Deutschlands marodes Bildungssystem
Bestandteile des Bildungssystems Auf den ersten Blick glaubt man nicht, wie tief das Bildungssystem in die Gesellschaft eingreift. Aber es begleitet jeden Deutschen buchstäblich von der Wiege bis zur Bahre. Vom Kindergarten über die Schule in die Universität und von den berufsbildenden Massnahmen über die täglichen Medien bis hin zu Bildungsangeboten für Senioren. Das Bildungssystem besitzt viele Bestandteile:
Im Internet findet man zu jedem dieser Stichpunkte sehr viel Material. Nur zu den übergeordneten Zielen existiert nichts. Die Zielstellung des Staates, der Länder und der Kommunen, für ein gebildetes Volk zu sorgen, wurde auf einen Etatposten in den chronisch knappen Haushalten reduziert. In den Programmen der politischen Parteien finden sich zur Bildungspolitik nur Nebensätze, die in dem Versprechen münden, mehr Geld für Bildung bereit zu stellen.
Geld für das Deutsche Bildungssystem Die Deutschen investieren zu wenig in ihr Bildungssystem:
26,7 Milliarden Euro müsste Deutschland jedes Jahr zusätzlich für die Bildung ausgeben, damit das Land bis 2020 im internationalen Bildungswettstreit aufholt. Das ist ein Viertel mehr als bisher in Bildung investiert wird. Um die Kraftanstrengung zu meistern, müssten Staat, Wirtschaft und der Einzelne künftig tiefer in die Tasche greifen. Auf die Privathaushalte kämen Mehrkosten von etwa vier Milliarden zu. Die Bundesregierung hat im Haushalt für das Jahr 2005 keine 25-prozentige Erhöhung der Ausgaben für das Bildungssystem vorgesehen. Mehr ...
Vergleich mit anderen Bildungssystemen Das deutsche Bildungssystem ist im Vergleich mit anderen Ländern höchstens Mittelmass. Die Pisa-Studien der OECD haben es an den Tag gebracht. An PISA II beteiligten sich im Jahr 2003 41 Staaten (30 OECD-Staaten und 11 Partnerländer). International wurden ca. 250 000 Schülerinnen und Schüler getestet. In Deutschland nahmen 216 Schulen und 4660 Schülerinnen und Schüler an den Erhebungen zum internationalen Vergleich teil. Die teilnehmenden Schulen und die Schülerinnen und Schüler wurden mit einem Zufallsverfahren für den Test ausgewählt. In der Gesamtskala Mathematik erreicht Deutschland einen Mittelwert von 503 Punkten (OECD-Durchschnitt: 500 Punkte). Im Bereich der Lesekompetenz in PISA 2003 beträgt der Mittelwert für Deutschland 491 Punkte; der internationale Durchschnitt liegt bei 494 Punkten. Der OECD-Mittelwert zur naturwissenschaftlichen Kompetenz beträgt 2003 ebenfalls 500 Punkte; die Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreichen 502 Punkte. Im Bereich Problemlösen liegen die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland mit 513 Punkten signifikant über dem OECD-Mittelwert (500 Punkte). Mehr ... Als Hauptproblem des deutschen Bildungssystems hat die OECD die viel zu frühe Aufteilung der 10-Jährigen auf Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien (das deutsche, dreigliedrige Schulsystem) ausgemacht. Ausserdem sind in keinem Land die Bildungschancen der Kinder so stark abhängig vom sozialen Status der Eltern, wie in Deutschland. Das stellt im Klartext dem deutschen Schulsystem ein vernichtendes Zeugnis aus: Die Schule tut nichts für die sozial Schwachen und die von Geburt her Benachteiligten. Alle Mängel sind teilweise seit Jahrzehnten bekannt, aber es ändert sich nichts. Die deutsche Bürokratie bevorzugt alt hergebrachte, lieb gewordene Trampelpfade. Mehr... Finnland ist bei Pisa Spitzenreiter. Warum? Weil die Fehler Deutschlands in Finnland nicht gemacht werden. Niemand will in der Deutschen Bundesrepublik hören, dass sich das finnische Bildungssystem ehemals am Bildungssystem der DDR orientiert hat. In Finnland wird das Bildungssystem zentral und staatlich dirigiert. Die Schüler gehen (wie in der DDR) zehn Jahre in eine einheitliche Schule mit einheitlichen, aufgeklärten, an den Naturwissenschaften orientierten Bildungsstandards. Die Förderung der Schüler steht im Mittelpunkt der Bemühungen der Schule, nicht die unzureichenden Stellenpläne, Baumängel und der Kampf um Ausstattungen. Mehr ... Die Initiative
Neue Soziale Marktwirtschaft wird von Arbeitgeberverbänden der Metall-
und Elektroindustrie getragen und wissenschaftlich begleitet vom Kölner
Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Sie hat das Schwarzbuch
Bildung herausgebracht.
Die Schwachstellen Die Deutschen sind ungebildet, sie können weder gut rechnen noch ordentlich lesen und gerade mal schreiben. Ist das Deutschlands Perspektive? Wenn sich das Bildungssystem nicht qualitativ ändert, werden die Deutschen in 25 Jahren das Bildungsniveau der Amerikaner und Canadier erreicht haben: Lesen und schreiben können die meisten, aber die Frage zu beantworten, was den qualitativen Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie ausmacht, bleibt den Eliten vorbehalten. Ich bezweifle, dass die Reform des deutschen Bildungswesens politisch gewollt ist. Aus meiner (natürlich subjektiven) Sicht sehe ich folgende (provokant formulierten) Schwachstellen:
*) 1. Beispiel:
Das novellierte Hessiche Hochschulgesetz (HHG) sieht die Einführung
von Premiumstudiengängen in Hessen vor. D.h. künftig sollen
Universitäten die Möglichkeit erhalten, für die zahlungskräftige
Klientel ein besseres Studieren zu ermöglichen. Mehr
... **) Am 17. Dezember 2004 ist die Föderalismus-Reform an der Bildung gescheitert. Die Länder sehen die Autonomie in der Bildungspolitik als Kernstück ihrer Kulturhoheit an. Bestimmt nicht zu Gunsten des deutschen Bildungssystems. Mehr ... +) Die Blamage - Reformwerk für den Papierkorb ... DER SPIEGEL 52/2004, Seite 22
Das gebildete Volk ist nicht in Sicht Keine politische Partei hat sich die Beseitigung dieser Schwachstellen und damit die qualitative Erhöhung des Bildungsniveaus in Deutschland auf die Fahne geschrieben. Was ist daraus zu schliessen? Die politische und wirtschaftliche Elite Deutschlands will und braucht kein gebildetes Volk. Wozu auch?!
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Jürgen
Albrecht, 23. Oktober 2004
update
08.11.2007