Auf der Suche nach der Wahrheit
... und der eindeutigen Sprache - Eine vergebliche Suche
|
Der Begriff 'Wahrheit' Wahrheit wird im Wortschatz Lexikon der deutschen Sprache wie folgt charakterisiert: Wort:
Wahrheit Relationen zu anderen Wörtern: Synonyme: Gewißheit,
Realität, Richtigkeit, Tatsache, Tatsächlichkeit Teilwort von: die Wahrheit, in Wahrheit, halbe Wahrheit, die Wahrheit sagen, Dichtung und Wahrheit, bittere Wahrheit, reine Wahrheit, nackte Wahrheit, ein Körnchen Wahrheit, letzte Wahrheit, bei der Wahrheit bleiben, ungeschminkte Wahrheit, die Wahrheit selbst, innere Wahrheit, Anspruch auf Wahrheit, eine alte Wahrheit, allgemeine Wahrheit, Verdrehung der Wahrheit, mit der Wahrheit herausrücken, Die Wahrheit über Arnold Hau, nahe an der Wahrheit, Wort der Wahrheit, der Weg und die Wahrheit, anerkannte Wahrheit, die Wahrheit ins Gesicht sagen, Wahrheit in sich selbst, Fünkchen Wahrheit steckt in, im Wein ist Wahrheit, Wahrheit einer Aussage, von der Wahrheit abweichen, im Wein liegt Wahrheit, Körnchen Wahrheit steckt in, Konsenstheorie der Wahrheit, bedingte Wahrheit, hinter die Wahrheit kommen, eine auf Wahrheit beruhende Geschichte, klassiche Definition der Wahrheit, ordentlich die Wahrheit zeigen, Konvergenzthese der Wahrheit, jetzt mit der Wahrheit herausrücken, es dämmerte bei ihm die Wahrheit, absolute Wahrheit, Kriterium der Wahrheit, er fürchtet sich die Wahrheit zu sagen, Zitat-Tilgungs-Theorie der Wahrheit, Evidenztheorie der Wahrheit, mit der bitteren Wahrheit herausrücken, Übereinstimmungstheorie der Wahrheit, Karl Leopold Wahrheit, eine fundierte Wahrheit, logische Wahrheit Form(en): Wahrheit,
Wahrheiten, Wahrheits Dornseiff-Bedeutungsgruppen: 5.1 Existenz, etwas, wirklich:
Authentizität, Echtheit, Praxis, Realität, Richtigkeit,
Tatsächlichkeit, Wahrheit Beispiele:
Wer sagt was über 'Wahrheit' ?
Was ist Wahrheit ? Die umfangreiche Literatur zum Begriff der Wahrheit zeigt, schon die 'Alten Griechen' haben über die Vielschichtigkeit dieses Wortes nachgedacht. Damals wie heute kommt man dabei zu keinem eineindeutigen Ergebnis. Das ist nicht verwunderlich. Die meisten Begriffe unserer Sprache werden immer unschärfer und komplexer, je mehr man darüber nachdenkt oder redet. Sprache ist nicht eindeutig und auch die Schriftsprache kann das nicht leisten. Das ist das grundsätzliche Problem von Begriffsdefinitionen. Beim Begriff der Wahrheit wird es noch schwieriger. Der Philosoph Gottlob Frege war sogar der Meinung, dass die Definition von Wahrheit prinzipiell unmöglich ist. Die Problematik ist exemplarisch an einer Auflistung der Wahrheitskriterien zu erkennen. Das aus meiner Sicht entscheidende Wahrheitskriterium fehlt (die Übereinstimmung mit der Wirklichkeit)! Aber dieses Zitat zeigt, letztlich muss man sich auf den 'gesunden Menschenverstand' verlassen (Common sense). Genau
das habe ich getan. Wahrheit das Ergebnis der Bewertung eines Sachverhalts. Wahrheit ist ein Qualitätskriterium für einen Sachverhalt. Ein Sachverhalt kann wahr oder falsch sein. Das entscheidende Wahrheitskriterium ist die Praxis: Nur der Sachverhalt ist wahr, der mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Von wahr zu falsch gibt es Abstufungen, die man u.U. mit statistischen Methoden berechnen und messen kann. Wahrheit bedeutet: Mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit wahr. Mindestens folgende Bedingungen sind dabei zu berücksichtigen:
