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Die PDS - eine normale Partei ?

 

PDS heißt 'Partei des demokratischen Sozialismus' und sie ist die Nachfolgepartei der Sozialischen Einheitspartei Deutschlands, der SED, entstanden im Dezember 1989 durch Umbenennung der SED. So einfach geht das. Mir war und ist diese Partei aus mehreren Gründen völlig suspekt: Erstens war ich 1989 für die Auflösung der SED (in der ich auch mehr oder weniger freiwillig und als Opportunist Mitglied war) und für die Gründung einer neuen Partei, wenn sich der Staub der Explosion gelegt hat und man weiß, was man sich unter Berücksichtigung des Untergangs der DDR für neue Ziele stellen kann. Das wurde nicht gemacht, weil man nicht auf das Geld und die Immobilien der SED verzichten wollte: Ein fieser Grund, keiner sagt das laut, aber so ist es. Ein Programm hatte diese Partei bis 1997 nicht. Sie war dagegen, das genügte. Erst für den Wahlkampf 1998 hat sie sich wieder den Aufbau des Sozialismus auf die Fahnen geschrieben, aber keiner weiß, wie das gehen soll.

Außerdem paßt mir an der PDS nicht, daß sich da alle ehemals privilegierten Kader sammeln, die jetzt Jammern, weil sie nicht mehr an der Futterkrippe stehen. Und die völlig Unbelehrbaren, die immer noch nicht begriffen haben, warum und durch wessen dilettantisches Agieren die DDR untergegangen ist, solche Leute wie Karl-Eduard von Schnitzler, die sind auch in dieser Partei. Das alles ist mir suspekt. Aber egal, wie ich dazu stehe, die PDS hat im Osten ein Wählerpotential. In Sachsen-Anhalt hat sie gerade 19% der Stimmen bei der Landtagswahl erreicht (CDU 22% !!). Über die 5 %-Hürde wird sie bei der Bundestagswahl aber wohl nicht kommen, weil es ihr trotz vieler Versuche nicht gelungen ist, in Westdeutschland Fuß zu fassen. Im Bundestag wird sie aber wahrscheinlich doch (wie jetzt auch) vertreten sein: Über Direktmandate.

Nach den Wahlen in Sachsen-Anhalt gibt es Probleme bei der Regierungsbildung: SPD 36, CDU 22, PDS 19 und DVU 13%. Vorher hat die SPD eine Minderheitsregierung gebildet und sie ließ sich dabei von der PDS tolerieren. Die Westparteien haben damals alle Protest geschrien. Um die Chancen der SPD bei den Bundestagswahlen im Herbst zu verbessern, wurde der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Höppner (SPD), von der SPD-Führung zu einer 'Großen Koalition' SPD+CDU gedrängt. Höppner aber möchte am liebsten mit der PDS koalieren. Eine große Koalition will er aus zwei Gründen nicht. Höppner (SPD) und Bergner (CDU) sind sich menschlich spinnefeind. Bergner ist ein Idiot und ein Schwein. Außerdem will die SPD-Basis absolut nichts mit dem Wahlverlierer CDU (1/3 der Stimmen eingebüßt) zu tun haben, weil nach deren Meinung die katastrophale Lage in Sachsen-Anhalt

 

die Regierung Kohl (CDU) zu verantworten hat (De facto über 25 % Arbeitslosigkeit, die DDR-Industrie wurde ersatzlos platt gemacht).

Jetzt stellt sich die spannende Frage: Ist die PDS eine 'normale' Partei, kann man mit ihr koalieren? Die Frage wird noch spannender, wenn es um eine 'Einheitsfront' gegen die rechtsextreme DVU geht: Können, dürfen, müssen sich SPD, CDU und PDS gegen Neonazis verbünden? Höppner sagt ja, der SPD-Kanzlerkandidat Schröder weicht aus, Bergner und Kohl sagen: 'Niemals eine Aktion gemeinsam mit der PDS !!'.

Nie würde ich mich mit meinen Schreibereien in solche Niederungen der Politik begeben. Das ist mir alles einfach zu schmutzig, zu heuchlerisch, zu vorlogen, zu vordergründig auf den doooven Wähler ausgerichtet. Aber hier tangiert es direkt meine politische Überzeugung, weil mir die PDS so zuwider ist. Aber mindestens so unerträglich ist mir die Art, wie Kohl die deutsche Wiedervereinigung gemanagt hat, wie mit den 'Jungen Ländern' und mit den ostdeutschen 'Brüdern und Schwestern' umgegangen wird. Kaum ein Wessi weiß, welche Zustände im Osten, 8 Jahre nach der Wiedervereinigung, herrschen. Niemand im Westen interessiert das. In der Bundesregierung gibt es nur Wessis, die natürlich auch nur West-Interessen wahrnehmen. Das ist nicht CDU-spezifisch, das wird bei einer SPD-Regierung kaum anders sein. Die Wessis fangen nur dann an, über den Osten nachzudenken, wenn dort die CDU auf das Niveau der PDS sinkt und die Rechtsextremen in die Landesparlamente einziehen. Nur damit und durch offene Aufstände im Osten (dafür geht es dem Ost-Volk aber trotz Arbeitslosigkeit heute viel zu gut) werden die Interessen der Ostländer von der Westregierung überhaupt zur Kenntnis genommen und vielleicht berücksichtigt.

Auch wenn mich die PDS persönlich ankotzt, wenn ich sie persönlich nie wählen könnte, für die östliche Politik ist es völlig richtig, mit dieser Partei zu koalieren. Das ist der Stachel im Fleisch der Wessis. Der wird gebraucht, damit ihnen möglichst ständig bewußt gemacht wird, daß hier im Osten noch lange keine West-Verhältnisse herrschen und daß hier noch viel zu tun ist. Wer hat sich 40 Jahre lang die deutsche Wiedervereinigung auf die Fahnen geschrieben?! Die Bundesregierung!! Das ist zwar nicht die feine englische Art, aber mit der ist Realpolitik nicht zu machen. Die Politik bewegt sich auf niedrigstem intellektuellen Niveau, differenzierte, vernünftige Mittel und Methoden bleiben wirkungslos.

Jürgen Albrecht, 10. Mai 1998

 

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