Die Sieger der Geschichte Seite 2/6
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Aspekte
einer Religion - Philosophisch-mythologisches Denkgebäude Betrachtet man den DDR-Sozialismus unter diesen Gesichtspunkten, dann kommt man zwangsläufig zu dem erstaunlichen Schluss: Der in der DDR praktizierte und 'real existierende Sozialismus' hatte alle Züge einer Religion: Das Denkgebäude Der Dialektische Materialismus ist eine für Naturwissenschaftler sehr plausible Philosophie, die im wesentlichen auf Hegel zurück geht. Hätten die 'Gesellschaftswissenschaftler' der DDR sich strikt auf den Dialektischen Materialismus bezogen, wäre uns viel erspart geblieben. In der praktischen Politik spielte aber der Historische Materialismus die entscheidende Rolle. Seine Grundaussage ist die These: Die menschliche Gesellschaft entwickelt sich so gesetzmässig vom Niederen zum Höheren, wie das in der Evolution der Natur zu beobachten ist. Die niedrigere Stufe ist der Kapitalismus, auf ihn folgt mit gesetzmässiger Notwendigkeit der Sozialismus und danach der Kommunismus. Darauf fusst der Satz 'Wir sind die Sieger der Geschichte!' Diese angebliche Gesetzmässigkeit ist durch nichts bewiesen, es ist ein reines Glaubensbekenntnis. Das Denkgebäude hat auch mystische Züge. Marx und Engels waren die Säulenheiligen der DDR. Jede Kritik war Sakrileg. Die Oktoberrevolution und ihre |
Führer wurden
legendär überhöht (Personenkult), Tatsachen verfälscht
und manipuliert (Stalin). Das beste Beispiel für die Mystifizierung
ist der einbalsamierte und in einem Glassarkophag kultisch verehrte
Lenin. Die unterste Hierarchie war die Parteigruppe, geführt vom 'Parteigruppensekretär'. Jedes Parteimitglied war in einer Parteigruppe 'organisiert' und unter Kontrolle. Monatlich waren mindestens drei Pflichtveranstaltungen zu absolvieren: Die Mitgliederversammlung, die Gruppenversammlung und das Parteilehrjahr. Diese Veranstaltungen liefen nach einem festen Ritus ab. Die Teilnahme war Pflicht und das Hauptziel war die Erläuterung und das 'Studium' der aktuellen 'Dokumente' der Partei. Die Partei hat mit ihren 'Dokumenten' die verbindliche Lehrmeinung verkündet und auch nur sie war für die richtige Auslegung zuständig. Marx war genau so unantastbar, wie die Bibel heute noch ist und die 'Dokumente' des jeweilig letzten Plenums hatten praktisch Gesetzeskraft. Die Partei verfügte nicht nur über die Richtlinienkompetenz in allen Bereichen des Staates, sie hatte mit der Kontrolle über die Armee, die Polizei und den Geheimdienst auch die physische Macht, sie durchzusetzen. Alle Gewalt lag bei der Partei. In den 'Dokumenten' und im 'Zentralorgan' (die Zeitung 'Neues Deutschland') sprachen die Machthaber von 'unseren Menschen'. Eine entlarvende Bezeichnung, denn die Bürger der DDR waren der Partei hilflos ausgeliefert. Nur in einer Oligarchie oder einem 'Gottesstaat' besitzt eine kleine Kaste soviel Macht über alle anderen Menschen. |
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