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Gegensätze bei Vera

 

Wenn ich meine Arbeit am Computer unterbreche, um zu frühstücken, einen Kaffee zu trinken oder Mittag zu essen, dann schalte ich meistens den Fernseher an: Was gibt es für Nachrichten, was ist los. Wenn nichts los ist, ‚zappe‘ ich mal über die 30 Kanäle, die mir mein Fernseher bietet um zu sehen, was da gemacht wird. Entweder es gibt uralte Filme oder Talk-Shows. Das beste ist noch das Kinderprogramm, da kommen wirklich für Kinder sehr informative und interessante Sachen. Es fragt sich nur, wo die Kinder hinzappen, wenn sie allein vor dem Fernseher sitzen.

Bei den Talk-Shows wundere ich mich immer, wer da mehr als 5 Minuten zugucken kann. Es wird über die banalsten und analsten Themen gequatscht. Hier soll keiner informiert oder gebildet werden, hier geht es um Unterhaltung auf unterstem Niveau und darum, die Zeit tot zu schlagen. Auf diese Sendungen, die es seit ca. 3 bis 5 Jahren in Deutschland und seit wesentlich längerer Zeit in den USA gibt, haben sich besondere Moderatoren spezialisiert: Meiser, Fliege, Vera, Ilona und sicher noch 5 andere.

Bei Pastor Fliege ging es heute 15 Minuten um eine Frau im Rollstuhl die einen Hund hat, den sie in der Wohnung nicht mehr halten darf. Der Vermieter hat da was dagegen. Keine Lösung aber ein endloses Geschwafel über dieses Problem mit anhaltendem Druck auf die Tränendrüsen.

Meistens aber geht es um Sex, um Partnerschaftsprobleme, um Selbstdarstellung und um möglichst schräge Typen. Kein Thema ist zu banal, um eine ganze Sendung daraus zu machen. Die Produzenten haben mit Sicherheit Probleme, neue Themen zu finden und neue Zuschauer heranzukarren.

 

Schon vor ein paar Wochen hatte ich den Eindruck, die Macher legen es direkt darauf an, dass sich die Leute vor der Kamera in die Haare kriegen, das bringt wieder Stimmung und Leben in die Bude, denn jedes kleinste und absonderlichste Detail wurde schon gesagt und erörtert.

Heute also eine Steigerung der Talk-Show in dieser Richtung: 'Gegensätze bei Vera‘: Ein Boxring ist aufgebaut, darin steht ein Tisch. Zwei Kontrahenten sitzen sich gegenüber ein Schiedsrichter stoppt den verbalen Kampf, wenn es zu heiss wird und Vera kann auch noch eingreifen. Wer steht sich da gegenüber: Ein 63-jähriger Mann, der mit Bodybuilding nicht aufhören kann gegen einen 140-Kilo-Mann, der sich in das Kostüm einer Kuh mit rosarotem Euter gezwängt hat. Beide beschimpfen sich, wie unverantwortlich sie mit ihren Körpern umgehen. Eine andere Paarung: Ein 45-jähriger gegen einen 28-jährigen Schnösel. Beide behaupten, mehr als 1000 Frauen beschlafen zu haben und jetzt streiten sie sich, ob sie neben dem Führen der Strichliste auch noch fähig sind zu erkennen, ob sie der Frau zu einen Orgasmus verholfen haben. Das ist das Niveau, auf dem sich das verbale Gefecht bewegt. Die Verwendung von unzüchtigen Worten ist verboten. Wer es nicht lassen kann, wird mit einem ‚tuuut‘ synchronisiert. Daran erkennt man, diese Show‘s laufen nicht life ab, alles ist getürkt.

Talk-Shows dieser Art sind ein fester Bestandteil des deutschen Fernsehprogramms. Mindestens auf drei bis fünf Sendern laufen solche Show‘s, wenn man den Fernseher zwischen 9 und 19 Uhr anmacht. That’s Life !!

Jürgen Albrecht, 03. Dezember 1998

 

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