Was ist Stammzellenforschung ?
Was sind Stammzellen? Stammzellen sind noch nicht ausdifferenzierte Körperzellen, ihre spätere Funktion im Organismus ist noch offen. Stammzellen zeichnen sich durch Ihre Fähigkeit zur Selbstreplikation und Differenzierung aus. Man unterscheidet zwei Arten von Stammzellen: Embryonale und Adulte Stammzellen. Ein menschlicher Embryo besteht von der befruchteten Eizelle bis zum Teilungsstadium von acht Zellen ausschliesslich aus embryonalen Stammzellen. Adulte Stammzellen existieren in jedem Menschen. Sie werden in der Leber, dem Gehirn, dem Knochenmark und in der Bauchspeicheldrüse immer wieder neu gebildet. Sie sind aber beispielsweise auch in der Nabelschnur von Neugeborenen zu finden. Das reproduktive Potential embryonaler Stammzellen ist deutlich höher, als das adulter Stammzellen.
Ziele der Stammzellenforschung Die Stammzellenforschung gehört zur Reproduktionsmedizin. Sie versucht die Fähigkeit der Stammzellen therapeutisch zu nutzen, sich in spezifische Körperzellen umzuwandeln. Seit 30 Jahren wird beispielsweise Leukämie erfolgreich durch Stammzellen bekämpft, die aus körpereigenem Knochenmark gewonnen werden. In jüngster Zeit wird von Erfolgen bei Querschnittslähmungen berichtet, wo adulte Stammzellen (gewonnen aus Nabelschnüren) in die Umgebung der verletzten Wirbelsäule gespritzt werden. Die Hoffnungen sind hochgesteckt, sie gehen von der gezielten 'Produktion' beliebiger menschlicher Organe bis zur (möglichst unendlichen) Verlängerung der Lebenszeit.
Viele Bedenkenträger - Keine Wirkung Die Reproduktionsmedizin, das menschliche Klonen, die Manipulation der menschlichen Gene und auch die Stammzellenforschung sind strittig, weil ethische und religiöse Bedenken bestehen. Zum einen ist strittig, ob es mit der Menschenwürde vereinbar ist, in dieser Form in den menschlichen Körper einzugreifen. Die religiösen Bedenken rühren daher, weil nach katholischem und christlich-fundamentalistischem Verständnis bereits eine befruchtete Eizelle eine Seele besitzt, der durch die destruktive Embryonenforschung die Chance auf Erlösung genommen wird. Ausserdem wird aus dieser Sicht dabei auch gegen das christliche Gebot 'Du sollst nicht töten!' verstossen. Alle Bedenken hatten keine Wirkung. Die Reproduktionsmedizin ist ein breites Forschungsfeld und ein lukrativer Wachstumsmarkt.
Die Gesetzeslage in Deutschland Das "Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz - EschG)" trat zum 1. Januar 1991 in Kraft. Es enthält u. a. Definitionen und Vorschriften zum Verbot der Geschlechtswahl, der Chimären- und Hybridbildung oder des Klonens, zum "Arztvorbehalt" sowie über mißbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen u.a.m. Nach dem Stammzellengesetz vom 25. April 2002 dürfen in Deutschland Stammzellen nicht aus Embryonen neu gewonnen werden. Embryonale Stammzellen dürfen nur dann importiert werden, wenn sie von bereits vernichteten, nicht aber von erst zu vernichtenden Embryonen stammen (Stichtagsregelung, 1. Januar 2001). Der Bundestag hat es im Dezember 2004 abgelehnt, dieses Gesetz und damit die Regeln für die Stammzellenforschung zu ändern. Eine entsprechende Forderung der FDP stieß auf breiten Widerspruch.
Eine Frage des Standpunktes Die Öffentlichkeit in Deutschland ist in Sachen Gentechnik gespalten - soweit sie sich überhaupt dafür interessiert. Die wesentlichsten ethischen Vorbehalte werden religiös, mit der Würde des Menschen und dem Schutz des ungeborenen Lebens begründet. Generelle naturwissenschaftliche, philosophische oder im weitesten Sinne 'GRÜNE' Bedenken spielen fast keine Rolle. Aber genau hier liegen meine persönlichen Besorgnisse: Ich bin der Meinung, der Mensch sollte generell das natürliche Erbgut von Tieren und Pflanzen in Ruhe lassen. Ganz besonders aber sollte er nicht mit seinen eigenen Genen spielen. Aus mehreren Gründen:
Diese hohen Risiken sind für mich entscheidend, die gesamte Gentechnik ohne jede Ausnahme abzulehnen. Der Mensch sollte sich bescheiden, die natürlichen Gene für Tabu erklären und wenigstens an dieser Stelle seine Neugier zügeln. Das aber ist reines Wunschdenken, Illusion. Die Welt ist nicht so, wie sie aus meiner Sicht sein sollte. Ausserdem hat meine private Haltung keine Konsequenz in der Realität. Niemand hat die Macht, der menschlichen Neugier Fesseln anzulegen. Aber auch wenn das möglich wäre, es ist zu spät: Weltweit wird intensiv geforscht und der natürliche Genpool ist bereits irreversibel manipuliert. Die sprichwörtliche Büchse der Pandora wurde bereits vor 20 Jahren geöffnet und es gibt kein Zurück mehr zum Zustand der Welt, wie sie noch 1980 war.
Was tun ?! Die ethischen Vorbehalte der Menschenrechtler und der christlichen Kirchen sind ehrenwert, aber auch sie hatten und haben keine Wirkung. Die Bedenken der katholischen Fundamentalisten sind für aufgeklärte und naturwissenschaftlich gebildete Menschen nicht einmal nachvollziehbar. Man bezieht sich auf mittelalterliche Vorstellungen vom Wesen des Menschen, die reine Fiktionen sind und schon mit dem ganz normalen Schulwissen kollidieren. Wie kann man beispielsweise die Evolution des Lebens (notgedrungen) akzeptieren, dem Menschen aber eine abgehobene Sonderrolle ausserhalb des Tierreichs und ausserhalb jeder Vernunft zuschreiben? Die Politik agiert hilflos nach dem Beispiel von Herrn K.: 'Weil nicht sein kann, was nicht sein darf ...' Ist es vernünftig, überzählige, befruchtete Eizellen als nicht existent anzusehen, anstatt mit ihnen zu versuchen - wenn auch mit Trial and Error - menschliche Leiden zu heilen oder doch zu lindern? Was hat es mit Ethik und Religion zu tun, was mit dem Schutz des ungeborenen Lebens und mit der Würde des Menschen, wenn der Gesetzgeber Forschern im eigenen Land verbietet das zu tun, was sie im Nachbarland dürfen und was andere Forscher dort längst auch machen? Auch sein Gewissen kann man auf diese Weise nicht beruhigen. Denn mit unserem täglichen Leben in dieser technisierten Wohlstandsgesellschaft ist jeder Einzelne auch verantwortlich für das Ganze, das daraus entsteht. Was tun?
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Jürgen
Albrecht, 17. Dezember 2004
update
08.11.2007