Araber, die dieses Essay lesen
werden sagen: 'Man kann leicht über die Fehler der arabischen
Welt reden, was aber ist mit den Fehlern des Westens? Ihr habt Probleme
mit der gewalttätigen amerikanischen Politik.' Für die meisten
Araber waren die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten enttäuschend.
Während sich die arabische
Welt aus der langen Umklammerung durch die europäischen Kolonialmächte
löste, begannen ihre Enttäuschungen mit Amerika entscheidend
mit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948. Zu einer Zeit,
in der die Kolonien ihre Unabhängigkeit vom Westen gewannen,
sahen die Araber, dass hier mit westlicher Rückenstärkung
ein grosser Staat für Ausländer geschaffen wurde. Der Ärger
vertiefte sich durch Amerikas Unterstützung für Israel während
der Kriege von 1967 und 1973 und durch die Art der Behandlung der
Palästinenser. Die tägliche Zurschaustellung von Israels
gepanzerter Macht über die okkupierten Gebiete ist ein wesentlicher
Grund der Desillusionierung der arabischen und islamischen Welt. Man
sieht die Politik Amerikas in dieser Region als zynisch auf Amerikas
Ölinteressen ausgerichtet an. Dafür werden ohne zu zögern
auch Schläger und Tyrannen unterstützt. Schliesslich war
die Bombardierung und Isolierung des Iraq die Ursache für tägliche
Angriffe gegen die Vereinigten Staaten. Obwohl viele in der arabischen
Welt Saddam Hussein nicht mögen glauben sie, dass die Vereinigten
Staaten eine besonders inhumane Methode zu seiner Bekämpfung
gewählt haben - eine Methode, die eine ganze Nation verhungern
lässt.
Das sind, aus der Sicht eines
Arabers, einige Gründe dafür, dass die amerikanischen Aktionen
nicht immer als fair angesehen werden. Wie alle Staaten hat Amerika
seine Interessen. Aus meiner Sicht sind die grössten Sünden
Amerikas gegenüber der arabischen Welt, Sünden der Unterlassung.
Wir haben es unterlassen, einige Regime zu drängen, ihre Gesellschaften
zu öffnen. Im Falle von Afghanistan endete diese Unterlassung
tödlich. Der Abzug aus diesem gebrochenen Land nach 1989 führte
zum Erstarken von bin Laden und den Taliban. Das ist nicht der schlimmste
Fehler, der einer grossen Macht unterlaufen kann, aber es ist ein
gängiger Fehler Amerikas. Amerika war nicht gesinnungslos in
der arabischen Welt, aber es war fahrlässig.
Aber Fahrlässigkeit ist nicht
genug, um den arabischen Zorn zu erklären. Die Palästinenser
sind das Herzstück des gesamten Problems. Warum haben ihre arabischen
Brüder nichts für sie getan? (Sie können ausser in
Jordanien sich nirgendwo ansiedeln und die Hilfe, die sie von den
Golfstaaten erhalten, ist winzig.) Israel behandelt seine eine Million
Araber als Bürger zweiter Klasse, eine Schande für seine
Demokratie. Und doch zeigt das die Tragödie der arabischen Welt,
denn Israel gibt ihnen trotzdem mehr politische Rechte und Würde,
als sie die meisten arabischen Regime ihrem eigenen Volk gewähren.
Warum ist der Ärger der Araber auf Israel fokussiert, und nicht
auf diese Regime?
Die Klagen gegen Amerika sind
im Zusammenhang mit der Demütigung, dem Rückschritt und
der Verzweiflung entstanden, die in der Arabischen Welt um sich greift.
Auch die Chinesen sind entschieden nicht einverstanden mit der amerikanischen
Aussenpolitik und haben sich mit Verbündeten Amerikas angelegt.
Die afrikanischen Staaten haben das gleiche Gefühl von Enttäuschung
und Unfairness. Aber sie haben keinen Zorn auf Amerika entwickelt.
Die Araber aber fühlen sich von der modernen Welt unterdrückt
und Amerika symbolisiert diese Welt. Jede Aktion Amerikas verstärkt
diese Gefühl tausendfach. Und auch wenn wir nichts tun ist das
Gerede über unsere gigantische Macht und unsere ruchlosen Taten
gegenwärtig. Die meisten Amerikaner können sich nicht vorstellen,
was für eine schlechte Meinung man von uns überall in der
arabischen Welt hat. Nur deshalb ist man auch bereit zu glauben, dass
der CIA oder Israels Mossad das World Trade Center in die Luft gejagt
haben, um Angriffe auf die Araber und die Muslime zu rechtfertigen.
Das ist die Kultur, aus der die Selbstmordbomber gekommen sind.
Amerika muss jetzt eine Strategie
entwerfen, um mit dieser Form von religiösem Terrorismus umzugehen.
Es wird ein langer Krieg an vielen Fronten mit grossen und kleinen
Schlachten sein. Unsere Strategie muss dreigeteilt sein: Militärisch,
politisch und kulturell.
