Bilder aus der Toscana
Der Bus startet am Sonnabend, 16. Oktober, um 6 Uhr am Alexanderplatz. Am Ku'damm, in Potsdam und am Flughafen in Leipzig werden noch Gäste eingesammelt, in Markschorgast übernimmt Rolf den Bus und es geht nach Süden. Rolf ist der Trucker, wie er im Buche steht: Laut, deftig, witzig, eine Plaudertasche. Er weiss alles, er kann alles und vor allen Dingen, Rolf kennt Italien wie seine Westentasche. Er fährt diese Tour allein, ist streckenweise mehr als 12 Stunden mit dem Bus unterwegs, erzählt aber gleichzeitig, dass das alles legal ist, wenn wir alle zwei bis drei Stunden eine Pause machen. Er fährt bei den richtigen Kneipen und Einkaufsgelegenheiten vor, er hilft uns, das Geld auszugeben. Mit Rolf ist man in guten Händen, ständig auf Kaffeefahrt, und es wird nicht langweilig. Am ersten Tag fahren wir über den schneebedeckten Brenner und erreichen schon um 21:30 Uhr unser Hotel im Trentino/Italy. Am nächsten Morgen ein gutes Frühstück, Start um 7:30 Uhr und schon am Mittag stehen wir auf einem Parkplatz mit Bilderbuch-Aussicht und können das Panorama von Florenz bewundern. Um 17 Uhr haben wir das Hotel Firenze in Chianciano di Terme (nicht weit weg vom Chiantital) erreicht. Hier wohnt die Hälfte der Reisegruppe für die nächsten drei Tage. Mit der anderen Hälfte fährt Rolf gleich weiter nach Rom. Im Hotel Firenze lässt es sich mit Halbpension, Dusche/WC und dem Blick auf die Altstadt von Chianciano leben. Das Frühstück ist spartanisch und ohne Abwechselung. Das Abendbrot sparsam aber gut. Solche herrlichen Spaghetti mit Pesto wie hier, habe ich das letzte Mal auf der Insel Panglao/Philippinen bekommen! Die Ausflüge der nächsten zwei Tage sind inclusive. Gleich am Montag volles Programm mit einer ortskundigen Reiseleiterin: Siena, Pienza und bis in den Weinkeller von Montepulciano. Herrliches Wetter, herrliche Bilder. Am Dienstag gleich noch einmal so eine Tour, diesmal nach Umbrien: Über Perugia nach Orvieto zu den Etruskern und dann nach Assisi. In Orvieto regnet es in Strömen, den ganzen Vormittag. Der italienische Reiseleiter vertröstet uns auf den Nachmittag. Er ist beseelt und hat den richtigen Draht zum Himmel: In Assisi scheint am späten Nachmittag tatsächlich wieder die Sonne. Der Reiseleiter bemüht sich nach Kräften, uns den heiligen Franziskus ans Herz zu legen. Es fehlte nicht viel, und wir hätten im Bus gekniet und zu Franziskus gebetet. Ich habe immer darauf gewartet, dass Rolf zu diesen salbungsvollen Reden die passenden Bemerkungen macht. Aber Rolf ist ein höflicher Mensch und hat (leider) nicht kommentiert, wie sich Franziskus in den Dornbusch warf, als ihn die Fleischeslust überkam ... Mittwoch, ein ruhiger Tag in Chianciano. Wer Lust dazu hatte, den kutschierte Rolf an diesem Tag für 35 Euro nach Rom, inclusive Besuch aller Sehenswürdigkeiten mit einem einheimischen Stadtführer. Ich spazierte an diesem sonnigen Tag lieber in die Altstadt von Chianciano und durch die Weinberge der Umgebung. In Chianciano ist Markttag. Der Markt hat hier die Funktion, die in Deutschland längst Aldi, Lidl & Co übernommen haben. In der Neustadt von Chianciano findet man die Geschäfte, die in Deutschland seit 20 Jahren nicht mehr existieren: Herrenausstatter, Miederwaren, Möbel, Teppiche