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Gesunde Ernährung - Aber wie?

 

 

58 Prozent der Männer haben Übergewicht

Mit unseren veränderten Lebensverhältnissen haben sich auch die Essgewohnheiten gewandelt. Die Neandertaler waren muskulös und hatten vermutlich nicht viel Fett auf den Rippen, denn sie mussten den grössten Teil ihrer Zeit dafür verwenden, etwas Essbares aufzutreiben. Hunger war ihr entscheidender Antrieb. Wir wenden für die Beschaffung von Essen täglich höchstens eine Viertelstunde auf: Der schnelle Einkauf im Supermarkt. Dafür aber schleppen die Hälfte der Deutschen zu viel Fett mit sich herum. 41 Prozent der erwachsenen Frauen und 58 Prozent der Männer sind übergewichtig. Übergewicht ist ein globales Problem. Nach Schätzungen der WHO leben erstmals ebenso viele übergewichtige wie unterernährte Menschen auf der Erde - jeweils rund 1,2 Milliarden. Mindestens 300 Millionen Menschen (5 Prozent der Erdbevölkerung!) sind nach WHO-Angaben so fett, dass sie medizinischer Behandlung bedürfen (1).

Übergewicht ist ein Zivilisationsproblem, das mit dem Wohlstand korreliert. Logisch, dass sich in der Marktwirtschaft damit ein weites Feld für lukrative Geschäfte eröffnet. Unter dem Stichwort 'Gesunde Ernährung' wird viel Geld verdient. In den meisten Fällen aber ohne nachweisbare und positive Wirkung auf die Gesundheit.

 

Verwirrende, widersprüchliche Aussagen

Wegen der Vielzahl der Einflussfaktoren und den individuellen Essgewohnheiten ist es schwierig und oft unmöglich, einen Zusammenhang zwischen einzelnen Lebensmitteln und einzelnen Krankheiten mit wissenschaftlicher Exaktheit nachzuweisen. Deshalb sind sich die Ernährungswissenschaftler nicht einig wenn es darum geht, die Wirkung von Lebensmitteln auf die Gesundheit zu bewerten. Was gestern als gesund galt, wird heute verworfen und morgen wird das Gegenteil behauptet. Dafür gibt es viele Beispiele (1; 3; 4):

  • Jahrzehntelang wurde behauptet, Kaffee sei ein 'Flüssigkeitsräuber'. Deshalb wurde empfohlen, nach jeder Tasse Kaffee die gleiche Menge Wasser zu trinken. Inzwischen geht auch die DGE davon aus, dass Kaffeetrinken Flüssigkeitszufuhr ist.
  • Spinat hat nicht besonders viel Eisen. Mit diesem Irrtum wurden Generationen von Kindern gefüttert. Er beruht auf einem schlichten Rechenfehler. Linsen, Pfifferlinge und Petersilie enthalten deutlich mehr Eisen, als Spinat.
  • Diäten und Trainingsprogramme bewirken meistens nur das Gegenteil: Frust, Skepsis und ein schlechtes Gewissen, weil die dauerhafte Wirkung ausbleibt.
  • Der Body-Mass-Index liefert einen Anhaltswert für ein gesundes Verhältnis von Gewicht und Körpergrösse, er sagt aber nichts über die Fettverteilung aus und berücksichtigt keine individuellen und ethnischen Besonderheiten.
  • Nach der Low-fat-Kampagne gilt jetzt in den USA Low-carb: Keine Kohlenhydrate,
    aber jede Menge Schokolade!
  • Die Pyramiden, die grafisch darstellen, welche Lebensmittel zu bevorzugen sind, widersprechen sich gegenseitig.
  • 'Functional Food' und 'Stärkungsmittel' aus Apotheken und Drogerien sind in der Regel nicht schädlich, dafür aber teuer und nutzlos.
  • 600 wissenschaftliche Untersuchungen in den USA belegen die Unbedenklichkeit von Glutamat. Der Heidelberger Molekularbiologe Beyreuther aber behauptet, Glutamat ist ein Nervengift.
  • Die gesundheitsfördernde Wirkung von Obst, Gemüse, Vollkornbrot und Rohkost ist statistisch kaum nachzuweisen. Samen und Früchte enthalten teilweise Giftstoffe, mit denen sich die Pflanzen vor den Pflanzenfressern schützen. Sie zeigen auch bei manchen Menschen Wirkung.

 

Rezepte gibt es nicht

Was soll man glauben und wie soll man sich gesund ernähren?! Offenbar gibt es kein allgemeingültiges Rezept für eine gesunde Ernährung, weil die Essgewohnheiten subjektiv sind und jeder Mensch anders auf bestimmte Nahrungsmittel reagiert. Wer hier Normen vorschreiben will, unterschätzt die Komplexität unseres Organismus. Sinnvoller ist es, sich auf sein 'Darmgehirn' und den gesunden Menschenverstand zu verlassen. Ein paar ganz simple Regeln kann man sich an fünf Fingern abzählen:

  • Was man nicht in den Mund steckt, kann unmöglich zu Bauchspeck werden.
  • Kampagnen bringen nichts. Der Lebensstil ist entscheidend.
  • Keine Routine bei Essen. Nie lange die gleichen Lebensmittel essen.
  • Alles ist erlaubt, aber in Maßen.
  • Nichts essen ohne Hunger, nichts trinken ohne Durst.

Es gibt kein besseres Fazit als die Aussage von Udo Pollmer in (1): Auf die Frage, "Worauf soll der Verbraucher denn vertrauen?", antwortet er: "Auf seinen Körper, seinen Appetit, seinen Hunger, seinen Durst und auf seinen gesunden Menschenverstand."

 

Links und Literatur zum Thema

(1) Frust statt Lust. DER SPIEGEL 25/2005, ab Seite 70

(2) Pollmer: Die Logik der Ernährungswissenschaftler

(3) Frank u.a.: Lexikon der Fitneß-Irrtümer, Piper Verlag (2005), ISBN: 3-492-24211-1

(4) Pollmer u.a.: Lexikon der populären Ernährungsirrtümer, Piper Verlag (2004), ISBN: 3-492-24023-2

(5) Der Bio-Gärtner: Ein Beispiel: Gesunde Ernährung - Gesundes Leben

(6) Die Gesundheits-Pharma-Industrie: Ein Beispiel: medworld.de

(7) Die Nahrungsmittelproduzenten: Ein Beispiel:
Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH

(8) Die Gesundheits-Apotheke: Ein Beispiel: Online-Apotheken-Umschau

(9) Die Wissenschaftler: Ein Beispiel: DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.

(10) Bücher: 127 Bücher zum Stichwort: "gesunde ernährung bücher"

 

Jürgen Albrecht, 22. Juni 2005

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