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Fragen zur Gentechnik - Keine Antworten

Seit mindestens 25 Jahren gibt es die Gentechnologie. Es wird geforscht, um den in der DNS verborgenen genetischen Code des Menschen zu entschlüsseln. Erst damit kann die Frage beantwortet werden, wie sich aus einer befruchteten Eizelle ein ganz konkreter Mensch entwickelt. Die Forschungen sind heute in vollem Gange, die gesamte DNS wurde in Teile zerlegt, viele Teams forschen arbeitsteilig. Man hat sich das Ziel gesteckt, bis zur Jahrtausendwende den gesamten Code zu kennen. Ich bin skeptisch, ob das so schnell gelingen wird.

Für einen Methodiker ist die jetzt gewonnene Erkenntnis verblüffend, daß es eine ganz deutlich hierarchische Struktur in dieser DNS gibt. Sogenannte Hox-Gene steuern die parallelen Entwicklungsprozeße vom befruchteten Ei bis zum fertigen Lebewesen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie aus der Frühzeit der Evolution stammen. Ein Ingenieur mit der Aufgabe, ein Steuerprogramm für einen komplexen technischen Prozeß zu schreiben, würde dieses Programm strukturieren. Zuerst würde er nach den Teilprozessen fragen und deren Hierarchie und Relationen bestimmen. Das wäre besonders dann zwingend, wenn der Prozeß mehrkanalig funktionieren soll.

Genau so ist die Natur vorgegangen. Die Hox-Gene sind praktisch das Steuerprogramm des sich parallel vollziehenden Wachstumsprozesses. Sie koordinieren den Gesamtprozeß und setzen Bedingungen, nach denen Detailentscheidungen getroffen werden und Teilprozesse ablaufen. Dieses Prinzip wurde von der Natur offensichtlich vor 600 Millionen Jahren 'erfunden'. In einer späten Phase der Evolution, das Leben hat schon 2000 Millionen Jahre früher begonnen (wie hat es begonnen?!).

Welcher Ingenieur kam auf dieses absolut sinnvolle methodische Vorgehen? Diese neue Strategie hatte entscheidende Konsequenzen für die weitere Entwicklung des Lebens. Sie ist offensichtlich der Grund dafür, daß alle höheren Lebewesen einen sehr ähnlichen Bauplan aufweisen: Symmetrieachse, ähnlicher Stoffwechselkreislauf, ähnliche Sensoren, ähnliche 'periphere Geräte' (Krallen, Flossen, Hände). Vergleicht man dagegen die niederen Lebensformen, die älter als 600 Millionen Jahre sind, dann ist eine wesentlich größere Vielfalt (Streuung) zu beobachten.

 

Das ist irre, wahnsinnig interessant, faszinierend! Wie kann es in einem Universum ohne Gott zu einer solchen Intelligenzleistung kommen? Ist es das Ergebnis von Trial and Error ?? Gibt es bei Leben auf anderen Planeten gleiche oder andere 'Technologien'? Das ist genau so wenig zu beantworten wie die Frage nach einer übergreifenden Intelligenz im Weltraum. Der in seiner Wahrnehmung doch sehr beschränkte Mensch ist schnell an der Grenze seiner Erkenntnis.

Ein anderes Thema beschäftigt derzeitig die Schlagzeilen: Die patentierte Krebsmaus. In den USA soll ein Patent auf eine genmanipulierte Maus erteilt werden, die garantiert im Laufe ihres Lebens an Krebs erkrankt. Die Genforscher und die Pharma Industrie brauchen so etwas. Eine juristische Frage ist zu entscheiden: Ist das Produkt ein Ergebnis menschlichen Erfindungsgeistes (patentierbar), oder nur die Variation von etwas, was bereits existiert. Mir scheint, die Frage ist eindeutig zu beantworten.

Nach der Analyse ist die Synthese möglich und sie ist das Ziel dieser Forschungen. Sobald der genetische Code oder Teile davon bekannt sind, existiert damit auch sofort das Handwerkszeug zur Veränderung des entsprechenden Lebewesens über die Manipulation seiner DNS. Hier stellt sich die entscheidende Frage nach Moral und Ethik. In welchem Maß soll / darf der Mensch die Natur manipulieren?? Die genetisch bedingte Neugier des Menschen wird ihn zu jeder Art von Synthese verleiten, sobald er dazu das Wissen und die technischen Möglichkeiten besitzt. Das Problem liegt wieder in der Methode: Viel mehr als Trial and Error steht dem neugierigen Menschen nicht zur Verfügung!

Hier tut sich eine Gefahr auf, die in der gleichen Größenordnung liegt, wie die Nutzung der Atomphysik und der ungebremste Verbrauch der begrenzten natürlicher Recourcen. Dem Menschen sind mit seiner Intelligenz technische Mittel in die Hand gegeben, die er mit seinen in der Steinzeit gewachsenen und fixierten Wert- und Moralvorstellungen nicht mehr ausreichend kontrollieren kann. Die Schere zwischen Möglichkeit und Kontrolle wird immer größer.

Jürgen Albrecht, 26. November 1995

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