Finkelstein,
Die Juden und die Deutschen
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An so einfachen Beispielen ist zu erkennen, dass der Entschädigung und Wiedergutmachung objektive Grenzen gesetzt sind. Trotzdem trete ich dafür ein, dass alle überlebenden Opfer so hoch wie möglich entschädigt werden. Es scheint so (s. Bild aus DER SPIEGEL, 7/2001, Seite 223), dass die jüdischen Opfer überdurchschnittlich bei den bisherigen Entschädigungszahlungen bedacht worden sind: #) Seit Mitte März 2001 stehen der Stiftung für jüdische und osteuropäische Zwangsarbeiter 10 Milliarden DM zur Verfügung. Nicht einmal das Gedenken an die Toten ist einfach. Wenn der Ermordeten gedacht wird und wenn Mahnmale errichtet werden sollen, dann ist natürlich aller 60 Millionen Toten dieses schrecklichen Krieges zu gedenken, nicht nur der jüdischen. Alles ist Geschichte, sobald keine Täter oder Opfer mehr leben. Die Deutschen wegen der Verbrechen der Nazis in Sippenhaft zu nehmen, oder ihnen eine immerwährende Kollektivschuld zuzuweisen, ist zwar für die Juden nützlich, aber es ist unhaltbar. Niemand ist für die Geschichte verantwortlich zu machen. |
Am meisten sind die einfachen, jüdischen Menschen zu bedauern, die noch oder wieder in Deutschland leben. Sie haben unter Hitler entsetzlich gelitten, als Überlebende haben sie die Kriegsfolgen getragen, von Juden anderer Länder wird ihnen angelastet, dass sie 'im Land der Täter' leben, mit nicht jüdischen Deutschen vermeiden sie den Kontakt und ausserdem haben sie auch noch Probleme mit ihrer jüdischen Identität. Wenn sie sich zum jüdischen Glauben bekennen, finden sie darin Identität und persönlich einen starken Halt. Aber ihre Religion besitzt ein hohes Konfliktpotential. Wer von sich behauptet, zum 'auserwählten Volk' zu gehören, findet ausserhalb seiner Religionsgemeinschaft keine Freunde. Im Gegenteil. Mit diesem Glaubensbekenntnis werden religiöse Menschen anderer Glaubensrichtungen provoziert. Wer sich konsequent zur einer Religion bekennt, hat fast automatisch Schwierigkeiten mit seinen Mitmenschen. Das gilt auch für die Juden. Die Säkularisierung hat in den vergangenen 50 Jahren stark zugenommen und auch das Judentum erreicht. Viele erkennen, dass fiktive Glaubenssätze unhaltbar und die Ursache der meisten weltweiten Konflikte sind. Wie aber definiert sich ein Jude, der am Freitag nicht mehr den Sabbat feiert? Ein schwieriges Problem und es ist naheliegend, Identität aus dem Holocaust des II. Weltkrieges zu gewinnen. Peter Novick **) hat dieses Phänomen für die USA beschrieben. Ein Ausweg ist das offensichtlich nicht. Ein wirklicher Jude ist offenbar nur ein religiöser Jude. Als Alternative bietet sich nur an, sich dort zu assimilieren, wo man lebt. So werden aus Juden Amerikaner, Australier, Briten, und auch Deutsche. Israeli zu werden, ist für Juden vielleicht noch der einfachste Weg. Jüdische Organisationen sind in vielen Staaten und weltweit tätig. Der Zionistische Weltkongress ist das oberste Beschlussorgan des Zionismus. Sein Präsident, David Ben Gurion, proklamierte 1948 den Staat Israel und wurde Israels erster Ministerpräsident. Der World Jewish Congress (Jüdischer Weltkongress, WJC) ist der internationale Dachverband jüdischer Gemeinden und Organisationen aus 84 Ländern mit Sitz in New York und Genf. |
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