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Die blutige Story der Abrolhos Islands

Der 'Boomerang' auf den Abrolhos Islands

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Unbescheiden und masslos wie ich nun mal bin, fliege ich heute mit meinem Privatflugzeug auf eine 80 Kilometer entfernte Insel, um dort eine Stunde zu schnorcheln. Der Pilot hört (mit vielen Einschränkungen ...) auf mein Kommando. Schon diese frühe Zeit habe ich festgelegt, weil da das Licht noch nicht so grell ist: Start gegen 6 Uhr, sobald die Sonne aufgegangen ist. Auch das Ziel ist von mir vorgegeben: Houtman Abrolhos Islands, westlich von Geraldton, weit draussen im Ocean. Es sind nur wenige Touristen in Geraldton, nur ich will diese Inseln sehen, also bleibt mir keine andere Wahl, ich muss ein Flugzeug chartern.

Als der Wecker um 4:44 Uhr piept, schlafe ich noch. Wahrscheinlich hätte ich auch nicht verschlafen, aber: Safety first. Während die Teebecher in der Microwelle stehen, räume ich meine Wohnung auf. Vor der Tür bewundere ich die schmale Mondsichel und darunter die Venus. Wie weit ist der Sonnenaufgang? Es beginnt hell zu werden, während ich frühstücke. Viel Zeit habe ich dazu nicht, denn ich muss noch alles im Auto verstauen. Um 5:20 Uhr verlasse ich mit Licht den Caravan Park. Ein Shuttle zum Airport ist bei diesem Trip nicht inklusive. Ich werde um 5:45 Uhr am Flugzeug erwartet.

Erst fahre ich noch einmal kurz auf den Lookout an der See vor dem Caravan Park. Es kündigt sich kein spektakulärer Sonnenaufgang an, es gibt nicht eine Wolke im Osten. Ich fahre die gut ausgeschilderte Strecke quer durch Geraldton zum Airport. Gefährliches Zwielicht, denn ich fahre der Sonne entgegen, die sich durch einen gelben Himmel ankündigt. Ganz dicht über dem Horizont und den flachen Bergen, steht eine rote Wolke.

Um 5:35 Uhr sehe ich die ersten Flugzeuge und fotografiere das erste Bild. Dann parke ich mein Auto vor dem Greenough General Avitation Terminal. Ein schöner Name für ein flaches, kleines Gebäude. Ich gehe vor bis zu dem weissen Zaun, der die Grenze zum Flugfeld bildet. Eine Czesna wird gerade gestartet und vor das Haus gefahren. 'Good Morning, Sir, how are you !?' fragt der Pilot als er ausgestiegen ist. 'Hervorragend, wenn wir beide heute zum Schnorcheln verabredet sind!' 'Yes, that's exactly we'll do!' Wir stellen uns vor: Luc und Al sind heute morgen hier am Flugplatz alleine, der Betrieb fängt erst eine Stunde später an. Ich gehe auf die Toilette, während Luc noch etwas organisiert und Tee kocht.

In der Küche sitzen wir uns dann gegenüber: Ein Junger Mann, höchstens dreissig Jahre alt, drei goldene Streifen am weissen Hemd,

 

dunkle Hose, schwarze Schuhe, eine schwarze Basecap. Er wirkt steif und verklemmt, er ist hier im Dienst und sein Ziel sind die grossen Flugzeuge. Deshalb und weil er Pilot ist, hat er seine Emotionen voll unter Kontrolle. Auf meine Frage, wieviel hundert Mal er schon auf die Abrolhos geflogen ist kommt eine überraschende Antwort: Höchstens zehn Mal. Luc ist erst seit vier Wochen hier angestellt, vorher ist er in Perth Inlandcharter aller Art geflogen. Leider spricht Luc so ein grässliches und schnelles Aussie English, dass ich ihn nur sehr schwer verstehe. Freunde werden wir nicht auf dieser Tour, aber er ist nett und er sagt auch, dass ich meine Wünsche äussern soll, er wird in den nächsten Stunden alles tun, damit ich zu guten Fotos komme!

Das Gepäck wird in einem kleinen Raum mit Klappe hinter den Sitzen verstaut. Die Maschine macht, gelinde gesagt, einen schon sehr stark benutzten Eindruck. Es gibt vier Sitze, aber wir sind nur zu zweit. Dann folgt eine kleine Belehrung: Der Hinweis auf die Schwimmweste, die automatische Signalboje wird scharf gemacht - man kann ja nie wissen. Um 6:22 Uhr starten wir, die Sonne ist schon seit einer halben Stunde aufgegangen. Wir sind kaum 10 Meter in der Luft, da fehlt mir mein wichtigstes Kleidungsstück: Es zieht fürchterlich und den allerbesten Kaschmirpullover habe ich mit, aber er ist unerreichbar in der Box hinter den Sitzen verstaut.

Wir fliegen in ungefähr 500 Metern Höhe direkt über meinen Caravan Park. Wenn die Sonne etwas höher stehen würde, könnte ich mein Bike und meinen schönen Liegestuhl sehen. Aber sie stehen im Schatten, man kann sie nur ahnen. Hier am Separation Point überfliegen wir die Küste und - grosses Erstaunen bei mir: Da ist ja vor uns alles voller Wolken! Aber das ist toll, denn da gibt es was zu sehen! Wie beneide ich die Piloten gerade wegen der Wolken um ihren Job. Jeden Tag fliegen sie durch eine andere Landschaft, auch wenn sie die gleiche Strecke fliegen! Wir fliegen jetzt maximal 850 Meter hoch, ich habe wieder meine Barometeruhr mit. Ich sehe, dass Luc versucht, über den Wolken zu bleiben. Nur manchmal streifen wir eine. Aber es sind keine sehr dichten Wolken, man merkt es an den Bewegungen des Flugzeugs kaum. Ich mache Bilder, am besten sind die durch den Propeller geworden. Dann aber sind wohl die Wolken zu hoch, durch ein Wolkenloch fliegt Luc nach unten und bis zu den Abrolhos Islands fliegen wir an der Unterkante der Wolken lang. Ein herrlicher Flug!

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