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Die Partei des Sozialismus - PDS
 

Es ist Wahlkampf. Hier in Sachsen-Anhalt wird in 14 Tagen die Landesregierung neu gewählt, im September stehen die Bundestagswahlen an. Heute hat die CDU ihr Wahlkampfmotto medienwirksam den Wählern präsentiert: ‘Sicher in die Welt von morgen’. Sehr originell und programmatisch.

Am Wochenende hat die PDS - die Nachfolgepartei der SED aus DDR-Zeiten - ihren Wahlparteitag abgehalten. Auf dieser Veranstaltung wurde das Programm der Partei beschlossen. Und dieses Programm läßt das erste Mal seit der Wiedervereinigung wirklich aufhorchen: Die PDS präsentiert sich als die einzige linke Partei Deutschlands, als die einzige Partei links von der SPD. Sie will in Deutschland (schon wieder !) einen demokratischen Sozialismus aufbauen (ohne so genau zu sagen, wie das gehen soll). Sie ist die Partei aller Deutschen, aber besonders der Ostdeutschen und sie will eine Umverteilung von Vermögen, die spürbare Besteuerung privater Vermögen und eine Luxussteuer.

Aus meiner Sicht besitzt dieses ‘Rostocker Manifest’ historische Qualitäten. Bisher war die PDS einfach nur dagegen und unkritisch DDR-nostalgisch. Ihr Programm war nicht erkennbar. Es war nicht zu sehen, was man denn eigentlich anderes wollte, als sich über den Untergang der DDR auszuheulen ohne dabei zu sehen, daß die DDR ‘unter der bewährten Führung der Partei’ nämlich der SED, blind über den Abgrund marschiert ist. Jetzt ist das Programm wirklich ein Programm, es hat eine neue Qualität. Man hat offensichtlich nach neun Jahren akzeptiert, daß die Wiedervereinigung tatsächlich erfolgt ist und jetzt hat man die Position definiert, die man in diesem Lande einnehmen will. Die Alternative ist der demokratische Sozialismus.

Ganz egal, wie man zu diesem Ziel steht, es ist ein Qualitätsunterschied zu den bisherigen Programmen, sich dazu zu bekennen. Es zeugt nicht gerade von Kreativität, diese Utopie wieder aus der Versenkung zu holen.

 

Aber offensichtlich war entscheidend dafür, daß das so ein schönes, in sich geschlossenes System ist, ausgestattet mit Theorie, Philosophie, viel Literatur und einer 200 Jahre alten Historie. Sogar einen weltweiten, 40-jährigen Feldversuch kann man vorweisen. Warum soll man da was neues erfinden?! Ich muß ohne Hohn und Häme sagen, daß mich die Konsequenz des Denkens dieser Genossen tief beeindruckt.

Auf einem ganz anderen Blatt allerdings steht, wer diese Partei und dieses Programm wählen wird. Ich hätte in dieser Situation nie den Mut gehabt, ein solches Programm auf den Schild zu heben, denn es muß von Anbeginn mit entsetzlichen Handicaps fertig werden: Der Untergang des gesamten sozialistischen Lagers ist noch viel zu präsent und ein im wahrsten Sinne des Wortes abschreckenden Beispiel. Die meisten von denen, die heute wieder einen Sozialismus aufbauen wollen, waren durch den realen Sozialismus privilegiert. Ihr Durchschnittsalter ist weit über 60. Die Zahl dieser Leute ist gemessen an der Gesamtbevölkerung gering und sie nimmt aus biologischen Gründen rapide ab. Kommunisten und Sozialisten sind die Buhmänner der jüngeren deutschen Geschichte. Der SPD ist es nach 50 Jahren leidlich gelungen (aber noch nicht ganz) dieses Image abzustreifen. Das wird der PDS in den nächsten 50 Jahren nicht gelingen, die ‘Kommunisten’ und die Verursachung des DDR-Unterganges werden ihr immer anhängen. Es ist klar, daß sie bei der Bundestagswahl die 5%-Hürde nicht überpringen werden und nur über Direktmandate (wieder) eine Chance haben, in den Bundestag einzuziehen.

Was also bleibt außer Mut und Konsequenz bei dieser Partei? Es ist der ‘unerschütterliche Glaube an eine bessere Gesellschaftsordung’. Originalton DDR. Es bleibt der ‘Glaube’!! Die ‘wissenschaftliche Weltanschauung’ ist jetzt endgültig ins Lager der Religionen gewechselt.

Jürgen Albrecht, 06. April 1998

 

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