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Die Heuchler vom ND


Es gibt sie immer noch, die Zeitung NEUES DEUTSCHLAND, das frühere "Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands". Also das Sprachrohr der SED und damit der Machthaber der DDR. Heute heißt die Zeitung noch so, schreibt sich aber "Neues Deuschland" und ist jetzt "PDS-nah". Also angeblich nicht das "Zentralorgan der PDS". De facto aber doch.

Die Zeitung war 'Volkseigentum' und gehört jetzt der PDS. Sie unterstützt den linken Kurs der PDS und ist für meine Begriffe die Zeitung, mit der ehemalige Ideologen und geschickt gewendete Parteikader weiterhin versuchen, sozialistische Ideen unter das Volk zu bringen. Die Zeitung wird aber nur noch von denen gelesen, die der DDR nachtrauern. Das sind viele, die gut in der DDR gelebt haben, weil sie mehr oder weniger mächtig waren. Ein Nachbar - auch immer noch ein "guter Genosse", steckt mir die Zeitung manchmal in den Briefkasten. Ich weiß nicht, welche Hoffnungen er damit verbindet.

Diese Zeitung hat wenig Anzeigen. Aber es gibt Rubriken wie "Grüße" und "Denkzettel". Bei "Grüßen" stehen dort Anzeigen wie diese (Text ist original):

Werter Genosse Vater,
zu Deinem Geburtstag
beste Grüße
und bleibe weiter die Rote Socke,
die Du immer warst !
Dein Sohn Hans

Unter dem Stichwort "Denkzettel" lassen sich die Leute über die schlechte Welt aus, ziehen über die jetzt

 

Mächtigen her und verbreiten die illusionären Schlagworte, die sie vierzig Jahre lang gelernt haben. Das ist reineweg zum Kotzen.

Im ND möchte ich folgende Anzeige unter der Rubrik "Denkzettel" aufgeben:

Liebe, Gute Genossen!
Ihr, die Ihr hier jammert
über die schlechten Zeiten und
die bösen Menschen ...
Ihr hattet die Macht und 40 Jahre Zeit
alles das zu realisieren,
was Ihr jetzt von anderen fordert.
Diese Chance habt Ihr borniert
und dilettantisch verspielt.
Jetzt haltet wenigstens den Mund.

Aber ich werde die Anzeige nicht aufgeben. Das kostet mindestens 80 DM und es ist eine Spende für die PDS. Eine Wirkung wird damit nicht erreicht. Keiner wird sich bescheiden, keiner wird sich ändern.

Erst die neuen Generationen werden anders denken. Aber auch dann wird es wieder Leute geben, die an das Gute im Menschen glauben und daran, daß man ihn ändern und damit eine bessere Welt schaffen kann. Wie herrlich eignet sich der Sozialismus als Religionsersatz!!

Diese Utopie wird nicht untergehen. Aber ich hoffe, man hat wenigstens soviel gelernt, dass es 40 Jahre sozialistische Experimente mit lebenden Menschen in den nächsten 500 Jahren nicht noch einmal geben wird.
Wetten dass ...??

Jürgen Albrecht, 21. Oktober 1993

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