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Amerika - Vier Wochen nach dem Crash 1/2

Plakat in einem Schaufenster, Downtown San Francisco

Der unvorstellbare Terroranschlag von New York und Washington passierte heute vor vier Wochen. Die schlimmsten Befürchtungen, Amerika würde mit seinem 'Cowboy' Präsidenten George W. Bush auf die Attacke mit einem massiven, undifferenzierten Militärschlag gegen die arabische Welt reagieren, haben sich nicht bewahrheitet. Die Angst davor war berechtigt, denn die Administration sprach in der ersten Woche nach dem Anschlag von einem 'Feldzug zur Auslöschung von Staaten' (ending states). Schon wenige Stunden nach dem Anschlag war der Hauptfeind ausgemacht: Afghanistan, die Taliban und Osama bin Laden, auf den eine Belohnung von 5 Millionen Dollar ausgesetzt wurde. Am 17. September erschien USA TODAY mit der Schlagzeile: 'America ready to sacrifice' und auf der zweiten Seite wurde eine Karte mit Ländern gezeigt, die Ziele einer Vergeltungsaktion sein können: Ganz Nordafrika und der Nahe Osten waren da zu sehen, von Marokko bis Pakistan und von Uzbekistan bis Tanzania. Seltsamer Weise fehlten der Iraq und der Iran als mögliche Angriffsziele. In einer Rede vor dem Kongress am 20. September sagte Bush, an die Militärs gerichtet: 'Be ready .. the hour is coming when America will act, and you will make us proud.' Aber auch nach vier Wochen ist die Stunde der Vergeltung noch nicht gekommen und das lässt hoffen.

So stellt sich die Lage heute für einen Touristen an der Westküste Amerikas dar:

  • Von den Medien wurde das amerikanische Volk systematisch auf einen bevorstehenden Krieg mit vielen Opfern unter den eigenen Soldaten eingestimmt.
 
  • Das Schlagwort heisst 'Patriotismus'. Man kann aber dazu auch Nationalismus sagen. Das gute Amerika gegen das Böse in aller Welt: God bless America; America United; One Nation under God; America Unchanged; We will Stand; War, and we must Win ...
  • Die amerikanische Fahne spielt bei dieser Kampagne eine zentrale Rolle. Sie wird über den Trümmern des WTC gehisst, Fahnen am Auto, vor dem Haus, im Schaufenster, auf dem T-Shirt, in der Hand kleiner Kinder. Fahnen in allen denkbaren Varianten, jeder ist aufgefordert, buchstäblich 'Flagge zu zeigen'.
  • Für die Fire Fighter und für die anderen Opfer wird gesammelt, Blut wird gespendet, Kinder malen mit Buntstiften ungelenk das Sternenbanner und 'God bless America'.
  • Im Fernsehen und in den Zeitungen wurde in den ersten 14 Tagen endlos über die Form und den Umfang des Vergeltungsschlages diskutiert. Man merkte den Journalisten deutlich die Zielrichtung an: Die härtesten Massnahmen sind denkbar und wahrscheinlich. Niemand aber hatte exakte Informationen darüber, was die Regierung beabsichtigt und vorbereitet.
  • Aber der Patriotismus hält sich in der Provinz sehr in Grenzen. Von einer nationalen Hysterie, die man in den Medien schon in den Anfängen beobachten konnte, sind die privaten Amerikaner weit entfernt. NYC, die Börse und CNN sind nicht Amerika! Höchstens an jedem 50. privaten Haus und Auto ist die amerikanische Fahne zu sehen, oft auch jetzt noch auf Halbmast.

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