und Antiquitäten, Feinkostgeschäfte, Uhren und Schmuck. Allerdings kaufen hier nicht die Bewohner von Chianciano, sondern ausschliesslich die Kurgäste. Am Donnerstag beginnt um 11 Uhr die Rückfahrt. In der Poebene und dem Etschtal hat man streckenweise den Eindruck, durch das italienische Ruhrgebiet zu fahren. Weinberge und mittelständische Industrie. Als die Sonne untergeht, fahren wir wieder in die Berge des Trentino. Hoch über einem tiefen Tal liegt in Montesover das Hotel Tirol, nicht weit weg von Tirol. Ein berauschender Blick vom Balkon meines Zimmers 101. Heute leider nicht, es ist schon dunkel und aus dem Tal steigen die Nebel hoch. Der letzte Tag ist anstrengend: Abfahrt um 7:30 Uhr in Italien und erst fünf Minuten nach Mitternacht schliesse ich meine Wohnungstür in Berlin auf. Dazwischen liegen das letzte italienische Kaufhaus in Tori, der Brenner, Unfälle und Staus auf der Autobahn bei München und die heile Welt von Mitterdarching. Hier kennt Rolf den Wirt, der riesige, bayrische Schweinshaxen und Knödel für wenig Geld serviert. Ich schlage mir nicht den Bauch voll, sondern mache einen Spaziergang durch das Dorf. An den Häusern und besonders auf dem Friedhof ist zu sehen: Seit Generationen ist man hier alteingesessen und gut katholisch. Gegen 18 Uhr Fahrerwechsel in Markschorgast, Rolf verabschiedet sich. Am Abend lässt der Verkehr auf der Autobahn nach. Es ist schon 21 Uhr, als wir den interkontinentalen Grossflughafen von Leipzig erreichen. Die Reisegruppen aus Leipzig und Halle werden abgeliefert, dann noch zwei Stunden bis Potsdam. Kurz vor Mitternacht erreichen wir auch wieder den Alex. Das Facit beantwortet klar die eingangs gestellte Frage: Nein, es geht nicht einfacher und noch billiger. Es ist wirklich erstaunlich, dass man so einfach und preiswert ein paar Tage in die Toscana fahren kann. Ich wünsche mir nicht, dass es noch besser wird. Mir reicht es, wenn es so noch eine Weile bleibt. Bei 40 Leuten sind natürlich auch immer welche dabei, denen alles nicht gut und nicht fein genug ist. Interessant wäre zu wissen, wie es bei diesen Herrschaften zu Hause unter dem Sofa aussieht und was dort auf dem Frühstückstisch steht.
Alle Bilder wurden mit der Digitalcamera Canon PowerShot S60 aufgenommen.
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Florenz von der Aussichtsplattform über dem Arno 17.10.2004, 12:45
David - unbestritten der schönste Mann von Florenz 17.10.2004, 12:48
Touristen auf dem Ponte Vecchio, Florenz 17.10.2004, 14:34
Morgennebel bei Chianciano di Terme 20.10.2004, 8:49
Markt in Chianciano di Terme 20.10.2004, 11:43
Die Altstadt von Chianciano di Terme 20.10.2004, 15:33
Sicht vom Turm des Rathauses in Siena 18.10.2004, 10:39
Im Dom von Siena 18.10.2004, 12:01
Ein Geschäft in der Altstadt von Siena 18.10.2004, 12:27
Toscanische
Landschaft im Regen
Abtei der SS Severo e Martirio, Orvieto 19.10.2004,
10:54
Türen gegenüber des Doms von Orvieto 19.10.2004, 10:57
Basilica di S. Francesco, Assisi, mit Ober- und Unterkirche 19.10.2004, 13:58
Natürlich gibt es sie wirklich: Franziskanermönche 19.10.2004, 15:13
Heile Welt in Mitterdarching, Bayern 22.10.2004, 12:45
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Jürgen Albrecht, 25. Oktober 2004