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POSITIONEN
NEUE MEDIEN
AN DER BURG GIEBICHENSTEIN
Prof. Dr.- Ing. Jürgen Albrecht
Berufungsgebiet: Rechnergestützter Entwurf
1. Absehbare
Entwicklung der Informationstechnologien (IT)
- Das Innovationspotential im Bereich IT ist weiterhin
sehr hoch. Die Entwicklung lief und läuft schneller, als alle Spezialisten erwartet
haben. Das gilt für Hardware, Software mit Werkzeugcharakter und für digitale
Produkte.
- Systeme, die menschliche Intelligenz besitzen, sind
nicht in Ansätzen vorhanden und in den nächsten 10 Jahren auch nicht zu erwarten. Es
fehlt das geeignete Modell des menschlichen Denkens.
- Das größte Entwicklungspotential besitzen heute
die Bereiche Internet, Multimedia, digitaler 3D-Modellbau, Virtuelle Realität (VR) und
neue Interaktions- und Interface-Lösungen.
- Die Komplexität von Hard- und Software nimmt weiter
zu. Die einfache Bedienung komplexer Systeme ohne Lernaufwand ist eine
Illusion.
- Die Durchdringung des wirtschaftlichen, kulturellen
und soziale Lebens der Gesellschaft durch IT beträgt heute in Deutschland mindestens 60%,
in 10 Jahren wird sie in vielen Bereichen nahe 100% liegen.
- Gegenwärtig vollzieht sich international der
Übergang vom reinen Gebrauch digitaler Werkzeuge zur Entwicklung und Gestaltung digitaler
Produkte.
- In diesem Prozeß spielen rechnerinterne,
dreidimensionale Modelle die entscheidende Rolle, weil sie nicht nur die Basis von CAD/CAM
sind, sondern auch bei VR, Video, Multimedia, Internet und im Grafikdesign zunehmend
eingesetzt werden.
- Damit wird der digitale 3D-Modellbau (3D-Modeling)
in den nächsten Jahren zur entscheidenden Grundlagendisziplin im Bereich der digitalen
Techniken.
- Zwei verschiedene Bereiche sind beim 3D-Modeling zu
unterscheiden: CAD-Modeling (Konstruktion maßgerechter Modelle) und VR-Modeling (frei
Hand Modellierung).
- CAD-Modeling und VR-Modeling schließen das
Rendering ein (fotorealistische Modelle). Sie schaffen aber qualitativ unterschiedliche
Modelle (für qualitativ unterschiedliche Zwecke) und arbeiten mit verschiedenartigen
Generierungsverfahren und Softwaresystemen.
- An diesem Prozeß sind Designer nur beteiligt, wenn
sie (möglichst virtuos) mit den IT-Techniken umgehen können.
- Die IT-Branche in Deutschland beklagt das Fehlen von
75.000 Fachkräften. Mindestens 25% dieser Fachkräfte sind auf IT spezialisierte
Designer. Dieser Trend setzt sich international fort (US-Headhunter sind weltweit im
Einsatz).
- Schon heute kann keiner mehr das Gesamtgebiet IT
übersehen, viel weniger noch beherrschen: Spezialisierung ist erforderlich.
- Es ist nicht absehbar, daß das Monopol von
Microsoft und Intel im PC-Bereich in den nächsten 5 bis 10 Jahren gebrochen wird.
- Rechnerleistung und Speicherplatz stehen schon heute
fast unbegrenzt zur Verfügung. Es gibt kaum Anwendungsfälle, die diese Performance
nutzen können: Eine neue Art von Softwarekrise.
- Für das Preis-Leistungs-Verhältnis der Hardware
gilt auch in den nächsten 5 Jahren: Alle 18 Monate die doppelte Leistung für das gleiche
Geld.
- Das wird schon in den nächsten 5 Jahren zu einer
Inflation bei Hard- und Software führen: PCs kosten soviel, wie heute ein guter
Staubsauger, Standardsoftware gibt es umsonst dazu.
- Der PC ist jetzt dabei, einschließlich Peripherie
und Internetanschluß, zu einem Haushaltsgerät zu werden, das Computer, Radio, TV und
Telefon in sich vereint. Seine Nutzung wird zu einer selbstverständlichen Kulturtechnik.
Computerverweigerer sind die Analphabeten der Zukunft.
2. Lehre im Bereich
Informationstechnologien (IT)
- Informationstechnologien (digitale Techniken, neue
Medien) sind selbstverständlich in die Lehre einzubeziehen, weil sie die Grundlage der
Informationsgesellschaft sind (dritte industrielle Revolution).
Durch IT wird die Verbreitung, die Verarbeitung und der Umgang mit menschlichem Wissen
global und grundlegend auf eine neue, technische Basis gestellt.
- Es ist ein staatlich gefördertes Bildungsziel,
Studenten auf diese Entwicklung vorzubereiten, mit deren Auswirkungen sie im Berufs- und
Privatleben auf Schritt und Tritt konfrontiert werden.
- Es ist ein Übergangsstadium, daß die Lehre im
Bereich IT derzeitig fast ausschließlich vom Medienzentrum und nicht vorwiegend von den
Fachbereichen wahrgenommen wird und sich auf ausgewählte, digitale Werkzeuge beschränkt.
