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Hit and Run - Kassieren und Abhauen
Banken in der Krise
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Zitate aus DER SPIEGEL 42/2002 S. 94 ff


Auf der Jagd nach dem schnellen Geld
haben die Banken in den Jahren der Börsen-Hysterie
ihre Kunden verprellt und ihr angestammtes Geschäft vernachlässigt.
Jetzt stecken die deutschen Finanzmanager in einem Teufelskreis,
der die gesamte Wirtschaft mitreißen könnte.


Die Situation ist an Dramatik nur noch schwer zu überbieten: Monatelang verging kaum ein Tag, ohne dass die Bankaktien die Börsen in immer neue Tiefen rissen. Massenentlassungen (Dresdner Bank), Gerüchte über Gewinnwarnungen (Deutsche Bank), Verlust von mehr als der Hälfte des milliardenschweren Börsenwertes (HypoVereinsbank) oder gar die Frage nach anstehenden Liquiditätsengpässen (Commerzbank) prägen das Bild. Schon hundert deutsche Kreditinstitute sind pleite - oder in Schieflage. Mehr als 38.000 Jobs werden allein an diesen vier Großbanken im Jahr 2002 gestrichen.

Die Finanzriesen sind selbst schuld. Sie haben beim eigenen Drama von Anfang an die Regie übernommen. Sie waren es, die an den Aktienmärkten einen Flächenbrand entfachten ... Sie waren es, die in den 90-Jahren auch die fragwürdigste Internet-Klitsche an die Börse brachten ... Sie waren es, die den weltweiten Fusionszirkus entfachten ... Sie waren es, die mit immer neuen Jubelmeldungen ihrer eigenen Analysten die Kleinaktionäre in finanzielle Abenteuer stürzten. Sie waren es, die damals bereitwillig Kredite vergaben, wenn die angefixten Anleger auf Pump von der erhofften Zukunft profitieren wollten. Sie waren es, die grenzenlos immer neue Fonds auflegten, die vor allem ihnen selbst Provisionen bescherten. Und sie waren es, die künftigen Börsen Aspiranten das Geld noch hinterhertrugen ...

Die Banken berauschten sich am selbst inszenierten Schneeballsystem. 'Hit and Run' statt mühsames Geldverdienen mit Geldverleih. Jetzt aber sind die Träume weltweit vorbei. Und das gesamte Finanzgewerbe bricht ein - nicht nur in Deutschland.

Frische Geschäfte sind nicht in Sicht. Die Beteiligungen verlieren an Wert oder sind schon verkauft. Viele Geldhäuser ziehen die Reißleine: Allein im II. Quartal versuchten die deutschen Banken verzweifelt, von ihren Firmenkunden insgesamt 6,2 Milliarden Euro mehr zurückzuholen, als sie an Krediten ausgaben. Sie selbst brauchen nun dringend Geld. Im Kampf ums eigene Überleben müssen die Institute sogar verliehenes Geld eiligst zurückfordern und treiben damit andere Unternehmen in den Ruin. Das alte Bonmot von der Branche, die bei Sonnenschein Regenschirme verleiht und sie bei Regen zurückfordert, ist für viele Mittelständler längst bittere Realität geworden.

Im Ausland wächst die Sorge über die Stabilität der deutschen Hochfinanz: Die Dresdner Bank mit Verlusten von über einer Milliarde Euro nur im II. Quartal. Inzwischen ein Sanierungsfall der Allianz. Den drei verbliebenen Großbanken Deutsche, Commerz- sowie HypoVereinbank geht es kaum besser. Das Trio kann gar nicht so schnell einsparen, wie ihm zurzeit die Gewinne wegbrechen. Die Deutsche Bank? Angeschlagen. Die HypoVereinbank? Ein Übernahmekandidat. Die Commerzbank? Allein kaum noch überlebensfähig.

 

Börsengänge? Fehlanzeige. Aktienhandel? Wer kauft in Zeiten wie diesen Wertpapiere? Investmentbanker? Wer braucht sie noch? 'Hier herrscht Grabesstille', sagt ein Profi von der Deutschen Bank in Frankfurt. Allein an der New Yorker Wall Street haben in den vergangenen 12 Monaten über 50.000 Banker ihren Job verloren. In London sind 25.000 Arbeitsplätze in der Finanzindustrie weggefallen. Das ist erst der Anfang. 'Das Bluten wird weitergehen' sagt Philip Middleton, Partner aus der Finanzabteilung von Ernst&Young in London. Endzeitstimmung macht sich auf den Fluren breit.

