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AUSFLUG ZUR
HA LONG BAY

05. Februar 1997, Mittwoch, Ha Long

 

Heute wird nicht viel, es sind verschärfte Bedingungen und 20:30:

  1. Es ist saukalt (15 Grad) und wir waren von 14 Uhr ab mit einem kalten Dampfer auf der Halong-Bay unterwegs.
  2. Das Hotel ist nur mit einem halben Stern ausgestattet: Ungemütlich, kalt, unwohnlich, schlecht möbliert, zum Schlafen wird es gehen.
  3. Ich habe eiskalte Beine vom Knie ab nach unten, ich muß unter die warme Dusche, die es hier gibt.

Also hier die Stichworte dieses Tages:

  • Um 5 Uhr aufstehen, 5:30 Frühstück, um 6 Uhr sind wir wie verabredet fertig, aber der Bus, der uns zur Halong-Bay bringen soll, kommt erst gegen 6:30.
  • Bis 7:15 werden 15 Leute in Hanoi eingesammelt, dann fahren wir in Richtung Norden. Um 12 Uhr erreichen wir Halong-West.
  • Unterwegs ist viel zu sehen, aber ich schlafe zwischendurch auch mal 20 Minuten.
  • Es gibt hier Shell-Tankstellen
  • Bei Frauen sind Hüte in allen Varianten groß in Mode, kombiniert mit Schleier um den Mund. Wahrscheinlich war der Mundschutz gegen den Verkehrsmief der Auslöser dafür.
  • Unsere Sprache hat klare Vokale: A, E, I, O, U. Die vietnamesische Sprache hat auch die Zwischentöne in 5 Tonetagen. Wir sind nicht in der Lage, diese Töne auf Anhieb zu artikulieren, das muß man als Kind lernen.
  • Neue Häuser sind immer drei Meter breit und bis zu 5 Stockwerke hoch, abhängig vom Geldbeutel des Bauherren. Ein staatlich verordnetes Raster.
  • Wasserbüffel sind auf den Feldern als Zugtiere im Einsatz. Zwischen Hanoi und Halong gibt es nur Reisfelder, die mit archaischer Technik bewirtschaftet werden.
  • Auf den Märkten in jeder größeren Siedlung Menschenmassen mit spitzen Hüten. n Die meisten Tätigkeiten spielen sich auf der ebenen Erde ab.
  • Nach einem guten Mittagessen in Halong besteigen wir ein Motorschiff mit ca. 40 Touristen (höchstens ein Drittel davon sind Europäer).
  • Wir fahren von 14 bis 20 Uhr auf der Halong-Bay. Interessante Landschaft: Steile Kalkfelsen in vielfältigen Formen, bewachsen mit Gebüsch und wenigen Bäumen.
  • Es ist ausgesprochen schlechtes Wetter: Am Anfang Regen und kalt, 14 bis 16 Grad. Aber es wird heller, der regen hört auf, es ist ganz gute Sicht, aber keine Sonne.
  • Es ist ein riesiges Gebiet (100 x 200 km), in dem diese Kalkfelsen im Wasser stehen. Darin gibt es auch Höhlen und verschiedene Tropfsteinformationen.

  • An Bord gibt es Tee und Kaffee. Von kleinen Booten aus werden von Kindern Kekse, Korallen und Muscheln verkauft. Aggressives Handeln: 'One Dollar, please!!'
  • Landung und Besichtigung einer Tropfsteinhöhle n Ein Streit unter Fischern wird fast mit verrosteten Säbeln ausgetragen. Ursache unklar.
  • Das ist eine sehr schöne Landschaft: Im Sommer und bei Sonnenschein!
  • Vor Raubüberfällen in diesem Gebiet wird gewarnt: Eine ideale Gegend für Seeräuber mit jeder Menge Unterschlupfmöglichkeiten und Verstecken.
  • Quallen ziehen vorbei, ca. 80 cm Durchmesser
  • Wir haben noch Glück mit dem Wetter gehabt (kein Nebel), aber es fehlt die lange Unterhose.
  • Um 20 Uhr gibt es Abendbrot im gleichen Lokal wie am Mittag: Gebratene Forelle mit Pommes Frittes, Reis und Paprikagemüse. Das Essen ist wirklich gut.
  • Der Leiter der DAAD-Außenstelle Peking sitzt uns mit Frau am Abendbrottisch gegenüber. Es entwickelt sich eine interessante Diskussion.
  • Der Bus ist defekt. Vom Lokal aus laufen wir im Dunkeln auf schlüpfrigen Wegen nach unten zum Hotel.
  • Facit: Eine interessante Gegend, interessante Leute in der Reisegruppe, aber unangenehm kalt: Morgen ziehe ich mir das langärmelige T-Shirt als Unterhose an, dann ist alles o.k.
  • Es ist 20:45 und ich gehe unter die warme Dusche, dann in das unsaubere Bett ohne Sleepy, ich werde die Sachen anlassen. Schlechte Vorbereitung, schlecht gepackt, ich bin für diesen Trip nicht gut gerüstet.