- Werkzeuge und digitale Produkte sind inzwischen so
komplex, daß ihre Beherrschung bzw. ihre Produktion mit Wahlpflicht- und fakultativen
Veranstaltungen nicht mehr ausreichend zu vermitteln ist. Der professionelle Umgang mit
diesen Techniken durch Studenten oder Absolventen ist unter diesen Umständen nur in
Ausnahmefällen zu erreichen.
- Der Anteil der Informationstechnologien in den
Lehrinhalten an der Burg Giebichenstein muß dringend auf eine neue Grundlage gestellt
werden.
- Eckpunkte eine solchen neuen Orientierung sind:
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- |
Integration spezifischer
IT-Inhalte in die Lehre aller Fach- und Querschnittsgebiete |
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- |
Fachübergreifende
Spezialangebote |
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- |
Erweiterung der Angebote
in Richtung WebDesign, Multimedia, Sound und Video |
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- |
Installation
grundständiger IT-Studiengänge zum Design digitaler Produkte |
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- |
Aufbau spezieller
Digital-Werkstätten und gemeinsame Nutzung von Recourcen |
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- |
Langfristige
Kooperationsbeziehungen mit IT-Partnern der freien Wirtschaft |
- Bei digitalen Produkten sind die technischen Mittel
der Gestaltung und die Gestaltung selbst so komplex und spezifisch, daß ihre Beherrschung
ein eigenständiges Studium voraussetzt.
- Die baldige Einrichtung grundständiger
Studiengänge ist für die Zukunft der Burg Giebichenstein von größter Bedeutung. Es
existiert ein großer Bedarf nach solchen Studienplätzen und in der freien Wirtschaft ein
großer Mangel an Absolventen dieser Fachrichtungen.
- An der Einrichtung grundständiger Studiengänge
wird gearbeitet, Konzepte dazu wurden von den Professoren Dr. Kolbe, Hanisch, Kühnle und
Dr. Albrecht erarbeitet.
- Über HBFG-Anträge, Drittmittel und andere
Finanzierungsmöglichkeiten ist zu erreichen, daß Hard- und Software an der Burg
Giebichenstein weiterhin dem wissenschaftlich-technischen Höchststand entsprechen.
- Das Rechenzentrum erlangt zunehmend eine
zentrierende Bedeutung für die Hochschule: Es hat die Verfügbarkeit der gesamten
IT-Technik zu sichern und muß zu diesem Zweck technische Standards für die Hochschule
setzen.
3. Design und IT in
den nächsten 10 Jahren
- Studienanfänger haben Kenntnisse von Computer-Hard-
und Software und den Betriebssystemen. Sie können damit Texte und Grafiken erstellen und
layouten sowie Pixelbilder bearbeiten. Die Lehre zu IT an der Burg Giebichenstein muß
diese Kenntnissen voraussetzen.
- Alle Studenten verfügen über private Computer mit
Internetanschluß, Drucker und Scanner. Sie loggen sich in das Intranet der Hochschule
ein.
- Internet und Intranet sind selbstverständliche
Arbeitsmittel für Lehrende und Studenten: Recourcen, Informationen, Kommunikation,
Veröffentlichungen, Studienorganisation, Lehrmaterial, Belegarbeiten usw.
- Fachspezifische Informationstechnologien sind in die
Lehre aller Fach- und Querschnittsbereiche integriert. Der dafür aufgewendete Zeitanteil
ist (notgedrungen) wesentlich höher als heute.
- Für die Präsentation gestalterischer Entwürfe in
allen Fachbereichen spielen fotorealistische 3D-Modelle als Grundlage für Bilder, Videos
und VR-Darstellungen die entscheidende Rolle. Gründe dafür sind: Anschaulichkeit,
Flexibilität, Ökonomie der Zeit und Druck aus der Wirtschaft.
- 3D-Modelle von Entwürfen werden zur Präsentation
und als Entscheidungshilfe für Marketing und Produktion mit Rapid-Prototyping-Verfahren
physisch hergestellt.
- Digitale Produkte erfordern ein spezielles Design.
Dieses Design (z.B. für Software, Multimedia-Produkte, WebPages, virtuelle Welten,
digitale Spiele usw.) ist Gegenstand grundständiger IT-Studiengänge an der Burg
Giebichenstein. Im Projektstudium werden gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft
digitale Produkte produziert.
- Der gestalterische Arbeitsprozeß ist in seinen
kreativen Phasen nicht von digitalen Techniken abhängig, weil dafür keine Werkzeuge in
Sicht sind.
- Ein methodisches Spezialproblem ist die
fachspezifische Arbeitsteilung und organisation bei der Produktion digitaler
Produkte: Es gibt kaum einen Entwurf. Der Entwurf ist das Produkt !
- An der Burg Giebichenstein ist eine
designorientierte Forschung am Gegenstand IT installiert. Grundständige IT-Studiengängen
sind die Voraussetzungen dafür, daß Forschungsarbeiten beispielsweise zu folgenden
Schwerpunkten durchgeführt werden können:
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- |
Erprobung neuer
IT-Techniken zusammen mit Herstellerfirmen |
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- |
Interface-Design und
Entwicklung neuer Interaktionstechniken |
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- |
Grundlagen und Verfahren
einer IT-Methodik |
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- |
Designstudien für neue,
digitale Produkte |
4.
Weiterführende Informationen im Internet
Diese POSITIONEN wurden auf Anregung
der Studenten
Maike Tiedemann und Martin Wipperfürth
für ihr Projekt Standpunkte erarbeitet.
AL / Berlin, 22. August 1998 / 24.
November 1998 / 15. Januar 1999 / 19. März 1999
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