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An den Gletschern des Lake Louise 1/4

Das Camp am Oldman River

Am vergangenen Sonnabend fahren wir nach Lethbridge. 12 Stunden mit 70 km/h. Ein Camp am Oldman River. Eine runde Arena, die Zuschauerplätze durch ein Dach aus Ästen mit Laub im Schatten. In der Mitte des Rundells ein mit Bändern und bunten Tüchern geschmückter Baum. 30 Männer und 50 Frauen tanzen in Klausur vier Tage nach einem einfachen Trommelrhytmus um diesen Baum. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Jede Stunde 10 Minuten Pause. Kaum etwas zu Trinken, nichts zu Essen. In der Nacht schlafen die Tänzer in Zelten, von Betreuern umsorgt. Im Saunazelt werden sie am Morgen wieder aufgeheizt und am Abend entspannt. Zuschauer sind in streng abgegrenzten Bereichen zugelassen und sie stampfen den Rhythmus mit: Vier Tanzschritte pro Sekunde. Da kommen in vier Tagen locker ein paar Marathonläufe zusammen. Jeder Indianer darf diesen Sun Dance nur vier Mal im Leben mitmachen. Für Louisa ist es jetzt das letzte Mal.

Wir kommen spät am Abend an und stehen am Sonntag um 5:30 Uhr wieder auf. Eine halbe Stunde später beginnt der letzte Tag mit der Sauna: Steine aus einem grossen Feuer heizen vier Saunazelte auf. Wir können das nur aus der Ferne beobachten. Dann beginnt der Tanz um den Baum. Heute, am letzten Tag, geht der Tanz ausnahmsweise schon gegen 16 Uhr mit einer besonderen Zeremonie zu Ende: Alle Sun Dancer berühren alle Besucher mit Friedenspfeife und Adlerschwinge und übertragen so ihre spirituelle Energie auf die Besuche. Das ist eindrucksvoll, denn man sieht jedem dieser Sun Dancer für Sekunden in die Augen. Anschliessend werden die Grenzen der verbotenen Bereiche aufgehoben.

 

An riesigen Tafeln voller Essen und Trinken begrüssen die Verwandten die Sun Dancer. Endlich gibt es für alle viel zu Essen! Ich habe den ganzen Tag in der Küche mitgeholfen, denn da konnte ich mich nützlich machen. Ausserdem war das für meine Begriffe weniger anstrengend, als unter dem Blätterdach dem monotonen Rhythmus der Sun Dancer zu folgen.

Wir besuchen Louisa in dem Tipi, in dem sie die Woche verbracht hat, betreut von ihrer jüngsten Schwester. Die zahlreiche Familie ist gekommen. Conny kennt schon alle und auch ich werde völlig problemlos als 'Verwandter' eingemeindet. Louisa erhält von allen kleine Geschenke und sie strahlt über das ganze Gesicht. Sie ist zu ihren indianischen Wurzeln zurück gekehrt. Eine Squaw, aus einem Karl May Buch entsprungen: Drahtig, im besten Alter, dunkle Haut, schwarze Haare, braun gebrannt, lebhafte Augen, glücklich, denn sie fühlt sich ihrem Creator nahe. die ganzen Tage hat die Sonne in das Tal am Oldman River geknallt. Es war warm und der Wind trieb grosse Staubwolken vor sich her. Viel Sonne und viel Staub für die Sun Dancer. Die Sauna ersetzt die Dusche.

Wir verabschieden uns gegen 18 Uhr mit einigen Verwandten. Die Oma, Louisas Mutter, Sam, viele Verwandte und Freunde verlassen das Camp erst morgen früh. Conny und ich aber haben jetzt drei Tage Urlaub von der Farm und wir wollen in die Rocky Mountains. Wir fahren heute nur noch 120 Kilometer bis Fort Macleod. Dort stellen wir den Camper für eine Nacht auf einen Campground, denn wir brauchen unbedingt eine Dusche nach diesem heissen Tag und dem vielen Staub!

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Pow Wow in der Arena von Onion Lake