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Monica und ihr Präsident

 

Amerika macht uns in diesen Monaten mal wieder vor, was wir unter Meinungs- und Pressefreiheit, aber auch unter Datenschutz und Schutz der Intimsphäre zu verstehen haben. Als Folge davon ruhten viele Wochen die politischen Geschäfte des Präsidenten der USA, denn er war nur damit beschäftigt, ständig seine Hosen wieder hochzuziehen, die ihm Sonderermittler, Gerichte und die Medien permanent runterzogen.

Bill Clinton ist ein volksverbundener Präsident. Ein richtiger Mann aus dem Volke: Clever steigt er in jedes sich bietende, schmutzige Geschäft ein (Whitewater). Von einem ungezügelten Machtwillen angetrieben, durch fehlende fachliche Kompetenz frei von Skrupeln und von seiner Frau gepusht, ist er Präsident geworden und will das unter allen, aber wirklich allen, Umständen auch bleiben. Und, wie es sich für einen richtigen Mann gehört, faßt er jeder Frau unter den Rock, die ihm über den Weg läuft.

Natürlich hat ein Präsident der Vereinigten Staaten viele Feinde. Sie suchen Tag und Nacht nach Angriffspunkten, um ihn zu diskreditieren und ihm das Leben als Präsident schwer zu machen. Der Präsident ist dumm genug, um ihnen jede Menge Munition gegen sich selbst zu liefern. Die Whitewater-Affäre konnte er noch geschickt überspielen. Aber schon damit war er privat finanziell ruiniert. Die Gerichtskosten haben sein Privatvermögen aufgefressen.

Bei seinen Affären mit unzähligen Frauen heizt er sich offensichtlich so hoch, daß sein Verstand schon weite Strecken vor und hinterher nicht mehr funktioniert. So blöd wie Clinton kann sich eigentlich kein Mensch in einer solchen Situation bewegen: Er denkt nicht an die Sekretärin, an die Sicherheitsleute vor der Tür, nicht daran, daß er als Präsident nicht eine Minute unbeobachtet ist, er denkt nicht an seine Reputation, nicht daran daß er Präsident einer Weltmacht ist, schon gar nicht denkt er an seine Frau und seine Tochter. Er lehnt sich im Oval Office, dem Machtzentrum der USA (es heißt jetzt Oral Office), an einen Türrahmen, holt seinen Schwanz raus und fordert eine Praktikantin auf, daran zu lutschen. Und das macht er nicht etwa einmal oder zweimal, sondern zwei Jahre lang. Wie blöd muß dieser Mann eigentlich sein??!

Diese Affäre mit der drallen Praktikantin Monica nahm ihren Anfang, als er schon mehrere öffentliche Verfahren früherer Geliebten, z.B. Paula Jones, am Hals hatte, die ihn wegen ‚sexueller Belästigung‘ vor Gericht zerren wollten und wollen. ‚Sexuelle Belästigung‘ ist in den USA seit Jahren ein Reizwort erster Güte und hervorragend geeignet, Millionen als 'Schmerzensgeld' vor Gericht zu erstreiten.

 

In diesem sexuell völlig verklemmten und heuchlerischen Land wurde es Mode, kleinsten Vorkommnissen in großen Prozesse zu millionenfachen Schadensersatzforderungen aufzublasen. Das hat sogar zur Änderung von früher ganz normalen Verhaltensweisen in diesem verlogen Land geführt. Heute fragen Leute, die sich anfangen zu verlieben ernsthaft: ‚Darf ich Dir in die Augen sehen??‘, weil so eine fast sexuelle Sache ohne Erlaubnis hoch gefährlich ist. Sie kann in einem Schadensersatz-Prozeß und dem Verlust des gesamten Vermögens enden. Und der Präsident dieses Landes, pimpert quasi öffentlich mit allen möglichen Frauen herum? Das kann nicht gut gehen.

Natürlich streitet der Präsident alles ab, auch noch, als die Beweise quasi eineindeutig sind. Er wurde des Meineids und der Falschaussage vor dem höchsten Gericht bezichtigt. Sonderermittler Starr schrieb alles auf, was die Leute seiner Umgebung gesehen hatten und was Monica unter Tränen aussagte. Der Präsident wurde des siebenfachen Meineids überführt. Jeder kann seine sexuellen Vorlieben jetzt nachlesen, der Bericht des Sonderermittlers wurde im Internet veröffentlicht. Der Chef des Pornoblattes HUSTLER bedankte sich persönlich bei Clinton: ‚Ich danke ihnen, denn Sie haben dafür gesorgt, daß pornographisches Material jetzt auch in allen Schulen und Bibliotheken zugänglich ist.‘

Der Präsident ist immer noch Präsident. Die Amerikaner sind plötzlich nicht mehr prüde, sondern sehr tolerant: Er macht seinen Job als Präsident besser als jeder andere vor ihm und sein Sexualleben ist seine Privatsache, meinen sie. Sie finden, ihr Billy ist ein toller Draufgänger, eben ein richtiger Amerikaner, so wie sich jeder einen Mann aus dem wilden Westen vorstellt. Die Affären sind noch lange nicht ausgestanden. Jetzt gehen die Trittbrettfahrer und Geschäftemacher ans Werk. Paula Jones zeigt freudestrahlend einen Scheck über eine Million Dollar in die Kamera: Schweigegeld, wenn Sie nicht mehr von sexueller Belästigung durch den Präsidenten redet. HUSTLER dreht einen Pornofilm nach der Vorlage des Starr-Reports. Das wird ein großer Renner und ein gutes Geschäft werden. Und mit Sicherheit wird Monica Lywinsky in absehbarer Zeit ihre Memoiren auf den Markt werfen. Mit neuen Details, die das Geschäft wieder neu ankurbeln.

Ist das alles wirklich wahr? Gehen so Menschen in diesem Jahrhundert miteinander um? Ist das die normale Verhaltensweise von Menschen in der gegenwärtigen ‚Hochkultur‘?

Nichts ist erfunden, alles ist die pure Realität und Alltag im Jahre des Herrn,1998.

Jürgen Albrecht, 03. November 1998

 

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