 

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06. Februar 1997, Donnerstag, Ha Long

Es ist sehr früh am Morgen, 3 Uhr. Seit 1:30 bin ich wach. Das ist der Jet-lag, die innere Uhr ist verstellt. Aber das wird sich wieder einrenken, allerdings kann das eine Woche dauern. Es sind ca. 15 Grad in diesem Zimmer, der anfängliche Modergeruch ist verschwunden, oder ich rieche ihn nicht mehr. Ich sitze in einem Sessel, der mit schwarzem Kunstleder bezogen ist. Vor mir ein kleiner Tisch aus Glas und Metall, Design Made in Vietnam. Eine Frisierkommode aus Plastik mit Goldrand und Holzeinlagen. Wilde Betten, wie nach einer Kissenschlacht, Kachelfußboden, grün gestrichene Wände mit Schimmel, die hohe Luftfeuchtigkeit. Ein unbeweglicher Ventilator an der Decke, die elektrischen Strippen für den Motor sind auf die Wand genagelt. Das Fenster ist offen, die Gardine wird von einem schwachen Luftzug bewegt, blauer, bedruckter Stoff, notdürftig an einer Schiene festgemacht. Zwei Leinen sind an der Wand gespannt: Der Kleiderschrank. Praktisch. Die Szene wird von einer Leuchtstoffröhre grell beleuchtet, hoch oben an der Wand mit bläulichem Licht.

Es ist ganz ruhig um diese Zeit, nichts ist zu hören, keine Menschen, keine Vögel, keine Nagetiere. Schaben machen keinen Lärm. Soeben bin ich einer im Bad begegnet, mindestens 30 mm lang. Das 'Bad' ist bis zur halben Höhe gefliest, ein europäisches WC, ein loses Waschbecken mit losen Wasserhähnen. Darüber ein Spiegel und eine nackte elektrische Lampe. Alles in einem Zustand, zwischen billigster Bauausführung und Verwahrlosung. Besonderes Kennzeichen: Fehlende Sorgfalt im Detail. Es geht alles irgendwie, aber man darf nicht genauer hinsehen, oder an den europäischen Standard von Küche und Bad denken. Am Abend gab es warmes Wasser, jetzt ist es kalt. Im Spiegel der Frisierkommode sehe ich mein Gesicht, blaß und bläulich. Eine Decke um die Schultern, ein langärmliges T-Shirt dient mir als Unterhose, Sandalen, Pullover. Nach dem Aufwärmen im Bett - ohne Sleepy aber mit zwei Decken - ist mir warm. Meinen Beinen fehlt die Bewegung mehr als die Unterhose.

Bei dieser Tour wird man zu sehr ruhig gestellt, auf dem Schiff kann man nicht wandern. Bis jetzt ist der Unterschied dieser Vietnamreise zu unserer Tropentour im vergangenen Jahr fundamental:

  • In Vietnam ist es um diese Zeit kalt
  • Es ist keine Sonne zu sehen
  • Keine Sicht auf einen Sternenhimmel
  • Keine 'spektakuläre' Landschaft um Hanoi

Die Landschaft hier in der Halong-Bay könnte es sein, aber es fehlen die Sicht, die Sonne, der Sonnenauf- und -untergang, der Sternenhimmel und angenehme Temperaturen. Wie extrem der Mensch in seinen Stimmungen von solchen elementaren Bedingungen abhängig ist! Natürlich fühlt man sich nicht wohl, wenn man friert. Aber diese subjektive Befindlichkeit wirkt sich sofort auch auf die Beurteilung der Landschaft und der Hotelqualität aus! Um high zu sein oder zu werden, ist die erste Voraussetzung, daß man satt ist, nicht friert und daß es nicht irgendwo weh tut. Simpel, aber immer wieder überraschend.

