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REISE
VORBEREITUNGEN

13. Februar 1997, Donnerstag, Hanoi

 

Gestern sagte Van zu uns: 'Es ist immer noch TET-Fest und auch in der nächsten Woche beginnt der Schulbetrieb noch nicht. Ihr müßt jetzt unbedingt wegfahren!!' Am Abend machte ich noch einen Spaziergang, sehe Cat kauende Frauen, 'Weihnachtsbäume' liegen wie bei uns nach den Feiertagen auf der Straße, Kinder spielen mit einem Billard aus Murmeln. Von zwei Reisebüros sammele ich Angebote für eine Reise nach Hue ein - Preisvergleiche sind offensichtlich gerade hier sehr wichtig. Nach Hue muß man wahrscheinlich fliegen, mit dem Auto ist man einen Tag unterwegs. Ein Ausflug über's Wochenende mit Flugzeug kostet pro Person um die 400 US$. Mal sehen, ob uns das billiger angeboten wird.

Um 16 Uhr kommt Van. Wir tauschen wieder Dollar in Dong und sprechen über die Reise nach Hue, die Ho's Tochter Njet organisiert hat. Am Sonntag geht es los, am Mittwoch sind wir wieder da. Es ist im Prinzip die gleiche Tour wie vom staatlichen Reisebüro, nur etwas billiger. Der Flug ist teurer, er kostet 200 US$, aber vor Ort wohnen wir in einem Hotel, zu dem Mss. Njet Beziehungen hat. Das wird für drei Übernachtungen 100 $ kosten. Also zum Schluß kommen sicher auch 350 Dollar raus. Für vier Tage incl. Flug ist das vielleicht annehmbar, aber das wichtigste ist sicher, daß bei dieser Variante junge, dynamische und aufstrebende Jungunternehmer Vietnams verdient haben und nicht der niedergehende Staat.

Dann laufen wir 10 Minuten bis zum Haus des Schwiegervaters von Van. Dort wohnt auch die Familie seiner Schwägerin und sie hat einen Computer. Den soll ich checken und ihr einen Rat geben, was man daran verbessern kann. Der Computer steht fast auf der Straße. Ein Treppeneingang mit Geländer, der zu einem kleinen Zimmer umfunktioniert wurde. Rundherum Scherengitter und draußen vor der Eisenbahnkreuzung tobt der chaotische Mopedverkehr. Man kann sich nur schreiend verständigen, so laut ist es. Der Rechner ist ein Pentium 166 MHz und gut ausgestattet. Es fehlen die neusten Versionen von AutoCAD und CorelDraw und vor allen Dingen fehlt ein CD-ROM-Laufwerk. Wir vereinbaren, daß das auf Kosten von CA&D eingebaut wird. Um die Software werde ich mich mit der gerade gekauften CD kümmern.

Dann werden wir in das Haus zur Familie gebeten. Zwei große hohe Räume, in einem Raum zwei riesige Betten mit Vorhängen zum Zuziehen, in denen zwei Familien mit Kindern schlafen. Der zweite Raum ist das Wohnzimmer, aber auch hier steht ein Bett und ein kleines Bett für das Baby. Wir sitzen mit der großen Familie an einem Tisch und trinken Tee. Nur der Großvater (77) und wir als ausländische Gäste sprechen. Konfuzianismus. Van übersetzt routiniert wie ein Berufsdolmetscher. Philosophische Gespräche über Marx, Sozialismus, Kultur, vietnamesische Eigenständigkeit und die gegenwärtigen Veränderungen im Lande die schneller ablaufen, als sich die Menschen ändern können. Ein gebildeter, wacher, belesener und weiser Mann, der mit uns liebend gern französisch sprechen würde, wenn wir das könnten. Was er sagt, ist sehr bewegend. Was machen wir mit der wenigen Zeit, die wir hier haben? Er ist der Meinung, daß es das Beste ist, sie für die Enkelkinder zu investieren. Was für eine Parallele! Eine wirklich beeindruckende Begegnung mit einem ruhigen, gelassenen und klar denkenden alten Menschen.

Am Abend sind wir bei Van eingeladen: Heute ist offiziell der letzte Tag des TET-Festes. Die Familie ist zusammen, heute ist auch die Mutter dabei, allerdings verabschiedet sie sich bald wieder. Ein Moritzburger Freund, der z.Z. noch in Leipzig arbeitet, ist auch gekommen. Es wird gut gegessen, Grüße des Rektors soll uns Van übermitteln. Van hat gute Aussichten, von einer westdeutschen Handwerkskammer im April nach Deutschland eingeladen zu werden. So sehen wir uns bald auch in Deutschland wieder.

Gegen 21:30 verabschieden wir uns. Mir steckt eine Gräte links im Hals. Fisch mit Stäbchen zu entgräten, das ist hohe Schule des vietnamesischen Essens. Wir können es schon ganz gut. Am besten geht es, wenn man nicht darüber nachdenkt, wie es theoretisch funktionieren sollte. Stäbchen in der rechten, den flachen Löffel bei Bedarf in der linken Hand. Vor Gräten im Hals ist man auch bei einem Fischbesteck nicht sicher. Jetzt habe ich immerzu die Vision, wie ich mit einer langen Pinzette und einem Spezialspiegel sofort die Gräte wieder los wäre.

 

21. Oktober 2002

 

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