Wie drucke ich mein eigenes Buch?
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Mit dieser Frage habe ich mich schon vor sechs Jahren befasst und dazu eine interessante Story aufgeschrieben. Meine Recherche ergab damals folgende Möglichkeiten, das eigene Buch zu drucken:
Heute ist zu diesen Möglichkeiten noch der Druck via Print on Demand dazu gekommen. Im Internet existieren viele Angebote, hier nur zwei davon:
Das Konzept von Lulu.com ist faszinierend einfach: Man schickt sein Buch online als Datei zu Lulu.com inclusive einer Beschreibung und der Bilder für das Cover. Lulu.com veröffentlicht die Beschreibung auf seiner WebSite und bietet an, das Buch zu drucken. Bis hierher ist alles kostenlos und dieser Vorgang läuft ab, ohne dass man mit Lulu.com über Telefon oder E-Mail kommunizieren muss. Der Minimalpreis bei 500 Seiten s/w, Paperback, beträgt pro Buch (unabhängig von der Buchgrösse und der Buchanzahl!) 14,53 Euro incl. Versand. Dabei scheint Lulu.com schon zu verdienen. Der Autor kann einen Preis festlegen. Ich habe mich für 19,66 Euro entschieden: 15,89 kostet das Buch, 3,77 kommen als Versand dazu. Die Differenz zu 14,53 Euro beträgt 5,13 Euro. Das ist der offizielle Gewinn, den ich mir mit Lulu.com teile: 20 % für Lulu, 80 % für mich. Selbstverständlich behält der Autor bei diesem Geschäft sämtliche Rechte an seinem Werk. Ich habe es ausprobiert: 10 Tage nach der Bestellung halte ich ein Buch in hervorragender Qualität in der Hand, farbiger Hochglanzkarton als Paperback-Umschlag. Shipped from Sevilla, Spain. Einfacher, billiger, flexibler und bequemer geht es nicht: Keine Grundgebühr, keine Mindeststückzahl, kein überschüssiger Bestand. Eine verblüffend einfache Geschäftsidee. Nur möglich mit Web 2.0 und der heutigen Digitaltechnik. Der Buchdruck wurde von Johannes Gutenberg im Jahr 1450 erfunden. Seine geniale Idee: Einzelne Lettern für jeden Buchstaben. Fast schon eine digitale Technik! In den dann folgenden 550 Jahren ist viel passiert: Der Buchdruck hat mehrere technische Revolutionen bis zu Print on Demand überstanden: Mechanische Druckpresse, Hoch-, Flach- und Tiefdruck, Schreibmaschine, Rotationsdruck, Chemiegraphie, Bleizeit und ab 1985 der totale Umbruch durch die Computertechnik. Heute kann jeder aufgeweckte Schüler der 10. Klasse im Prinzip layouten und den Umbruch für ein Buch in seinem Kinderzimmer herstellen, inclusive Schlagwortverzeichnis. Und dort steht auch gleich noch ein Drucker, mit dem er Texte und farbige Bilder in hervorragender Qualität drucken kann. Das ist inzwischen zu einer (fast) selbstverständlichen Kulturtechnik geworden. Mit hohen Risiken. Drucker- und Buchbindermeister, die 50 Jahre Berufserfahrung hinter sich haben, raufen sich die Haare: Ihr Urteil ist vernichtend, wenn sie die heutige Qualität der Druckerzeugnisse mit den Spitzenprodukten der 70-er Jahre oder mit Gutenbergs Bibeln vergleichen. Viele Qualitätsstandards, die für Schrift, Bild, Material und die Buchbinderei galten, sind bereits untergegangen, weil unbezahlbar. Wenn man aber strikt zwischen Form und Inhalt unterscheidet ist festzustellen, dass man zu keiner Zeit ein lange haltbares und gut lesbares Buch so kostengünstig und einfach herstellen konnte, wie heute. Damit sind das Buch und alle Printerzeugnisse global für jeden verfügbar geworden. Ideale Bedingungen für Bildung und Ausbildung. Aber kaum jemand in der 3. Welt nutzt sie in diesem Sinne. Nicht einmal preiswerte Bücher sind in den Entwicklungsländern bezahlbar. Auch in unserer Welt hat das so leicht verfügbare Buch keine wesentliche Wirkung mehr auf die Köpfe. Siehe Pisa. Rendite, Fussball und die Schnäppchenjagd haben Vorrang. Mit Büchern kann man Geld verdienen (s. Nachtrag). Nur deshalb gibt es allein in Deutschland jährlich über 40.000 Neuerscheinungen. Trotzdem wird es noch lange Autoren geben, die sich vom Frieling-Verlag schröpfen lassen, oder sich (beispielsweise) mit Lulu verbünden und gute, erschwingliche Bücher produzieren.
Nachtrag Die Kalkulation ist interessant weil sie offen legt, wie der Buchhandel in Deutschland funktioniert! Deutlich ist zu erkennen, dass mit jedem Buch, verkauft im Buchhandel, mindestens 50 Prozent Gewinn gemacht wird. Natürlich auf Kosten der Käufer von Büchern: Der Leser! Mit diesem Kalkulator kommt der Autor erst bei einem Ladenpreis von 300 Euro pro Buch zu einem Gewinn von mehr als 50 Prozent. Schon 55 Prozent sind unerreichbar. Auch sehr interessant! Der einzige Leistungsunterschied von BoD zu Lulu: Das so gedruckte Buch wird im Buchhandel angeboten. Prinzipiell. Dort im Regal steht es erst, wenn man (viel) Geld in die Werbung investiert. Auf diese Weise werden Bestseller gemacht.
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Jürgen
Albrecht, 17.
September 2006
update:
07.11.2007