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Ruhe
in Neßmersiel
Nach Neßmersiel
pustet mich auf meinem Fahrrad der Wind, aber wie komme ich wieder
zurück? Hier ist nicht viel zu sehen, genau deswegen wollte ich
hier her: Wenige Strandkörbe, kein Campingplatz, kein Rummel.
Ganz im Gegensatz zu Dornumersiel, wo sich die Motorhomes und Campinganhänger
auf engstem Raum zusammendrängen. In Neßmersiel fährt
das Schiff nach Baltrum ab, aber sehr unregelmässig, denn die
Fährverbindung ist (wie zur Insel Juist von Norddeich aus) von
der Tide abhängig. Da läuft man doch besser schnell mal
rüber. Von hier aus ist es gar nicht weit bis zur Insel Baltrum
und der ganz flachen Ostspitze der Insel Norderney.
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Neßmersiel
und im Hintergrund die Insel Norderney
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Starker Wind und Regenschauer am Hafen von Neßmersie
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Viel Spass beim Camping in Dornumersiel ...
Trubel
in Greetsiel
Greetsiel
ist bunt, chic, lebendig und teuer. Es war einmal ein kleines Fischerdorf
an der Westküste von Ostfriesland ... Bei verheerenden Sturmfluten
im Mittelalter wurden viele Quadratkilometer Land ins Meer gerissen
und die Leybucht entstand. Das Leben an der Küste war nur möglich,
wenn ein grosser Teil der Arbeitskraft für den Ausbau der Deiche
und für die Befestigung der Häfen und Siele (Deichtore)
aufgewendet wurde. Davon ist in dem schmucken, ehemaligen Fischerdorf
heute nicht mehr viel zu merken. Hier haben sich Künstler, Gastwirte
und Souvenirhändler niedergelassen, die vom Geld der durchreisenden
Touristen ganz offensichtlich gut leben können. Schon auf dem
Parkplatz ist als Mindestbetrag 1,50 Euro in den Automaten einzuwerfen.
Damit ist gesichert, dass jeder Besucher wenigstens einen Tee hier
trinkt: 4,20 Euro kostet eine grosse Kanne Ostfriesentee auf Stövchen
und 4,00 Euro ein Stück Nusskuchen mit Sahne bei 'Is
Teetied'. Eine Goldgrube. Jetzt ist Saison und jetzt
muss man zulangen, dann kommt man wesentlich besser über den
immer noch harten Winter (ohne Touristen ...), als die Moorbauern.
Aber in Greetsiel ist auch noch eine grosse Krabbenkutterflotte stationiert.
Und auch die Fischer sind nicht mehr nur Fischer, sie sind Unternehmer
geworden. Sie kämpfen mit den Brüsseler Bürokraten
um Fangquoten und Subventionen und sie fahren auch mal mit ihrem Kutter
Touristen zum Hochseeangeln raus. Alles nur eine Frage, mit wieviel
Kohle sich ein Fischer (natürlich widerwillig) dazu breit schlagen
lässt. Die ruhige Landschaft, beispielsweise um den Pilsumer
Leuchtturm, entschädigt für den touristischen Rummel im
ehemaligen Fischerdorf.
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Der Pilsumer
Leuchtturm auf dem Deich
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Die Marsch vor Greetsiel
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Der Hafen von Greetsiel
Facit
Es ist
längst nicht alles gesagt. Kein Wort über das nahe Groningen,
nichts über das Organeum
in Weener, nichts über die Ostfriesischen Inseln und nichts über
die Tatsache, dass in Ostfriesland die Sonne am Abend 31 Minuten länger
scheint, als in Berlin. Also: Wer in Berlin auf der U-Bahn für
vier Stationen zwei Euro bezahlen kann, wer zu Quartalsbeginn seine
Ärzte mit je 10 Euro bei Laune hält, wer in der Lage ist,
nur für die Gläser einer neuen Brille 134,70 Euro auf den
Ladentisch zu legen, wer sich vor den Wahlgeschenken der Parteien
in Sicherheit bringen möchte und wer dem Feinstaub in den Innenstädten
entgehen will - der sollte nach Ostfriesland fahren, sich ein Fahrrad
mieten und Tee trinken.
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