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Digitale Fotografie

Höchstens seit drei Jahren gibt es digitale Fotoapparate auch für den privaten Bereich. Die digitale Bildbearbeitung hat sich schon vor mehr als zehn Jahren in der professionellen Druckvorstufe etabliert. Seit fünf Jahren aber gibt es auch billige und leistungsfähige Bildbearbeitungssoftware für den normalen PC. Das liegt auch daran, daß man erst ab den 486-er Prozessoren von Intel auch wirklich die Rechenleistung zur Verfügung hatte, die man für die Bildbearbeitung braucht. Jetzt ist mit den Prozessoren um 1 GHz, die für nächstes Jahr für die PC's angekündigt sind, wieder eine qualitative Wende in Sicht: Mit diesen Maschinen kann man in vernünftigen Zeiten rendern und damit kommt die Zeit der 3D-Welten, der fotorealistischen, aber virtuellen Bilder und der digitalen Videos.

Dagegen steckt die digitale Fotografie noch in den Kinderschuhen. Um urteilsfähig zu sein, muß man die vorhandene Technik ausprobieren. Deswegen hat mir das Institut CA&D eine Digitalkamera gekauft. Vor einer Woche habe ich mir die Kodak DC 120 ausgesucht und bei Foto Klinke zurücklegen lassen. Am vergangenen Freitag war sie bezahlt: 1500 DM plus 350 DM für eine Speicherkarte 10 MB. Ich habe sie abgeholt und das ganze Wochenende (mit Conny) damit gespielt. Jetzt weiß ich, was vom Stand der Technik zu halten ist:

Das entscheidende Qualitätskriterium für digitale Kameras ist die Bildgröße in Pixel. Die besten Kameras erreichen Größen von 1536 x 1024 Pixel (Canon PowerShot Pro 70). Die DC 120 hat eine Auflösung von 850 x 984 und interpoliert bei Bedarf auf 1200 x 960 Pixel. Das ist genau das richtige Format für das Internet. Dort braucht man Bilder, die maximal 800 x 600 Pixel groß sind. Die DC 120 liefert ohne Interpolation Bilder dieser Größe, die man dann noch etwas beschneiden kann. Nachteilig ist, daß sie in einem Kodak-eigenen Format '*.KDC' abgespeichert werden. Beim Übertragen der Bilder von der Kamera auf den PC können diese Dateien mit einer mitgelieferten Spezialsoftware dann in *.JPG, *.TIF oder *.BMP konvertiert werden. Die Farbtiefe liegt bei allen Kameras zwischen 24 und 30 Bit (DC 120 = 30 Bit). Die Empfindlichkeit schwankt von 100 bis 200 ISO. Die DC 120 hat 160 ISO. Es wäre gut, wenn die Empfindlichkeit doppelt so hoch wäre und man sie verstellen könnte.

Vorteilhaft ist auch ein optischer dreifach Zoom. Damit hat man Spielräume bei der Motivwahl. Das scheint mir absolut notwendig zu sein. Es gibt Kameras, die haben sogar einen zehnfachen, optischen Zoom. Die DC 120 hat noch weitere Annehmlichkeiten. Sie reichen von Autofocus, Blitz und Macro-Modus bis zum kamerainternen Bildspeicher von 2MB (zu wenig). Mit den Bilder können Informationen gespeichert werden. Die verschwinden aber mit der Übertragung auf den PC.

Es gibt zehn Alben (Directorys), in die man die Bilder sortieren kann. Das halte ich für eine Kapazität von maximal 150 Bildern für etwas überzogen. Der Monitor ist gut für die Kontrolle und kann auch als Sucher eingesetzt werden. Der Stromverbrauch ist bei der DC 120 von allen Kameras deutlich am geringsten. Trotzdem empfiehlt sich ein Netzgerät. Bei der Übertragung der Bilder von der Kamera auf den PC muß die Kamera eingeschaltet sein und das Überspielen kann ein bis zwei Stunden dauern!

Wo liegen die Schwachstellen: Heute ist die größte Schwachstelle die Bildauflösung. Solche Bilder sind ideal für das Internet aber keine Konkurrenz für die chemische Color-Fotografie. Erst wenn die Auflösung mindestens um den Faktor 5 höher ist, steht die Ablösung des bewährten Farbfilms zur Debatte. Ein weiteres Problem ist die Datenspeicherung. Es gibt mehrere konkurrierende Systeme von Speicherkarten. CompactFlash-Karten sind teuer und 10 MB ist nicht viel Speicher. Man hilft sich mit Bildkomprimierung. Die DC 120 hat vier verschiedene Stufen. Aber nur zwei sind benutzbar, sonst wird die Bildqualität auch für das Internet zu schlecht. Mit einer 10 MB-Karte kann man mit der zweiten Komprimierungsstufe ca. 45 Bilder aufnehmen. Wie kommen die Bilder in den PC? Eine Spezialsoftware ist nötig und im Preis enthalten. Sie transferiert und konvertiert die Bilder. Das geht entsetzlich langsam. Wahrscheinlich würde es schneller gehen, wenn man die Flash-Karte aus der Kamera rausholen und in eine PCMCIA-Schnittstelle stecken würde. Das habe ich nicht probiert, ich habe ein solches (Notbook-) Interface nicht. Ein weiterer gravierender Nachteil: Die Transfer-Software läuft nicht unter Windows NT. Gott sei Dank habe ich noch eine Windows 3.11-Partition, ohne die hätte ich die Bilder überhaupt nicht auf meinen PC übertragen können. Die mitgelieferte Bildbearbeitungssoftware 'PhotoEnhancer' ist auf dem technischen Stand von 1993 stehen geblieben, eine Zumutung. Aber das Kabel, mit dem Kamera und Computer (seriell) verbunden werden, hat gepaßt. Die Übertragung klappte auf Anhieb.

Digitalkameras werden sich noch stark verändern. Was wir heute haben und sehen, ist erst der Anfang. Der Gebrauchswert wird sich stark verbessern. Gleichzeitig werden dabei die Preise deutlich fallen. Bald werden die Digitalkameras der fotochemischen Fotografie ernsthaft Konkurrenz machen. Aber es ist klar, worauf man bei Digitalkameras achten muß: Auflösung des CCD-Chips, Speichermedium, Stromverbrauch, Energiequelle, Empfindlichkeit, Farbtreue, optischer Zoom, schneller Autofocus.

In zehn Jahren wissen wir mehr!

Jürgen Albrecht, 22. Juni 1998

 

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