BACK

Modern Arts - Kunst ohne Könner 1/2

Es regnet und noch liegt ein bisschen Schnee auf der Strasse. Das Wasser dampft in den Teichen des Stadtwäldchens. Ich habe nasse und kalte Füsse. Als Optimist bin ich im Februar mit Sandalen an den Füssen nach Budapest gefahren. Aber je mehr man sich bewegt, desto besser verträgt man diese Kneipp Kur. Gehe ich in das Szechenyi Bad oder in das Museum of Fine Arts? Obwohl ich im Thermalbad sofort meine kalten Füsse los wäre, entscheide ich mich gegen das Profane und für die feinen Künste.

Das Gebäude mit seinen breiten Marmortreppen und den hohen Säulen ist ein im Jahre 1906 errichteter Monumentalbau. Es bleibt unklar, wer hier wem imponieren wollte. Heute jedenfalls soll hier am Abend der Geldadel von Budapest beeindruckt werden. Der grösste Saal mit zeitgenössischer Kunst an den Wänden, ist nicht zugänglich. Ein festliches Dinner wird vorbereitet, eine Bank hat eingeladen. Wer sonst.

Im Szepmüveszeti Muzeum kann man einen Querschnitt durch die Kunst der letzten 5000 Jahren besichtigen. Viel länger ist die Geschichte der menschlichen Zivilisation noch nicht: Ägypten, Hellas, die Römer, mittelalterliche, sakrale Kunst, flämische Meister, französische Impressionisten, Jugendstil, Op-Art, Pop-Art und schon sind wir bei der Kunst der Moderne.

Werkzeuge, Gebrauchsgegenstände und Kultgeräte aus der vorchristlichen Zeit sind ausgestellt. Das Museum besitzt sehr viele Bilder und auch einige interessante Skulpturen, sogar eine von Tilman Riemenschneider. Auch mein Freund Victor Vasarely ist vertreten, aber nicht repräsentativ. Dafür aber hat er sein eigenes Museum in Obuda. Ganz subjektiv beeindrucken mich heute am meisten die Impressionisten:

Eine Kreidezeichnung von Toulouse Lautrec, eine Landschaft von Gauguin und Boote von Monet. Das ist für mich Kunst! Um die in der prallen Sonne liegende Boote so zu malen, muss man etwas können.

In der Eingangshalle zwei schreckliche, riesige Schinken in Rot und im Keller ein ganzer Saal: Die Kunst der Moderne. Nie habe ich den Unterschied zwischen Gegenwartskunst und der gesamten Kunst vor der Moderne so augenfällig gesehen wie hier, wo die künstlerischen Bemühungen der Menschheit in einem Haus versammelt sind und man unterschiedliche Epochen so anschaulich vergleichen kann.

Für Joseph Beuys war es vor 25 Jahren noch eine Vision: Alles ist Kunst. Heute ist diese Vision in der Kunst der Moderne Wirklichkeit geworden: Alles ist Kunst. Aber wenn alles Kunst ist, dann ist gleichzeitig auch nichts mehr Kunst. Und so sieht die hier zu besichtigende und typische Kunst der Moderne aus: Banal, ideenlos, nichtssagend, seicht und völlig trivial. Wer will mir erklären, warum nicht auch das ins Museum gehört, was meine dreijährigen Enkel produzieren, wenn sie begeistert mit Fingerfarben spielen? 'Na klar', sagen die Kenner der Szene, 'auch das ist Kunst!' Es muss nur jemand auf eine Idee kommen, wie man daraus Geld machen kann, sofort hängen auch diese 'Werke' in Galerien und Museen.

Die Gegenwart hat die Kunst, die sie verdient : Von der Malerei über die Skulptur (die jetzt Installation heisst ...), Gebrauchsgrafik, Design, Film, Video bis hin zur Musik. Nur die Literatur sperrt sich gegen die Beliebigkeit. Der Grund für die Banalisierung der Kunst scheint simpel zu sein: Der Bedarf an Kunst ist in einer reichen Freizeitgesellschaft extrem hoch. So viele Könner gibt es einfach nicht.

Nächste Seite

BACK