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Alles ganz einfach 2/2

Noch ist es nicht ganz so weit, aber spätestens im Sommer dieses Jahres ist es erreicht: 60 Millionen Internet User. Jeder einhundertste Mensch dieser Erde hat dann Zugriff zum Internet. Wer an das Internet angeschlossen ist, kann sehr leicht mit allen anderen kommunizieren, die auch am Computer sitzen. Er hat Zugriff zum aktuellen Wissen der Menschheit, er kann vielleicht schon in seiner Wohnung am Computer arbeiten und braucht nicht um 5 Uhr aufzustehen, um 'auf Arbeit' zu gehen und er kann auch viele seiner Besorgungen und Geschäfte vom Computer aus erledigen.

Aber das Internet ist eine Connection der Reichen dieser Welt. Um diese Technik nutzen zu können, muss man eine trockene und warme Wohnung mit Elektroanschluss haben. Ausserdem braucht man einen Computer, die richtige Software und muss sich auch mit einem Provider einigen, der vor dem Zugang zum Internet sitzt. Das alles kostet Geld. Aber das reicht noch nicht aus. Wissen und Können ist nötig, um mit der komplizierten Technik umgehen zu können. Analphabeten haben im Internet keine Chance. Das Internet ist ein Superwerkzeug der technischen Zivilisation und es ist auf dem besten Wege, alte Kulturtechniken wie die Unterhaltung am Lagerfeuer, das Jagen, Sammeln, Lesen, Schreiben und das Zeichnen auf Felswände oder Papier abzulösen. Computer und Internet haben die Kommunikation zwischen den wohlsituierten Menschen dieser Welt in nur wenigen Jahren grundlegend verändert.

Das Internet ist eine sehr junge Technologie, sie ist nicht einmal 10 Jahre alt. Trotzdem hat sie schon deutlich den Alltag in den 'Hochzivilisationen' Europas, Amerikas und in Südostasien verändert. Kaum eine Firma kann es sich noch leisten, nicht im Internet präsent zu sein. Die Mailbox zu kontrollieren, gehört zum täglichen Pflichtprogramm. Die Verfügbarkeit des Internet muss möglichst total sein, denn zu jeder Zeit und an jedem Ort will man mit seinen Freunden und Geschäftspartnern 'chatten' können, die Börsenkurse verfolgen, Angebote einholen und abgeben und sich neue Software 'downloaden'.

Am deutlichsten ist die tiefgreifende Wirkung des Internets bei den Schulkindern zu beobachten. Schon Schüler der 8. Klasse recherchieren für ihre Hausaufgaben im Internet und präsentieren sie ihren Lehrern in ordentlich layouteten, farbigen Ausdrucken, die sie am häuslichen Computer hergestellt haben. Niemand kann heute sein Abitur machen, ohne dass er einen Computer benutzt. Der vernetzte Computer im Kinderzimmer gehört unverzichtbar zum Alltag.

 

Aber die Technik ist noch weit davon entfernt, das zu leisten, was man von ihr erwartet. 'Handys' sind zwar mobil, aber man muss sich sehr quälen, um mit 10 viel zu kleinen Tasten den Text einer 'SMS' einzutippen. Das Display ist nicht grösser als 100 x 100 Pixel, da ist kein Angebot zu lesen oder das Videobild des Partners am anderen Ende der Leitung darzustellen. Mit einem Notebook geht das schon besser. Es ist mobil, der farbige Bildschirm ist 14" gross, besitzt eine maximale Auflösung von 1600 x 1200 Pixel und die 'WebCam' ist integriert. Aber immer noch braucht man die grosse Tastatur, um komfortabel einen Text eingeben zu können. Ausserdem darf man sich nicht zu weit von der Steckdose entfernen, denn Batterien mobiler Geräte halten selten länger als 5 Betriebsstunden durch. Am stabilsten kann man die neue Technik vom heimischen Schreibtisch aus nutzen. Solange der Strom nicht ausfällt, (wie derzeitig in Kalifornien ...) und man in der Lage ist, 100,- DM monatlich für die 'Flatrate' auszugeben, ist man ständig 'online' und mit aller Welt in Kontakt.

Aber weil das Internet noch absolut in den Kinderschuhen steckt, bleiben viele Wünsche offen. Das Internet ist zu langsam, die Geräte sind zu gross und die Bedienung ist zu kompliziert. Immer benötigt man Batterien und der drahtlose Zugang ist flächendeckend und global nicht gewährleistet. Man muss viel mehr schreiben als sprechen und die meiste Zeit vergeht mit dem Suchen im 'World wide Waste' nach Adressen, Produkten und Fakten. Alle Schnittstellen sind 'unmenschlich', sie sind kaum oder völlig ungenügend an die menschlichen Sinne angepasst: Hören funktioniert, aber Sehen kann man nur etwas über schlechte Monitore und nicht dreidimensional. Das Riechen, Schmecken und das Fühlen wird überhaupt nicht bedient. Die Technik ist störanfällig, unzuverlässig und labil. Ein Stromausfall erzeugt den Supergau: Die gesamte Kommunikation bricht zusammen. Der entscheidende Nachteil aber ist, dass Internet und Computer keine gleichwertigen, intelligenten Partner des Menschen sind. Sie sind so ahnungslos und passiv, wie Kneifzange und Hammer.

Rasend würde mich interessieren, wie die zwischenmenschliche Kommunikation im Jahr 3001 funktioniert. Wer wird denken an so ferne Zeit? Was aber sind 1000 Jahre in der Evolution des Lebens auf dieser Erde ..?

 

Jürgen Albrecht, 13. Februar 2001

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