An der militärischen Front
- hier meine ich Krieg, verdeckte Operationen und andere Formen von
Zwangsmassnahmen - ist das Ziel ganz klar: Die totale Vernichtung
von Al Qaeda. Auch wenn wir nie all die Gründe für diesen
apokalyptischen Terror verstehen werden, wir müssen gegen ihn
kämpfen. Jeder, der eine terroristische Operation plant oder
unterstützt muss wissen, dass er verfolgt und bestraft wird.
Ihre Operationen werden unterbrochen, ihre Finanzen ausgetrocknet,
ihre Verstecke zerstört. Diese Strategie zu verfolgen wird Geld
kosten, aber das spielt keine Rolle, wenn wir nur Erfolg haben. Nichts
sonst ist erforderlich an der militärischen Front.
Die politische Strategie ist komplexer
und ehrgeiziger. Auf breitester Front haben wir jetzt die Chance,
das internationale System unter dem Eindruck der akuten, neuen Gefahr
zu reorganisieren. Die Bereitschaft zur weltweiten Kooperation ist
beispiellos. Wir sollten diesem Trend vertrauen. Die meisten Regierungen
fühlen sich durch das Anwachsen subnationaler Kräfte wie
Al Qaeda bedroht. Auch die, die den Terrorismus in der Vergangenheit
klar unterstützt haben, wie Iran, scheinen ein Interesse daran
zu haben, wieder in die Weltgemeinschaft zurück zu kehren und
ihre Entwicklung zu reformieren.
Wir können eine Strategie
für die Zeit nach dem Kalten Krieg definieren, die Amerikas nationale
Sicherheit einschliesst und für die es einen breiten internationalen
Konsens gibt. Indem wir das tun, werden wir einige Überbleibsel
des Kalten Krieges aufgeben müssen. Die Allergie gegen Multilateralismus,
die Annahme, China wird zu einem unserer militärischen Rivalen,
oder auch die Befürchtung, dass Russland wieder als militärische
Macht in Erscheinung tritt.
Der Vorschlag für eine internationale
Koalition ist praktikabel und strategisch klug. Berücksichtigt
man die Natur dieses (neuen) Krieges, benötigen wir die dauerhafte
Kooperation anderer Regierungen, um Verhaftungen vorzunehmen, Schlupflöcher
auszuheben, Bankkonten zu schliessen und um Unterstützergruppen
aufzulösen. Politische Allianzen sind zum Gegenstand nationaler
Sicherheit geworden.
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Aber ein wesentliches Gebot ist
zu berücksichtigen. Die Vereinigten Staaten dominieren die Welt
in einer Weise, die zwangsläufig Neid, Ärger und Opposition
hervorruft. Das ist die Folge unserer Macht und wir müssen einige
Dinge unterlassen. Wenn wir unsere Macht maskieren - Sorry - indem
wir mit solchen Institutionen wie dem UNO Sicherheitsrat zusammenarbeiten,
sind die Vereinigten Staaten möglicherweise für viele auf
der Welt leichter zu ertragen.
Nun zu Israel. Das ist offensichtlich
eines der zentralen und brisanten Probleme dieser Region. Aber das
ist ein Problem, dessen Lösung wir nicht den Arabern offerieren
können - die Auslöschung dieses Staates. Wir können
unter keinen Umständen unsere Verpflichtung für die Existenz
und die Sicherheit Israels aufgeben. Ebenso können wir nicht
von unserer Politik zur Isolierung Saddam Husseins abgehen. Er entwickelt
Massenvernichtungswaffen.
Unsere Politik gegen Saddam hat
versagt. Wir haben keine Inspektoren im Iraq, es gibt Sanktionen,
hungernde Iraker und er setzt die Entwicklung chemischer und biologischer
Waffen fort. Der Weg zur Neuorientierung unserer Politik muss darin
bestehen, den Druck auf Saddam auszurichten und nicht auf sein Volk.
Setzt ihn militärisch unter Druck, aber schadet nicht der Wirtschaft
des Iraq allgemein. Eine schwierige Frage, was wir gegen Saddam tun
können. Es gibt keine einfache Antwort. (Die Besetzung des Iraq,
gesetzt den Fall, wir wären dazu in der Lage, scheint beim gegenwärtigen
Klima keine gute Idee zu sein.)
Bei Israel sollten wir klar unterscheiden
zwischen seinem Recht auf Existenz und seiner Besetzung der West Bank
und des Gaza Streifens. Erstens sollten wir so unnachgiebig sein,
wie immer, aber zweitens sollten wir die Bemühungen zu einer
endgültigen Lösung auf der Linie weiterführen, die
von Bill Clinton und Ehud Barak ausgearbeitet wurde. Wir sollten das
nicht nur tun, weil es die Temperatur in der Arabischen Welt senken
wird, sondern weil es richtig ist, das zu tun. Israel kann nicht eine
Demokratie sein und gleichzeitig drei Millionen Menschen gegen ihren
Willen unterdrücken und militärisch beherrschen. Das ist
schlecht für Israel, schlecht für die Palästinenser
und schlecht für die Vereinigten Staaten.
