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Das Wurstblatt der ostdeutschen Seele

Die Zeitschrift SuperIllu ist ein Phänomen auf dem Zeitschriftenmarkt: Sie wird von einem Wessi gemacht und nur im Osten verkauft, im Westen kennt sie keiner und würde sie auch keiner kaufen. Die bunte Zeitschrift entstand kurz nach der Wende, wahrscheinlich im Jahr 1990. Sie ist so flach und populistisch aufgemacht, wie alle anderen bunten Blätter im Westen schon immer waren. Ihr Markenzeichen aber ist der Ossi und seine alltäglichen Probleme.

An dieser Zeitschrift sieht man, wie weit Ost und West noch auseinander sind. Die unterschiedliche, auf beiden Seiten unbewältigte Vergangenheit, die Ungerechtigkeiten zwischen Ost und West, das deutlich geringere Einkommen im Osten, die Naivität der Ossis gegenüber westdeutschen Geschäftemachern und die Ostalgie – die Verklärung der DDR-Vergangenheit – das sind die Themen dieses Blattes.

Und daß man hier punktgenau der Zielgruppe aufs Maul schaut und platte, aber strikt ostspezifische Klischees bedient, beweisen die Verkaufszahlen. Ich habe keine aktuellen Werte (wenn ich was finde, reiche ich es nach), aber es gibt eine stabile und sehr zahlreiche Leserschaft. Das Phänomen ist, daß es nur und fast ausschließlich ehemalige DDR-Bürger sind. Im Westen ist dieses Blatt nicht absetzbar.

Diese Zeitschrift ist ein Stimmungsbarometer. Solange es die SuperIllu gibt, sind noch nicht alle ehemaligen DDR-Bürger gestorben, gibt es noch einen deutlichen Riß zwischen Ost- und Westdeutschland und ist es noch weit, bis zusammengewachsen ist, was pro forma seit 1990 zusammen gehört.

Jürgen Albrecht, 03. November 1997

 

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