Jetzt gehe ich wieder ins harte, kalte Bett. An der Oberlippe hat sich eine kleine Beule gebildet. Ein Stich oder eine allergische Reaktion auf die Sauberkeit der nicht vorhandenen Bettwäsche? Wahrscheinlich ein psychosomatisches Problemchen. Morgen wird es wieder weg sein.

06.02.1997, 3:23, Halong-West, Hotel Bin Minh

 

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06. Februar 1997, Donnerstag, Hanoi

Heute ist in Vietnam Sylvester! Van hat gerade angerufen und uns zu seiner Familie eingeladen. Es ist jetzt ungefähr 20:30 und in einer Stunde werden wir abgeholt. Also schnell noch in Stichworten die Ereignisse von Halong aufgeschrieben - morgen werden wir mehr Zeit haben:

  • Übernachtung im Superhotel Bin Minh in Halong-West. Ich schlafe ganz gut, aber nicht zwischen 1:30 und 3:30, Abendbrotzeit in Deutschland.
  • Am Morgen ein Sparfrühstück aus der Tüte im Vorraum des Hotels.
  • Von 8 bis 11:30 Uhr wieder auf einem Schiff und Fahrt durch die bizarre Felslandschaft. Interessant, aber kein Licht.
  • Ich schäkere mit einem Jungen (12). Er sieht, daß ich einen Reserve-Film habe. Er kann kein English, schickt seine Schwester (20, Studentin der Ökonomie) zur Vermittlung zu mir. Sie ist hübsch und kann English. Ich schenke ihrem Bruder den Film und habe einen Freund für's Leben - und eine Freundin! (s.u.)
  • Adressenaustausch und interessante Diskussion mit dem Chef des DAAD in China.
  • Mittagessen in der Gaststätte von gestern. n Rückfahrt nach Hanoi mit dem Bus unter den gleichen chaotischen Verkehrsbedingungen wie auf der Hinfahrt.
  • Pausen in den gleichen Gaststätten an der Straße. Tee und Obst, verkauft von einer Familie, bestehend aus Vater, Mutter, zwei Töchtern und einem Sohn. 'Where do you come from?' Als die Mutter hört, daß ich aus Germany komme, bietet sie mir spontan und scherzhaft ihre schönste Tochter (16) an. Die einzige, die ca. 20 englische Vokabeln kann.
  • Wir werden am See in der Nähe der Altstadt abgesetzt und laufen zu unserem Hotel: Endlich Bewegung! n Dann eine halbe Stunde Ruhe und Tee mit dem Tauchsieder.
  • Van ruft an, die Tochter von Ho bietet uns an, mit einer amerikanischen Reisegruppe mit nach Mai Chau zu fahren. Wir entscheiden uns spontan am Telefon: Ja, wir kommen mit.
  • Gegen 18:30 suchen wir die Suppenküche, in der wir am ersten Tag gegessen haben. Wir finden sie nicht und essen in einer anderen Küche eine Pho für 8.000 Dong: ganz gut. Die Chefin dieser Küche will uns zu Investitionen in Vietnam überreden. Wir müssen bedauern, wir haben kein Geld.
  • Wir kaufen Rosen und Levkojen für das TET-Fest bei Van und handeln bei diesem Kauf. Wenn man nicht handelt und nicht scharf aufpasst, wird man beim Bezahlen ständig betrogen. Kein böser Wille, sondern Sport. Es muss gelernt sein, hier mit Geld umzugehen.
  • Als wir von unserem Spaziergang zurückkommen, werde ich am Telefon der Rezeption verlangt: Die Studentin vom Schiff ist dran: Alles Gute zum TET-Fest und sie will uns morgen unbedingt besuchen kommen ... mein umwerfender Charme
  • Jetzt gehe ich unter die Dusche. Bald beginnt die Fete: Zweimal Sylvester in diesem Jahr!

 

29. August 2002

 

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