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Werbung über Post und Internet

Immer, wenn ich nach drei bis vier Tagen aus Halle wieder nach Berlin zurück komme, ist mein Briefkasten voll Papier. Was mich wirklich angeht sind ein paar Geschäftsbriefe, ganz selten, daß ich mal wirklich private Post bekomme. Vielleicht 10 Mal im Jahr und davon neunmal zu Weihnachten. Die schöne Kulturtechnik des Briefeschreibens gibt es nicht mehr. Alles, was sich sonst im Briefkasten befindet, ist Werbung. Das geht von speziellen Zeitungen und Zeitschriften über Postwurfsendungen von der Scientology bis zum Fernsehreparateur. Auch Proben von Waschmitteln und Kataloge auf CD landen inzwischen im Briefkasten. Manche Dinge sind aufwendig gestaltet, Hochglanz, spezielle Kartonagen, teuer. Die sind dann an Herrn Prof. Dr. adressiert und da geht es dann um Geldanlage oder Immobilien. Ich schmeiße schon am Briefkasten alles weg, was nicht in einem Umschlag steckt. Umschläge kann ich ohne Brille nicht so schnell identifizieren, also nehme ich sie mit nach oben. Da kommen dann meistens Kaffeefahrten, Werbeeinladungen und auch wieder Immobilien zum Vorschein. Auch das wird rigoros weggeworfen. Aber eine Kaffeefahrt muß ich mal wieder mitmachen, das war hochinteressant ...

Ich wundere mich immer, was da für Material zu Müll verarbeitet wird! Das müssen allein in Berlin täglich viele Tonnen Papier sein. Alleine in unserem Haus sind es mindestens täglich 25 Kilo Papier, die vom Briefkasten direkt in den Mülleimer wandern. Unverantwortlicher Umgang mit den natürlichen Recourcen.

Jetzt geht es damit auch im Internet los. Ich habe seit ca. 2 Jahren eine private E-Mail-Adresse. Vor einem halben Jahr habe ich die erste Werbe-Mail bekommen. Jetzt bekomme ich pro Woche vielleicht drei solche Mails. Es wird vor allen Dingen Software angeboten. Diese Mails kann ich nachvollziehen, denn das sind Firmen, bei denen ich mal Software bestellt habe. Jetzt teilen sie mir mit, daß es ein Update gibt. Aber es wird auch für viele andere Dinge geworben. Einer rät mir seit Monaten penetrant, ich sollte doch Offshore-Investor werden. Ein anderer will mir Informations-Leistungen übers Netz verkaufen und der Clou von gestern: Auch erotische Abenteuer werden bei Bedarf für mich organisiert. Ich brauche mich nicht mehr selber um einen Seitensprung bemühen, Hauptsache ich bezahle, dann muß ich nur noch detailliert meine Wünsche deklarieren, den Rest erledigt die Datenbank.

Es ist sehr schwer, sich von solchen Mails zu schützen. Eine rechtliche Handhabe gibt es nicht (Landesgrenzen werden mühelos übersprungen) und wenn man nur die Mails filtert, deren Adressaten man kennt und die man haben will, dann ist das Mail-Prinzip stark eingeschränkt. Aber das Ganze ist ein international als lästig empfundenes Problem. Mal sehen, auf welche Spielregeln man sich (vielleicht) einigt. Noch kann ich es aushalten, es kostet mich nur ein paar Minuten und ich weiß, ob ich das Ding löschen kann oder nicht.

Jürgen Albrecht, 09. Dezember 1997

 

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