Glaube und Wahrheit Da Menschen nur ein subjektives Wahrnehmungssystem besitzen, können sie keine objektiven Schlüsse ziehen und absolute Wahrheiten erkennen. Diese Tatsache ist nur aus der Welt zu schaffen, wenn man den Qualitätsunterschied zwischen subjektiv und objektiv ignoriert. Kein vernünftiger Mensch wird das tun. Sollte man meinen. Sobald es aber um Ideologie und Religion geht, ist genau das immer wieder zu beobachten. Kluge, gebildete und vernünftige Menschen ignorieren sogar objektive Wahrheiten und glauben an einen Sachverhalt, der aus naturwissenschaftlicher Sicht spekulativ, nicht beweisbar und im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Anerkannte Wahrheitskriterien spielt beim Glauben überhaupt keine Rolle. Trotzdem reklamiert jede einzelne Religion für sich den absoluten Wahrheitsanspruch und wähnt sich im Besitz 'höchster' Wahrheiten und der Unfehlbarkeit ... Ein unbegreiflicher Anachronismus. Diese Tatsache kann man völlig unterschiedlich beurteilen: Man kann darin einen Beweis dafür sehen, wie schwach das subjektive, menschliche Urteilsvermögen ist, wie wenig der Verstand in der Lage ist, unsere Emotionen zu kontrollieren. Aber man kann sich auch auf den gegenteiligen Standpunkt stellen: Wenn der Mensch zu objektiven Urteilen nicht fähig ist, warum sollte dann nicht auch ein völlig unwahrscheinlicher Sachverhalt der Wahrheit entsprechen? Da wir (bisher) keine Mittel besitzen, diese Wahrheit zu beweisen, sind wir geradezu gezwungen, uns am Glauben festzuhalten. Man kann sich auf beide Standpunkte stellen. Beide können völlig wahr, aber auch völlig falsch sein. Es gibt niemanden, der das objektiv beurteilen kann. Wer an die Naturgesetze 'glaubt', besitzt einen Vorteil: Die Wahrscheinlichkeit ist auf seiner Seite. Vielleicht ...!
Wer sagt die Wahrheit ? Kaum jemand. Nicht etwa aus bösem Willen. Natürlich wird täglich auch ganz bewusst millionenfach gelogen. Aber auch wenn wir uns sehr bemühen, wirklich die Wahrheit zu sagen, dann gelingt uns das nur höchst selten. Am besten können Naturwissenschaftler und Ingenieure mit der Wahrheit umgehen, denn sie hantieren mit objektiven Sachverhalten. Ob ein Bauteil hält, oder nicht, ob eine Gleichung eine Lösung hat, oder nicht und ob der Computer sich mit einem Blue Screen meldet, oder nicht, kann man eindeutig mit ja oder nein wahrheitsgemäss beantworten. Für die meisten alltäglichen Fragen aber gilt das nicht. Sagt die SPD die Wahrheit, wenn sie im Wahlkampf Gerechtigkeit verspricht? Was ist davon zu halten, wenn jemand auf die Frage nach seiner Augenfarbe 'Blaugrau' sagt? Noch schlimmer wird es bei den vielen Liebesschwüren in den jetzt kommenden, lauen Maiennächten. Wie nahe an der Wahrheit ist der einfache Satz: "Ich liebe Dich"? Im besten Falle kann man das glauben, was man da zu hören bekommt. Die Wahrheit ist es nicht, jedenfalls nicht die objektive Wahrheit. Auch wer die besten Absichten hat, die Wahrheit zu sagen, kann in solchen Fällen (subjektive Sachverhalte) nur subjektiv wahre Aussagen treffen. Noch dazu handelt es sich dabei nur um eine relative Wahrheit. Heute ist es die reine Wahrheit, dass ich Dich liebe, schon morgen sind die Umstände anders und die Wahrheit schlägt ins Gegenteil um. Protest und Vorwürfe sind zwecklos. Das ist die Realität. Wir müssen damit leben. Und es kommt noch schlimmer, weil die Sprache nicht eineindeutig ist. Jeder beliebige Satz kann missverstanden und gegenteilig interpretiert werden, unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt! Einfach deshalb, weil beide Seiten nicht vom gleichen Kontext ausgehen, prinzipiell nicht über den gleichen Kontext verfügen können! Wenn die SPD von Gerechtigkeit spricht, kann sie dabei ehrenwerte, hochmoralische Ziele verfolgen. Für mich dagegen klingt die SPD-Gerechtigkeit wie blanker Hohn, weil die Politiker, die ständig von Gerechtigkeit reden dafür verantwortlich sind, dass auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung zwar die Preise in Ost und West gleich, die Löhne, Gehälter und Renten im Osten aber deutlich geringer sind. Keine Seite lügt, beide sagen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Aber sie reden total aneinander vorbei. Der Kontext ist völlig verschieden. Jeder redet von einer anderen Welt. Am ehesten sind wir ganz nahe an der absoluten Wahrheit, wenn Klein Mäxchen fragt, ob die 23 eine Primzahl ist. Endlich können wir Mäxchen wieder einmal tief und ehrlich in die Augen sehen und ohne jeden Vorbehalt ganz einfach die Wahrheit sagen: "Ja, mein Junge, das ist eine Primzahl."
|
Jürgen Albrecht, 02. Mai 2004
update
08.11.2007