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Mehrwert - das Gattungswesen des Menschen

In der Regel kämpfen die Tiere unerbittlich gegeneinander, wenn es um's Fressen geht. Allerdings gibt es auch Tiere, die schon soweit Einsicht in die Notwendigkeit haben, dass sie die Nahrungsbeschaffung gemeinsam betreiben und sich das eroberte Futter dann auch teilen. Von Gerechtigkeit kann aber beim Teilen keine Rede sein, der Stärkere hat immer noch recht. Auch das Tauschen von Waren und Dienstleistungen ist keine menschliche Erfindung. Der Anfang der Tauschwirtschaft könnte die Vereinbarung gewesen sein: Wenn Du mich von meinen Flöhen befreist, dann erweise ich Dir anschliessend den gleichen Dienst. Irgendwann aber hatte ein Affe eine absolut revolutionäre Idee: Er borgte seinem Kumpel 4 Nüsse und verabredete mit ihm, dass er übermorgen nicht 4, sondern 5 Nüsse von ihm wiederbekommt. Das macht kein Tier! Mit dieser epochalen Erfindung war aus dem Affen ein Frühmensch geworden!

Dieser erste, leider unbekannt Frühmensch war der allergrösste Revolutionär der Menschheitsgeschichte, denn er hat die Zinswirtschaft erfunden und den Mehrwert entdeckt, die ökonomischen Grundlagen aller menschlichen Zivilisationen. Auch die schon bei den Affen in Ansätzen zu beobachtende Tauschwirtschaft wurde spätestens in der Steinzeit verfeinert. Der Steinzeitmensch, der besonders gut Feuersteine bearbeiten konnte, blieb bei der Höhle, beim Feuer, bei den Frauen und Kindern und stellte Werkzeuge her. Die tauschte er bei den Jägern gegen Bärenfleisch ein. Davon hatten beide Seiten Vorteile und schon allein dieser Tauschhandel ohne Geld führte zur ersten Arbeitsteilung. Aber es ging nicht nur darum, Bananen gegen Nüsse und Faustkeile gegen Bärenfleisch einzutauschen. Besonders clevere Neandertaler fanden heraus, dass man nur durch Tauschen auch einen Mehrwert erwirtschaften kann. Je dümmer der Tauschpartner ist, desto grösser ist der zu erzielende Mehrwert.

Als man den Tauschhandel und die Zinswirtschaft entwickelt, den damit zu erwirtschaftenden Mehrwert erkannt und die entsprechende Arbeitsteilung organisiert hatte, waren auch die Würfel für alle zukünftigen Wirtschaftsordnungen gefallen. Denn diese wenigen Prinzipien sind seit der Steinzeit die ökonomische Grundlage aller menschlichen Zivilisationen und auch die Basis unserer heutigen globalisierten Industrie und Wirtschaft. Dafür waren die Weichen endgültig gestellt, als das Geld als universeller Tauschwert erfunden worden war. Von durchbohrten Steinen über Kaurimuscheln, Weihrauch, Gold und Silber zum gedruckten Papiergeld ist kein weiter Weg.

 

Vor allen Dingen bestehen zwischen den verschiedenen Formen des Geldes keine prinzipiellen Unterschiede. Egal wie das Geld aussieht, für Geld kann man sich alle Gegenstände und Dienstleistungen eintauschen. Bald funktioniert das so selbstverständlich, dass man nicht mehr ‚tauschen' sagt, sondern neue Worte erfunden waren: Kaufen, Verkaufen, Käufer, Verkäufer, Kunde, Handel, Markt. Die Ägypter, die Griechen, die Römer, die Inkas und andere Völker haben die alten Hochkulturen mit diesen ökonomischen Instrumenten aufgebaut und sie funktionierten perfekt. Perfekt bis zum Untergang.

Ein Neubeginn nach einem Untergang eines grossen sozialen Systems war immer nur möglich, wenn sich neue Randbedingungen, neue Fundamente einer Zivilisation herausbildeten. Das konnte natürliche Gründe haben, wie zum Beispiel Klimaänderungen. Aber auch die Menschen konnten neue Methoden, Religionen oder Verfahren zur Grundlage einer neuen Zivilisation machen. Die Hochkultur in der wir heute leben, basiert auf einem bisher nie dagewesenen neuen, von Menschen entwickelten Prinzip: Wissenschaft und Technik. Die Wissenschaft erklärt, wie die Naturgesetze funktionieren und die Technik nützt dieses Wissen industriell aus. Dieses bahnbrechende Prinzip von Wissenschaft und Technik hat das erste Mal eine gegenüber allen bisherigen Hochkulturen qualitativ andere menschliche Zivilisation hervorgebracht. Die neue Qualität ist durch Schlagworte zu beschreiben, die nie vorher in der Entwicklung der Menschheit eine Rolle gespielt haben: Extremer Bevölkerungszuwachs, ungekannter Wohlstand für viele Menschen, Wissenschaft, globale Ausbeutung natürlicher Recourcen, Industrialisierung, Verkehr, Informationstechnologie, Globalisierung. Aber absolut verrückt ist die Tatsache, dass die heutige Zivilisation, obwohl sie qualitativ anders funktioniert, als alle ihre Vorgänger, mit den alten, aus der Steinzeit stammenden ökonomischen Prinzipien aufgebaut wurde und damit auch perfekt funktioniert. Perfekt bis zum Untergang.

Warum haben sich die steinzeitlichen Prinzipien der Marktwirtschaft, Tausch und Zinswirtschaft mit dem Ziel der Erwirtschaftung von Mehrwert, in den hunderttausend Jahren seit ihrer Erfindung nicht verändert, sondern nur verfeinert? Das können uns am besten die Verhaltensforscher und die Leute erklären, die sich mit der menschlichen Evolution befassen. Es hängt nämlich - wieder völlig verrückt - mit unseren Emotionen zusammen und damit, dass unser hoch gelobter Verstand bisher keine wesentliche Rolle in der menschlichen Evolution gespielt hat.

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