Operation misslungen. Der Patient bebt. Das Geschäft ist tot. Die Geldhäuser haben ihre stabilisierende Wirkung verloren. Ihre restriktive Kreditpolitik verstärkt den negativen Trend: Die Banken sind Verstärker des Abschwungs, zu dem sie selbst obendrein wesentlich beigetragen haben mit dem Schneeballsystem ihrer Börsengier. Die Krise nährt die Krise. Je mehr Unternehmen Pleite gehen, desto größer sind die Verluste der Banken. Und je schlechter es den Banken geht, desto weniger Kredite vergeben sie an Not leidende Unternehmen.

Schon macht deshalb das Gespenst einer Deflation in den Handelsräumen die Runde - also einer Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und schrumpfender Wirtschaft.

Reine Theorie? Der deutsche Branchenführer: 'Die Parallelen zwischen dem Japan der 90-Jahre und der aktuellen Situation in Euroland', so heißt es in einer Studie der Deutsche Bank, 'sind zum Teil erschreckend und weisen auf ein gewisses Deflationsrisiko in Euroland hin.'

 

Kommentar von Al:

  • Angeschlagene Banken und eine weltweite Verunsicherung durch Terrorismus und die aggressive US-Aussenpolitik sind der Nährboden für eine globale Deflation wie Ende der 20-er Jahre: In welchem Maße droht der westlichen Welt ein Zusammenbruch der Finanzsysteme und der Wirtschaft?
  • Die EU ist gerade dabei, den Stabilitätspackt aufzuweichen. Damit wird neben der Wirtschaft in Europa auch die Stabilität des Euro gefährdet.
  • Finger weg von der Börse, mindestens in den nächsten 10 Jahren: Aktienkurse habe nichts mit Vernunft und Fachwissen zu tun. Analysten lügen für die eigene Bank (s.u.), Rankings sind getürkt, Bilanzen und Fundamentaldaten gefälscht. Aktien und Fonds sind keine langfristige Wertanlage, sondern der Spielball der Day Trader.
  • Geld besitzt keinen Wert an sich. Es ist nur Papier! Geld auf der Bank ist nicht sicher, denn die Bank kann zahlungsunfähig werden. Mit einem Federstrich kann jede Währung übernacht abgewertet werden!
  • Immobilien und Edelmetalle sind die einzigen Werte, die bisher Kriege und Deflationen überdauert haben.

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Jürgen Albrecht, 19. Oktober 2002

Weblog.al July 2002

It's the
American way

Zitate von SPIEGEL ONLINE:

... Die Nation Shopper lebt ungeniert über ihre Verhältnisse. Der durchschnittliche US-Haushalt hat laut CardWeb.com elf Kreditkarten. 60 Prozent der Karteninhaber bezahlen ihre monatlichen Rechnungen nicht vollständig. Die Schulden sind daher seit 1990 stark gestiegen: von 2985 Dollar pro Haushalt auf 8367 Dollar im vergangenen Jahr.
... Wurden vor zehn Jahren noch 25 Prozent der Kaufsumme für ein Auto sofort gezahlt, sind es inzwischen nur noch sieben Prozent - der Rest tröpfelt auf Raten nach. Im zweiten Quartal 2002 stieg die Verschuldung der US-Haushalte laut der Rating-Agentur Moody's auf acht Billionen Dollar - ein Rekord. Damit haben die Amerikaner mehr Schulden als verfügbares Einkommen (7,8 Billionen Dollar).
... das Leben auf Pump (ist) eine uramerikanische Tradition. ... Im Jahr 1890 etwa waren die Schulden der US-Bürger mit 880 Dollar fast doppelt so hoch wie ihr durchschnittliches Jahresgehalt (475 Dollar).
... George W. Bush … ist gerade dabei, die Staatsfinanzen komplett zu ruinieren. Nachdem er die Steuern gesenkt und die Militärausgaben deutlich erhöht hat, musste der Kongress im Juni bereits die gesetzliche Obergrenze für die Neuverschuldung anheben. Als nächstes steht nach Befürchtungen von Experten der Krieg gegen Irak an. Wie die Regierung das 80-Milliarden-Dollar-Abenteuer finanzieren will? Natürlich auf Pump.

... Mehr bei SPIEGEL ONLINE
31. July 2002, 16:56

Wer wieviel absahnte (2002 in Millionen Dollar)
Manager Firma Summe
Gary Winnick Global Crossing
512,4
Kenneth Lay Enron
246,7
K. B. Chandrasekhar Exodus
130,7
David Lee Global Crossing
118
Richard Lumpkin McLeod USA
116,3
Craig McCaw XO
115,4
Barry Porter Global Crossing
113,8
Howard Finkelstein Metromedia
105,1
Clark McLeod McLeod USA
99
Jeffrey Skilling Enron
88,5
Quelle: Financial Times Deutschland

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Hier ist zu sehen, was von den Prognosen der Analysten zu halten ist.
Es ist reine Spekulation
denn es existieren keine wissenschaftlichen Grundlagen
für solche Voraussagen.

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