Aber politische Veränderungen,
klein oder gross, sind nicht das Herzstück des bevorstehenden
Kampfes. Die dritte, lebenswichtige Komponente dieses Kampfes ist
eine kulturelle Strategie. Die Vereinigten Staaten müssen dem
Islam helfen, in die moderne Welt einzusteigen. Das hört sich
wie eine unerfüllbare Herausforderung an, aber wir haben keine
andere Wahl. Amerika - und die ganze Welt - sehen sich einer schrecklichen
Verunsicherung gegenüber, die nicht beseitigt werden kann, ohne
dass wir den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruch
stoppen, der die Ursache des arabischen Zorns ist. Während des
Kalten Krieges entwickelte der Westen Myriaden von Strategien, um
das Ansehen des Kommunismus zu diskreditieren, die Demokratie attraktiv
zu machen und um offene Gesellschaftsordnungen zu fördern. So
etwas ähnliches müssen wir tun, um diese kulturelle Auseinandersetzung
zu gewinnen.
Als erstes haben wir den moderaten
arabischen Staaten zu helfen, aber unter der Bedingung, dass sie sich
der Moderne zuwenden. Zu lange haben sich Regime, wie das in Saudi
Arabien mit religiösen Extremisten eingelassen. Sogar Ägypten,
das immer den Fundamentalismus angeprangert hat, erlaubt ihnen die
Medien zu kontrollieren und besessen gegen Amerika und Israel zu wettern.
(In einer Weise, wie sie gegen die Diktatur, unter der sie leben,
nicht vorgehen.) Aber viel entschiedener müssen wir die moderaten
Araber davon überzeugen, dass sie auf ihr Volk einwirken um den
Leuten klar zu machen, dass der Islam durchaus mit einer modernen
Gesellschaftsordnung kompatibel ist, dass es erlaubt ist, dass Frauen
arbeiten, dass Bildung erstrebenswert ist und dass Leute mit anderem
Glauben willkommen sind. Einiges davon werden sie tun - der 11. September
war ein Weckruf für viele.
Das Regime der Saudis hat die
Taliban verurteilt und die Beziehungen zu ihnen abgebrochen. (Ein
Regime das sie benutzt haben, um einen rigiden Islam zu glorifizieren.)
Die ägyptische Presse befürwortet militärische Aktionen.
Die Vereinigten Staaten und der Westen sollten den eingeschlagenen
Kurs weiterführen. Wir können moderate Muslime finanzieren,
Gruppen, Gelehrte und Sendeanstalten mit frischem Denken. All das
zielt darauf ab, die Macht des Fundamentalismus zu brechen.
Natürlich müssen wir
Afghanistan beim Aufbau einer neuen politischen Ordnung unterstützen,
sobald wir das Taliban Regime ausgeschaltet haben. Aber darüber
hinaus haben wir auf die Nationen der arabischen Welt einzuwirken
- und andere, wie Pakistan - sich zu öffnen, zu reformieren und
Legitimation zu erlangen. Wir müssen mit diesen Regimen wirtschaftliche
Beziehungen aufbauen, so wie wir es mit Südkorea und Taiwan während
des Kalten Krieges getan haben. Für die, die argumentieren, wir
sollten uns nicht bei der Entwicklung von Nationen (nation-building)
engagieren würde ich sagen, Aussenpolitik ist keine Theologie.
Ich bin selber skeptisch in dieser Sache gewesen. Aber wir haben keine
andere Option, als zu diesem Geschäft (der nation-building) zurückzukehren.
Es sieht wie eine unlösbare
Aufgabe aus, aber es gibt viele ermutigende Anzeichen. Al Qaeda ist
nicht mächtiger, als die vereinigte Kraft vieler entschlossener
Regierungen. Die Welt ist tatsächlich unter Führung Amerikas
vereinigt und vielleicht erleben wir das Entstehen einer neuen, globalen
Gemeinschaft, die uns auch in vielen anderen Bereichen der internationalen
Beziehungen Fortschritte bringen kann. Am wichtigsten ist, dass der
islamische Fundamentalismus nicht mehr die Meinung der Mehrheit der
muslimischen Menschen zum Ausdruck bringt. In Pakistan haben die fundamentalistischen
Parteien noch mehr als 10 % der Stimmen. Im Iran, der Erfahrungen
mit dem brutalen Puritanismus der Mullahs besitzt, sehnen sich die
Menschen nach Normalität. In Ägypten besitzen die Fundamentalisten
trotz aller Repressionen eine potente Macht, aber sie ist nicht sehr
dominant.
Wenn der Westen dem Islam helfen
kann, in Würde und friedlich in die Moderne einzutreten, wird
er damit mehr erreichen als nur Sicherheit. Die Welt wird verändert
sein.
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