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Biker, Lee's Ferry und der Colorado 3/4


Lee's Ferry
Das sind australische Verhältnisse!! 36 Grad im Schatten, windstill, Halbwüste, trocken, alles roter Standstein. Brütende Hitze, denn ich bin unten in einem Canyon. Nicht in irgendeinem: Das ist der Grand Canyon und der Fluss, den ich hier vom Camper aus da drüben auf der linken Seite sehe, ist der Colorado River: Ich bin im Campground bei Lee's Ferry abgestiegen.

Nach der Begegnung mit den Bikern aus Holland fahre ich weiter nach Osten und erreiche bei Marble Canyon die Navajo Bridge. Von der hohe Brücke aus bewundere ich den Colorado, der hier braun und träge in einem schmalen Canyon fliesst. Obwohl es erst 15 Uhr ist, werde ich heute hier Station machen. In dem Shop an der Brücke erkundige ich mich, wo der nächste Campground ist und lande hier bei Lee’s Ferry. Von 1873 bis 1928 hat es hier eine Fähre über den Colorado River gegeben. Das Gebäude 'Lees Ferry Fort' haben 1874 Mormonen gebaut, um sich vor den Angriffen der Navajo zu schützen. Die Navajo betreiben heute den Shop an der Brücke und auch den Selbstbedienungs-Campground bei Lee’s Ferry.

Auf diesem Campground sitzt man wie auf einem Aussichtsturm. Was für eine Landschaft, was für Bilder !! Vor mir rote, hohe Wände, unten der Colorado River, in dem ich dann baden gehen werde und rund herum in diesem Kessel nur rote, bizarre Sandsteinklippen. Hier fängt der Grand Canyon an. 20 Kilometer nach Osten liegt der Glen Canyon Dam. Der Colorado River wird aufgestaut, bevor er in den Grand Canyon fliesst. Bei Bullhead City, 150 km südlich von Las Vegas, also weit weg, liegt der Davis Dam, dort wird der Colorado River noch einmal gestaut. Ob das eine gute Idee war, diese Dämme zu bauen, wage ich zu bezweifeln.

Der Schweiss tropft von der Nase und läuft an Bauch und Rücken herunter, nackt sitze ich vor dem Laptop. Ganz wie in Australien, das gefällt mir, so fühle ich mich wohl ... wenn es irgendwo eine Dusche gibt - hier fehlt sie leider, man muss runter zum Colorado River.

Eine Stunde vor dem Sonnenuntergang versuche ich, im Colorado zu baden. Die erste Enttäuschung: Direkt unter dem Campground ist der River braun wie Kakao, hier kann man nicht baden. Die zweite Enttäuschung: Das Wasser ist sehr kalt, ich schätze, unter 10 Grad ??! Unten am Fluss ist auch die Lufttemperatur deutlich niedriger. Wie kommt das, warum ist das Wasser so kalt?

Ich laufe stromaufwärts. Hier mündet ein kleiner Bach und hier haben sich Natives mit ihren Kindern niedergelassen, die im Schlamm herumtoben und entsprechend aussehen!

 

Grossvater steht im kalten Wasser und fischt: Eine Regenbogenforelle hat er schon. Vor dem einmündenden Flüsschen ist der Colorado klar, flach und breit. Ich laufe noch 250 Meter auf Steinen flussaufwärts. Dann habe ich die richtige Badewanne gefunden und leiste mir ein spezielles Vergnügen: Ich habe Waschlappen und Seife mit und wasche mich gründlich von Kopf bis Fuss in diesem kalten Wasser. Als ich die Haare wasche merke ich, wie viel Salz allein dort oben ausgeschwitzt wurde.

Um 18:45 Uhr bin ich rechtzeitig zum Sonnenuntergang zurück. Wie lange habe ich es nicht mehr geschafft, den Sonnenuntergang im Liegestuhl zu bewundern und auf die ersten Sterne zu warten! Nie werde ich vergessen, wie ich das in Alice Springs genossen habe. Dort tauchten immer die 'Leitsterne' unter dem Southern Cross als erste Sterne direkt im Westen aus dem Sonnenuntergang auf. Australien wird mich nicht mehr loslassen! Aber Arizona ist wirklich Australia sehr ähnlich: Temperatur, Farben, Licht. Das ist erstaunlich, aber wiederum auch nicht: Wenn die Geologie, das Klima und die Umstände ähnlich sind, dann muss es auch ähnlich aussehen, denn es wirken ja die gleichen Naturgesetze.

Die Vega im Zenit und der Mars im Süden, das waren die ersten Sterne, die gegen 20 Uhr zu sehen waren. Ich habe es geschafft: Ich habe den Sonnenuntergang im Liegestuhl auf meinem Podest erlebt, umgeben von dieser grandios ‚abrasierten’ Sandsteinplatte. Gegen 19 Uhr waren die Spitzen der Berge über dem Colorado River noch sehr schön in der Sonne zu sehen, im Hintergrund weisse Wolken. Nach 20 Minuten war die Sonne von diesen Bergen verschwunden und die Cliffs im Westen zeichneten sich als Scherenschnitte vor dem hellen Himmel ab. Genau an der spannendsten Stelle ging die Sonne unter: Dort stehen in den Cliffs ein paar Pinnacle, die müssen mehr als 150 Meter hoch sein!

Ich sass die ganze Zeit mit meinen schönen Salat im Liegestuhl. Dann koche ich mir mit Pilzen eine Suppe und auch die esse ich draussen im Liegestuhl, Brett auf den Knien. Jetzt ist es 20:30 Uhr und es ist nur noch wenig vom Sonnenuntergang zu sehen. Aber es ist noch warm: 31,5 Grad, innen im Camper die gleiche Temperatur. Die ganze Gegend ist von der Sonne des Tages mächtig aufgeheizt.

Feuer mache ich heute nicht, obwohl genug Holz an der Feuerstelle liegt. Im Gegenteil: Ich setze mich nach dem Schreiben noch einmal in den Liegestuhl und gucke mit dem Fernglas in die Sterne. Schade, der Mond ist vor zwei Stunden schon untergegangen. In zwei Tagen ist Neumond.

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