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Holocaust-Mahnmal und Antisemitismus
- unveränderter Text -

 

Prof. Dr.- Ing. Jürgen Albrecht
dr.albrecht@t-online.de
Leipziger Straße 47/16.03

10117 BERLIN - MITTE

Betrifft:  

DER SPIEGEL Montag, 30. November 1998, 18:16:23

 

 

Chefredaktion DER SPIEGEL
Brandstwiete 19

20457 HAMBURG

Kopie mit E-Mail an das Bundespresseamt

Sehr geehrte Damen und Herren,

eine sehr interessante und aktuelle Titelstory im heutigen SPIEGEL. Die MahnmalDebatte und Martin Walsers Rede berühren ein lange tabuisiertes Thema deutscher Innen- und Aussenpolitik. Augsteins Kommentar ist interessant und wie immer zu diesem Thema sehr mutig. Ich hoffe aber, dass seine pessimistische Prognose von der Wirklichkeit korrigiert wird und uns dieses peinliche Monument in Berlin erspart bleibt.

Wie unsinnig ein solches Mahnmal wäre zeigt sich, wollte man damit gleichzeitig das Thema Gerechtigkeit verbinden: Dann wäre die Gegend um das Brandenburger Tor vollgepflastert mit monumentalen Bauwerken, die mindestens an die versklavten Afrikaner, die ausgerotteten Inkas, die Auslöschung der Indianer, den Holocaust an den Juden und die von ihrem Land vertriebenen Aboriginals zu erinnern hätten. Wer angesichts dieser unsäglichen Völkermorde in der jüngeren Geschichte, die auch immer die Vernichtung ganzer Kulturen waren, von der Singularität des jüdischen Holocausts spricht, ist schlicht dem Hochmut verfallen.

Aus meiner Sicht ist es längst überfällig, dass die Deutschen ihr Verhältnis zu den Juden auf eine neue Grundlage stellen. Ein sehr schwieriges Thema, es ist durch den Holocaust und durch die Nachkriegsgeschichte schwer belastet. Ausserdem gibt es 'die Juden' nicht und völlig unterschiedliche Dinge werden hier in einen Topf gerührt:

Am klarsten ist noch die Position der Deutschen zu Auschwitz und der Judenvernichtung durch die Nazis. Ich kenne keinen ernst zu nehmenden Menschen, der das nicht als ein schreckliches Massenverbrechten ansieht, dass sich nie wiederholen darf. Leider sind nach 1945 nur wenige Nazis dafür in der Bundesrepublik zur Verantwortung gezogen worden: Ein rein deutsches Problem.

Auch kenne ich keinen, der in Deutschland Probleme mit den wenigen deutschen Juden hat, die noch oder wieder hier leben. Wo soll sich da ein Problem einstellen, wenn sie in die Synagoge gehen und ich (vielleicht) in die Kirche?

Ein Problem waren und sind die 'offiziellen' deutschen Juden, deren Repräsentant z.B. Herr Bubis ist. Ihr Interview mit ihm ist äusserst aufschlussreich, besonders wenn man zwischen den Zeilen liest. Ich z.B. würde niemals von meinem 'moslemischen' Steuerberater oder meinem 'christlichen' Friseur reden. Herr Bubis aber redet von einer jüdischen Anwältin, gleichzeitig aber von deutscher Normalität. Einfach intolerabel ist für mich die Tatsache, dass Herr Bubis aus einem Drittel der Deutschen (mindestens!) Antisemiten macht. Herr Bubis ist für mich ein ganz gewöhnlicher Lobbyist, wie es viele gibt. Gegen Leute mit diesem Beruf habe ich gar nichts. Aber dass er alle, die nicht seine Weltsicht teilen und /oder andere Interessen verfolgen, als Antisemiten denunziert, ist unerträglich.

Ein absolut nicht bewältigtes Thema von Vergangenheit und Gegenwart ist Israel. Es ist überfällig, dass Deutschland zu einem Staat, der permanent das Völkerrecht verletzt, auf Distanz geht. Und es ist grundsätzlich unzulässig, die Rechtsbrüche Israels gegen den Holocaust der Nazis aufzurechnen. Aber dass dieser unsinnige Zusammenhang seit Jahrzehnten politisch hergestellt ist, das haben der Lobbyist Bubis und seine Vorgänger erreicht. Wenn sich Herr Bubis offiziell äussert, geht es immer und ausschliesslich um die deutsche Vergangenheit und nie um Israel. Aber mit Sicherheit ist jeder in seinen Augen ein Antisemit, der es wagt, zum Staat Israel eine kritische Position einzunehmen.

Das Verhältnis der Deutschen zu den Juden muss auf die politische Tagesordnung. Aber dabei ist strikt zwischen Israel, Holocaust und den offiziellen Interessen der deutschen Juden zu unterscheiden. Und es darf nicht Herrn Bubis vorbehalten bleiben zu definieren, was Antisemitismus ist.

Ich bin mir sicher, dass sie zu dieser Titelstory viele ähnliche Leserbriefe bekommen. Ich würde mir sehr wünschen, dass DER SPIEGEL auch mal einige kritische Briefe veröffentlicht und sich nicht weiter den alten Tabus verpflichtet fühlt.

Die besten Grüssen von Berlin nach Hamburg !

Dr. J. Albrecht

 

 

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