BACK

Der entmannte Computer 2/4

Die neue Eigentumsordnung
Einen Ausweg aus dieser misslichen Lage verspricht nur eine neue Eigentumsordnung. Grundpfeiler dieser neuen Ordnung werden sein:

  • Neuregelung des Copyrights im wörtlichen Sinne: Wer darf wann was kopieren?
  • Ausweitung des Patentschutzes auf Software (und Produkte der Gentechnik).
  • Neue, effektivere Verfahren zur Verwertung der Urheberrechte am geistigen Eigentum.
  • Durchsetzung des Warencharakters von Informationen und Wissen.

Wer die Hoffnung hatte, dass mit weltweit agierenden Medien, vernetzten Computern und dem Internet eine weitestgehend kostenlose Struktur zur Verteilung von Wissen und Informationen und zur freien Meinungsäusserung entstehen wird, der wird bald eines besseren belehrt werden. Die gegenwärtige Freiheit im Umgang mit Informationen wird eingeschränkt werden.

Die mächtige Lobby der 'Content-Verwerter', die mit Informationen, Wissen und der dazu erforderlichen Hardware Geschäfte machen, wollen genau dafür sorgen. Aus ihrer Sicht ist die technische Entwicklung aus dem Ruder gelaufen und muss schnellstmöglich korrigiert werden, weil sie dem Verbraucher zu viele Freiheiten und Leistungen gewährt, für die er nicht bezahlt.

Novellierung des Urheberrechts
Die USA, zweihundert Jahren Erfahrung im Big Business, sind die Vorreiter dieser neuen Entwicklung. Für die USA wurde bereits 1998 ein Gesetz verabschiedet, das die Schutzdauer des Copyrights rückwirkend von 75 auf 95 Jahre verlängert. Das sichert beispielsweise Hollywood gute Geschäfte mit alten Filmen für weitere zwanzig Jahre. Die USA verabschiedeten 1998 auch den Digital Millenium Copyright Act (DMCA). Damit wird das Copyright im Hinblick auf das Internet gestärkt und die Voraussetzung für DRM (Digital Rights Management s.u.) geschaffen.

 

Die neuen Organisationsbarrieren begünstigen diejenigen, deren wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen.

Der User vor dem Computer ahnt nicht, was das bedeutet. 'Bevor alle anderen herausgefunden haben, um welche politischen Weichenstellungen es geht', meint die amerikanische Urheberrechtsexpertin Jessica Litman, 'wird die Schlacht ums Copyright wahrscheinlich schon verloren sein' [2].

Über die Welthandelsorganisation (WTO) wurde die Europäische Union ins Boot geholt. Das Gegenstück zu DMCA ist die EU-Richtlinie '… zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Rechte in der Informationsgesellschaft'. Sie trat am 22. Juno 2001 in Kraft und soll bis zum 22. Dezember 2002 in nationales Recht umgesetzt werden.

Im Bundestag beginnen jetzt die Beratungen über die Novellierung des Urheberrechts-Gesetzes (UrhGE). Auch der deutsche Regierungsentwurf zielt auf das Entstehen von Informationsmärkten und die Stärkung des Warencharakters geistiger Erzeugnisse. Wie das US-Vorbild soll das neue Gesetz den rechtlichen Rahmen für DRM-Systeme schaffen und die Umgehung von Kopierschutzsystemen verbieten. Jeder Urheber beziehungsweise Inhaber des Verwertungsrechts erhält danach das Recht, durch 'wirksame technische Maßnahmen' ein Werk vor missbräuchlicher Nutzung zu schützen (§ 95a UrhGE). Die Umgehung dieser Maßnahmen, sowie die Weitergabe oder Veröffentlichung von Anleitungen dazu stellen eine Straftat dar (§ 108b).

Grundsätzlich gestatten die Paragrafen 52a und 53 auch künftig bisher als 'fair use' zulässige Nutzungsformen und erlauben, zu Unterrichts- und Forschungszwecken sowie zum privaten Gebrauch digitale Kopien ohne Zustimmung des Rechtsinhabers herzustellen. Praktisch dürfte der Schutz der Privatkopie jedoch wenig wert sein, denn genau das sollen ja die in § 95a unter Schutz gestellten DRM-Systeme verhindern.

Nächste Seite

BACK