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Olympische Heuchelei

Wer hat wie dem Internationalen Olympischen Komitee das Recht gegeben, die Olympischen Spiele zu organisieren und zu vermarkten? Eines der vielen Rätsel dieser Zeit. Die Idee für die Olympischen Spiele der Neuzeit hatte Baron de Coubertain (wie schreibt man das?). Er wollte die Spiele reaktivieren, die im antiken Olympia vor 2000 Jahren stattgefunden haben. Sicher war schon damals der ideelle Anspruch wesentlich höher, als die schnöde Wirklichkeit. Aber im Vergleich zu den heutigen Verhältnisse muß das damals eine Veranstaltung von Utopisten und Philanthropen gewesen sein. Heute regiert auch hier wie überall nur das Geld und der Kommerz inklusive aller Nebenerscheinungen.

Das fängt bei diesem Olympischen Komitee an. Alles uralte Herren, die nichts machen, sondern nur meistbietend Rechte für die Ausrichtung dieser Spiele vergeben. Korruption und Bestechung sind bei der Vergabe Pflichtübungen. Jeder weiß es, jeder macht mit und spricht nicht darüber. Schamlos lassen sich die alten Männer mit Geld, Geschenken und jungen Mädchen aushalten. Sie kehren alle Vorwürfe unter den Teppich, weil sie einfach die Macht dazu haben. Wer Olympische Spiele ausrichten darf, macht damit so ein großes Geschäft und fährt einen riesigen Imagegewinn ein, daß diese Vorteile alles aufwiegen. Es gibt weltweit keinen besseren Reklametrick, als die Olympischen Spiele. Deshalb ist alles erlaubt, wenn man um die Gunst der IOC-Mitglieder buhlt. Auch Berlin hatte sich (vor 4 Jahren) um die Spiele im Jahr 2000 beworben. Vor ein paar Tagen erst sind die Untersuchungen um verschwundene Millionen von der Staatsanwaltschaft (man bedenke !! nicht vom Senat!) niedergeschlagen worden. Trotz unstrittigen Reißwolfaktionen, Lügen und finsteren Aktionen des damaligen Organisations-Chefs Axel Nawrocki, ein Fiesling erster Güte, der heute in Berlin der Chef der BVG ist. Man sieht daran wieder, um erfolgreich in der Politik zu sein, muß man über besondere Charaktereigenschaften verfügen.

Was ist von der olympischen Idee geblieben? Die antike Idee war, das allgemeine Volk kommt zu einem fairen Wettkampf zusammen, die Streitigkeiten werden begraben, die Kriege ruhen, es herrscht olympischer Frieden. Keine Streitigkeiten werden heute zwischen den Teilnehmern begraben, die Kriege gehen weiter. Jetzt warten z.B. alle darauf, daß die USA Baghdad bombardieren. Präsident Clinton hat explizit gesagt, daß bei dieser 'Strafaktion' die gegenwärtig laufenden Olympischen Spiele nicht interessieren.

Und wer 'spielt' bei den Olympischen Spielen? Vor 20 Jahren noch gab man sich den Anschein, daß die Teilnehmer Amateure seien.

Aber der Marktwert olympischer Medaillen ist so hoch, daß man darum nicht spielen kann. Kampf mit allen Mitteln und Möglichkeiten ist angesagt. Das geht von Spionage, Sabotage, HighTech, über Doping bis zum Psychoterror. Ein Amateur, der bis drei Tage vor Olympia seiner Arbeit nachgegangen ist - undenkbar bei diesen 'Spielen'. Im Gegenteil. Hier hat nur einer eine Medaillenchance, der sich möglichst schon im Alter von 10 Jahren entscheidet, sein Leben 24 Stunden täglich mit dem Sport und Olympia zu verbinden. Und damit man außer der Medaille auch darin einen Beruf sehen kann, stellen Sponsoren solche Sportler bei sich ein und die Medaillengewinner werden in der weltweiten Werbung vermarktet. Offiziell sind sie Buchhalter, Werkzeugmacher oder Feldwebel, de facto machen sie außerhalb der Zeiten für Essen und Schlafen nichts anderes als z.B. Kugelstoßen. 'Schorsch' Hackl (ca. 32) z.B. kann nichts anderes, als mit einem Spezialschlitten einen Spezial-Eiskanal runter fahren. Kann man sich so ein Leben vorstellen? Ich nicht. Absolut nicht. Aber das ist die Realität und offensichtlich finden sich genug Leute, die das mit sich machen lassen.

Der größte derartige Sponsor ist die Armee, die Bundeswehr. 42 von den 133 in Nagano angereisten 'Wintersportlern' sind Armeeangehörige. Und das braucht man heute auch nicht mehr zu tarnen. Im Gegenteil, der zuständige Minister Rühe besucht seine um die Medaillen kämpfenden Soldaten in Nagano!! Das hat sich nicht mal die DDR geleistet, die fast den Berufssportler und das Doping erfunden hat. Wie hat die 'Westpresse' sich entrüstet über die 'Staatsathleten' und die Professionalisierung des Sports durch die DDR. Alles vergessen. Wer weiß das heute schon noch. Im Gegenteil: Die Trainer, die in der DDR olympische Medaillen 'produziert' haben, wurden hoch dotiert in der Bundesrepublik und sogar weltweit mit ihrem überragenden Know How eingekauft. In den heutigen Medaillen steckt DDR-KnoffHoff. Stasi- und Dopingvorwürfe werden seit der Wende systematisch niedergebügelt. Nicht ein DDR-Manipulierer wurde bisher in einem Gerichtsverfahren verurteilt obwohl jeder weiß, in welcher Größenordnung gedopt und getrixt und mit der Gesundheit der Sportler gespielt wurde.

Mit Sport und Spiel hat das nichts mehr zu tun. Das ist hoch bezahltes Entertainment. Die vor der Glotze sitzende Masse will Olympische Spiele sehen. Die Medien liefern ihr das. Sie und viele andere machen dabei das große Geschäft. Das ist der im Hintergrund wirkende Antrieb für diese Art von Perversion ehemaliger harmloser 'Leibesübungen'.

Jürgen Albrecht, 15. Februar 1998

 

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