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Männliche Potenz-Phantasien

 

Potenz, die Zeugungsfähigkeit, das ist für alle Männer ungemein wichtig. Je weniger im Kopf, um so mehr ist von Bedeutung, viel in der Hose zu haben. Wenn es um Sex geht, ist die Zivilisationsschicht am dünnsten, die sich durch die höchstens 5000 Jahre der gegenwärtigen Kultur entwickelt hat. Außerdem wird diese Zivilisationsschicht auch durch die pluralistische Philosophie angegriffen: Zunehmend werden die Tabus abgebaut, die die Religionen in hunderten von Jahren errichtet haben: Warum soll das nicht erlaubt sein, was keinem weh tut?

Wenn es um Frauen geht, dann ist der heutige Mann noch genau der Mann, der auch die Augen und die Finger nicht von den Mädchen und Frauen der steinzeitlichen Rotte lassen konnte. Ohne Pillen, bewußte Phantasien und ohne die geringste Willensanstrengung fängt die männliche Hydraulik an zu arbeiten, wenn die Augen auf die Reize einer schönen Frau fixiert sind. Ein Stereotyp, ein unbedingter Reflex, wie der von dem Pawlowschen Hund, dem beim Anblick einer Wurst das Wasser im Mund zusammenläuft.

Ich beobachte manchmal amüsiert diese Reflexe auf der Straße. Man braucht nur einer interessanten Frau zu folgen und die Männer beobachten, an denen sie vorbeigeht: Manche Männer sind durch den Anblick dieser Reize wie hypnotisiert. Mit offenem Mund, unfähig, die Blicke von dieser Frau zu lassen, starren sie gebannt auf die schwellende Brust und den schwingenden Hüften hinterher. Sie erwachen wie aus einer Trance, wenn die Frau entschwunden ist und nehmen wieder ihre unterbrochenen Geschäften auf. Sie wissen gar nicht, daß sie gerade in einer völlig anderen Welt waren.

An dieser Reaktion, die jeder täglich in einer beliebigen Fußgängerzone beobachten kann ist zu schließen, Sex ist in unseren Genen ganz hoch priorisiert. Sex kommt gleich nach Essen, Trinken und Schlafen und wir können Sex genau so wenig kontrollieren wie Hunger und Durst: Wir sind dem Diktat der Sexualhormone unterworfen. Mehr oder weniger. Natürlich ist der Drang zur Vermehrung ungleich verteilt. Wenige können es gut steuern, für viele ist es der Lebensinhalt (Fressen, Ficken, Fernsehen ...) und einige überschreiten in ihrem Drang nach Kopulation die üblichen Normen und werden straffällig. Das geht von Vergewaltigung über Kinderschändung bis zum Mord. Aus meiner Sicht sind solche Fälle nicht zu 'heilen', die Programmierung der Gene ist gesetzt und praktisch nicht zu verändern.

Ein ganz schwieriges Kapitel ist die Homosexualität. Gerade war wieder Christopher-Street-Day und die Schwulen und Lesben feierten hier in Berlin eine große Party mit Umzug vom Ku'damm bis zum Brandenburger Tor.

 

Ich habe zufällig diesen Zug am Ku'damm mit dem Fahrrad auf der Suche nach Utensilien für das Zelten in Australien gekreuzt. Ich hatte beim Anblick dieser ausgeflippten Leute den Eindruck, sie verzichten sogar noch auf Essen und Fernsehen, ihr Leben wird offensichtlich nur noch durch Sex gesteuert. Wie anstrengend muß das emotional sein !! Und dazu kommt dann noch die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz. Ich habe überhaupt nichts gegen Schwule und Lesben, jede Freiheit können sie sich nehmen, solange sie mich in Ruhe lassen. Aber sie tun mir leid, sie haben ein entsetzlich schweres Leben.

Weil Sex so dominant ist, sind mit ihm auch hervorragend Geschäfte zu machen. Jeder Mann ist bereit für orgiastische Gefühle zu zahlen, solange er noch Lust und Geld hat. Das fängt bei der uralten und bewährten Prostitution an, geht über alle Formen der Pornographie und der mechanischen Hilfs- und Spielmittel bis hin zu Medizin und Zauberei. Auf diesem Gebiet etwas neues zu entwickeln ist sehr sehr schwer, weil hier seit Jahrtausenden bereits alles versucht und ausprobiert wurde und wird. Jetzt aber gibt es wirklich etwas neues: VIAGRA, die Potenz- und Wunderpille – woher? Natürlich aus den USA. Viagra bewirkt mit hoher Sicherheit nach der Einnahme eine riesige, lang anhaltende Erektion. Und weil das so schön ist, darf man dafür auch 10 US$ bezahlen. Herstellungskosten wahrscheinlich nicht mehr als 10 Pfennige. Viagra ist eine Gelddruckmaschine.

Alle 'richtigen' Männer haben nur noch ein Thema: Vagina, äh sorry ... Viagra. Männer, die alles schon ausprobiert haben, Männer mit Erektionsproblemen, Männer mit Lust, aber ohne Potenz und auch die uralten Männer ohne rechte Lust und ohne jede Potenz... alle wollen Viagra haben. Die Soziologen, Psychologen und Urologen haben ein neues, ergiebiges Gesprächs- und Forschungsthema. Es eröffnen sich ganz neue Geschäftsfelder. Die Frauen, die immer zu kurz kommen, werden auch hier nur benutzt und nicht gefragt, auch wenn sie frühzeitig Protest anmelden. Die Krankenkassen haben in erstaunlich kurzer Zeit beschlossen, daß es Viagra nicht auf Krankenschein gibt: Die medizinischen Versorgungssysteme Europas würden zusammenbrechen.

Eine ganze Gesellschaft ist in eregierter Aufregung – dabei ist die Pille in Deutschland noch gar nicht zugelassen !! Aber es ist klar, alle Männer gehen herrlichen Zeiten entgegen: Nur noch zwei Dinge braucht der Mann: Eine Pille für die Verhütung und eine für die Erektion. Die Pille für die Verhütung und die ungewollten Kinder, das ist natürlich weiterhin Frauensache. Wo kämen wir Männer sonst hin ...

Jürgen Albrecht, 03. Juli 1998

 

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