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Web-Sampling - Technik für Plagiatoren

 

 

Viele kultur- und geisteswissenschaftlichen Institute an Universitäten, aber auch zahlreiche andere Bildungseinrichtungen produzieren derzeit eine Textkultur ohne Hirn: Wissenschaftliche Texte bestehen zunehmend aus minimalen Umschreibungen bestehender Texte. Es kommt zu einer Invasion des "Vgl.", wobei wissenschaftliches Arbeiten offenbar sehr oft mit einem rein editorischen Vorgehen gleichgesetzt wurde. Wissenschaft als Erfinden kreativer Ideen auf der Basis des Verstandenen kommt aus der Mode.
Der wissenschaftliche Text kann durch ein Totalplagiat, ein Copy/Paste-Plagiat, ein geringfügiges Umschreiben von Originalstellen oder aber auch durch einen Zufallsgenerator entstehen. Sogar das Copy/Paste-Verfahren selbst kann schon an die Software ausgelagert werden, etwa mit dem Picker von Citavi. Sollte diese Software auch noch bald themenspezifische Zitate aus dem Internet heraussuchen, belegen und arrangieren können, werden akademische Arbeiten in der derzeitigen Form kaum noch als Leistungsnachweise gelten können. Im schlechtesten Fall wird der so entstandene Text nie gelesen, nicht einmal vom "Verfasser" selbst. Auch die Rezeption kann maschinell erledigt werden: etwa durch eine Antiplagiatssoftware. Mehr ...

Plagiatdetektor

Vor fünf Jahren untersuchte der Bielefelder Soziologie-Professor Wolfgang Krohn das Copy/Paste-Verhalten seiner Studenten. Unter den 39 abgelieferten Gruppenhausarbeiten identifizierte er zehn als völlig oder in wesentlichen Teilen als abgekupfert. Seither gilt die Daumenregel, dass sich Prüflinge mit einem Anteil von etwa 30 Prozent mit fremden Federn schmücken. Ganz so schlimm ist es wohl doch nicht. Aber eine Zahl von etwa drei Prozent sind mit Sicherheit Totalplagiate. Die hohe Zahl der von Professoren zu korrigierenden schriftlichen Arbeiten macht die Entdeckung von Plagiaten mit herkömmlichen Mitteln nahezu unmöglich. Der Artikel 'Abschreibeprüfung' in der aktuellen c't 207, Heft 1, Seite 78 ff beschreibt den Kampf der Hochschulen gegen Plagiate mit Hilfe inzwischen kommerzieller Dienstleister.
Dieser Artikel wurde mit dem Copy/Paste-Verfahren erzeugt. Nur die gelben Strings sind von mir, der Rest ist geklaut, gekürzt und etwas umgestellt. Neudeutsch: Gesampelt. Völlig untypisch ist, dass ich die Quellen klar benannt habe. Ich kenne aus meiner Studentenzeit noch den schönen Spruch: 'Der Pfuscher kupfert stur, der Könner ändert die Schraffur.' Das Problem ist also uralt, nur kommt die neue Technik den Pfuschern sehr entgegen. Deshalb ist die WebSite von Turn-it-in sehr empfehlenswert, denn hier können die Plagiatoren prüfen, wie geschickt sie kopiert haben, bevor sie ihre 'Werke' beim Prof einreichen! Es ist nur eine Registrierung nötig und schon kann es losgehen!
Eine Software, die aus gesampelten Schnipseln originäre, wissenschaftliche Texte macht, ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht und sie wird für immer Illusion bleiben. Im Notfall kann man aber auf die bewährte Hilfe von Ghostwritern zurückgreifen.

29. Dezember 2006

 

Jürgen Albrecht, 29. Dezember 2006
update: 04.11.2007

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