In der Summe: Hervorragend!! 28.03.1997, 9:20

Heute ein Ruhetag in Kathmandu: Gegen 7 Uhr aufgestanden und Frühstück. Dann beginne ich auf dem Dachgarten mit dem Aufschreiben meiner Trekkingerfahrungen. Um 10:30 Treffen mit Mr. Kul, wir fahren zusammen zum Immigration-Office. Das war ein Flop. Alles was zu tun ist, konnte ich nur selber machen: Formblatt, Lichtbild und 40 Minuten Warten. Dann ein Zettel und nach dem Bezahlen die Aufforderung: Das Visum ist ab 14 Uhr hier abzuholen. Jetzt ist es 12 Uhr. Die Beziehungen von Mr. Kul reichten nicht aus, wenigstens die Zeit zu verkürzen.

Ich tausche Geld um und merke erst nach dem Signieren der Schecks, daß man hier nur Nepali Rupies, aber keine Dollars in die Hand bekommt!! Das hätte eine böse Falle werden können, denn ich wollte eigentlich schon die Dollars für Bangkok umtauschen. Plötzlich hätte ich auf einer Menge Rupies gesessen, die keiner außerhalb Nepals haben will, auch ein Rücktausch wäre nicht möglich gewesen .. die DDR-Mark und die überwundenen DDR-Verhältnisse mit einer unkonvertierbaren Währung lassen grüßen!

Dann hole ich mir den reservierten SPIEGEL für 440 Rp und noch einen STERN, der kostet 380 Rupien: Sauteuer!! Den Trekking-Guide der Everest-Region kaufe ich später beim Abholen des Visums für 500 Rp. Anschließend leiste ich mir was nach Rückkehr in die Zivilisation: Ich setze mich an einer zentralen Kreuzung von Thamel in ein Lokal mit Dachgarten und Sicht auf die belebten Basarstraßen und blättere die Zeitungen durch. Diesmal kein Schock, wie im Vorjahr in Bangkok: Ich hatte nicht mehr erwartet, als den üblichen politischen Kleinkrieg und Hick-Hack. Offensichtlich kann man wirklich Monate von Deutschland weg sein und weder Zeitungen noch Nachrichten hören – man verpaßt nichts in der zivilisierten Welt!! Ausnahmen von dieser Regel gibt es nur im Bereich Wissenschaft und Technik. Da tut sich was, in der Politik bewegt sich nichts. Ich esse fried Reis und trinke Tee zu sehr angenehmen Preisen. Das ganze kostet 80 Rp. Was man im Hotel VAJRA an den Zimmern spart, muß man im Restaurant wieder drauf zahlen: Ein Frühstück für 170 Rp. ist normal. Nach der Pause auf dem Dachgarten hole ich die 10 Filme ab!! Das kostet 4.200 Rp. und der Schuft gibt mir nicht eine Rupie Discount! Vorher muß man das vereinbaren – schlecht verhandelt! Es ist aber trotzdem ein guter Preis: Für 36 Bilder 10x15 incl. Entwicklung ca. 12,50 DM = 35 Pfennige pro Bild. Alle Bilder gleich noch in der richtigen Reihenfolge in ein Album sortiert. Das geht in Germany nicht, oder - wo?

Zurück in das Immigrations-Office: Kein Problem, das Visum ist für 120 Rp. um zwei Tage (!) verlängert. Dann laufe ich in Ruhe in das Hotel zurück. Dabei kaufe ich für Clara-Johanna noch einen kleinen Rucksack. Wer ein guter Trekker werden will, braucht frühzeitig einen Rucksack. Es ist schwierig – was soll ich mitbringen? Der Rucksack ist z.T. aus handgewebtem Material, geschneidert in Thamel zum Spottpreis von 3 US$.

Im Hotel angekommen gucke ich mir die Bilder an! Ich sehe die Alben durch, beschrifte sie, die Bilder sind zu 90 % o.k. Die Datenrückwand ist z.T. ausgefallen. Schade, das hatte ich schon mal, aber es ist kein großes Problem. Die Bildqualität geht von sehr gut bis 'spektakulär'. Schwierigkeiten gab es nur am Morgen und am Abend. Da sind hier im Hochgebirge die Helligkeitskontraste zu groß, das Belichtungssystem ist überfordert. Und natürlich reicht diese Kamera nicht aus, um den Vollmond bei Nacht über dem Bergrücken zu fotografieren ... aber immerhin, es ist etwas zu sehen! Die Bilder sehe ich mir auf dem Dachgarten des Hotels beim obligaten Tee zwischen 15:30 und 17 Uhr an. Dann schreibe ich den Rest meiner Trekking-Erfahrungen auf und diese Seiten. Jetzt aber gehe ich erst mal gucken, welche Variante Mr. Kul für morgen organisiert hat. Es ist schade, aber vielleicht doch ganz gut: Ich muß das Hotel verlassen. Dabei verlasse ich gleich auch Kathmandu und gehe für die letzten zwei Tage aufs Land – nach Nagarkot!

28.03.1997, 19:15, Hotel VAJRA, Kathmandu

 

Wieder ein Abschied – die Abschiede werden sich jetzt häufen! Heute ist mein letzter Tag in Kathmandu. Über Mr. Kul habe ich zwei Nächte in Nagarkot organisiert. Dort gibt es (angeblich) besonders am Morgen eine spektakuläre Sicht, wenn das Wetter mitspielt. Wir werden es erleben! Zwei Übernachtungen kosten 40 US$, die Taxe hin und zurück noch einmal 950 Rp. Ich habe alles in Rupien schon bezahlt. Morgen um 9 Uhr startet die Taxe, sie holt mich am 31.03.97 auch wieder ab und bringt mich zum Flugplatz. Kathmandu weine ich keine Träne nach – eine sehr dreckige, indisch-orientalisch wirkende Stadt ohne Reiz, mal vom kulturellen Hintergrund und den vielen Tempeln abgesehen.

Meinen Rucksack habe ich schon mit Sicht auf Bangkok gepackt: Dort lasse ich ihn in der Gepäckaufbewahrung. In Bangkok braucht man leichtes Gepäck und leichte Kleidung: 30 Grad und mehr sind zu erwarten. Die Wäsche vom Treck ist gewaschen, außer der grauen Cottonhose. Die muß auch noch Bangkok aushalten. Das ist aber kein Problem, ich könnte diese schöne Hose auch noch einen weiteren Monat anziehen, denn sie hat die sehr praktische Farbe von Staub und Dreck!

Im Hotel habe ich sehr gut zum Abend gegessen: Suppe, frittierte Momo's und Tee. Dabei habe ich eine Stunde im SPIEGEL gelesen. Jetzt aber ist es schon 22:30, das ist für Trekkingverhältnisse mitten in der Nacht! Also Schluß und ins Bett.

Im Theater wird immer noch geprobt: Trommeln, Flöten und laute Regieanweisungen. Die Spezialität dieses Hotels: Zu bestimmten Zeiten, z.B. im April 1997, spielt das hauseigene Theater.

28.03.1997, 22:30, Hotel VAJRA 201197

 

 

 

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