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Superintelligente Geisterfahrer
   

Hugo de Garis, Gehirnbildner

"Als einer der führenden Gehirnbildner der Erde empfinde ich eine schreckliche Last der Verantwortung für das Überleben der menschlichen Gattung und der Erschaffung von gottähnlichen Artilects, weil ich ein Teil des Problems bin. Ich bin in diesem Punkt ziemlich schizophren. Ich würde nach meinem Tod gerne als "Vater des künstlichen Gehirns" in Erinnerung bleiben, aber sicher nicht aus der künftigen historischen Perspektive als "Vater des Gigatodes" gelten wollen. Daher versuche ich, jetzt Alarm zu schlagen, da es noch immer einige Zeit dauern wird, bis die Artilects entstehen werden ..." Mehr ...

Was ist von einem Menschen zu halten, der solche Sätze über sich schreibt? Es ist Hugo de Garis, der sich als Brainbuilder bezeichnet. Aus dem Mooreschen Gesetz (das mit Intelligenz überhaupt nichts zu tun hat) schliesst er unzulässiger Weise, dass sich aus den jetzigen Computern noch in diesem Jahrhundert intelligente Maschinen entwickeln werden (Artilects). An Stelle des Menschen werden sie bald über die Erde herrschen. Schlimmer noch: Hugo de Garis ist dabei, mit seiner CAM-Brain Machine und der hochintelligenten Roboterkatze Robokoneko die entscheidenden Voraussetzungen genau dafür zu schaffen. Schwer trägt er an dieser Verantwortung.

Die CAM-Brain Machine wird in einem Artikel über Robokoneko (1999) nur vage beschrieben. Es soll sich im Prinzip um ein selbstlernendes System handeln. Im Jahr 2001 verhandelt Hugo de Garis gerade mit der europäischen Wirtschaft über ein KI-Projekt mit einem Budget von über 100 Millionen Dollar. Seitdem wurde von der hochintelligenten Katze und den Artilects nichts mehr gehört. In der englischen Wikipedia ist ein Artikel über Hugo de Garis zu finden, dessen Inhalt von Wikipedia unter starken Vorbehalt gestellt wurde.

Dafür aber hat sich Richard Beiderbeck der Idee von den superintelligenten Computern und der Herrschaft der Maschinen über die Menschen angenommen. Nach seiner Auffassung ist ein einzelner Computer dumm und ungefährlich. Aber die Vernetzung der Computer wird zu superintelligenten Maschinen führen. Google ist der Anfang. Welcher Qualitätsunterschied zwischen einem Computer und einem vernetzten Computersystem plötzlich zu superintelligenten Maschinen führen soll, verrät uns Herr B. aber nicht.

 

Das Blue Brain Projekt

Von Blue Brain weiss Beiderbeck offenbar noch nichts. Das Blue Brain Projekt muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, weil hier von Henry Markram mit viel Geld und IBM die computergestützte Simulationen der Hirnfunktionen mit Hilfe eines virtuellen 3D-Modells betrieben wird. Ziel ist die Simulation des menschlichen Gehirns bis hinunter auf die molekulare Ebene. Dass die Funktion des Gehirns bisher nicht annähernd so tief erforscht ist, stört dabei nicht.

 

Scharlatane und Geisterfahrer

Das Niemandsland zwischen den Religionen und den Naturwissenschaften ist die Spielwiese der Scharlatane, Spinner und Geisterfahrer. Dabei werden fiktive Naturgesetze und physikalische Phänomene erfunden, es werden Theorien entwickelt, die mit den Naturwissenschaften nicht in Einklang zu bringen sind und einfachste methodische Grundsätze werden ausser Acht gelassen. Der letzte Aspekt ist besonders beim Blue Brain Projekt entscheidend. Man kann einfach kein System simulieren, dessen Funktionen in weiten Teilen unbekannt sind. Mehr dazu ...

 

Kein Vorlauf bei der KI

Zwei Aspekte sind entscheidend, wenn es um die superintelligenten Computer geht: Erstens gibt es heute keine Ansätze, Computer oder Roboter mit menschlicher Intelligenz auszustatten, weil kein Vorlauf bei der KI existiert. Zweitens weiss niemand genau, was menschliche Intelligenz überhaupt ist. Es gibt keine wissenschaftlich anerkannte Definition für Intelligenz. Deshalb bleibt auch unklar, welche Leistungen Hyper- oder Superintelligenzen eigentlich erbringen sollten oder könnten.

Die KI hat 50 Jahre lang intensiv u.a. an folgender Zielstellung gearbeitet: "Wir haben künstliche Intelligenz erzeugt, wenn wir über eine Tastatur mit einem Partner kommunizieren und nicht mehr unterscheiden können, ob am anderen Ende der Leitung ein Mensch oder ein Computer sitzt" (Turing-Test, 1950). Eine ganz einfache und klare Definition, was Intelligenz (auch) ist. Umso schwerer wiegt das Bekenntnis der KI-Forscher um die Jahrtausendwende, in 50 Jahren Forschung dieses Ziel nicht erreicht zu haben. Schlimmer noch: Es fehlt jeder methodische Ansatz (auch heute noch), dieses Ziel in Zukunft zu erreichen.

 

Auch (noch) keine Intelligenz bei Robotern

Eine andere Meldung aus diesen Tagen wirft auch ein bezeichnendes Schlaglicht auf die "superintelligenten Computer": >Erste Kampfroboter im Irak im Einsatz< Wenn man nachliest, was diese (von Menschen gesteuerten) Roboter im Vergleich zu hoch trainierten Soldaten können sieht man, wie unendlich weit weg von der Realität heute noch intelligente Kampfmaschinen sind. Entscheidend aber ist dabei: Niemand hat weltweit mehr Geld zur Verfügung, als amerikanische Militärs: 1,5 Milliarden Dollar pro Tag (!! s.u.). Auch die Tatsache, dass das Pentagon heute nicht in der Lage ist, intelligentere Kampfroboter im weltweiten 'Krieg gegen den Terrorismus' einzusetzen, entlarvt die Brainbuilder & Co als spintisierende Geisterfahrer.

 

Verteidigungshaushalt USA

 

 

Google's Fata Morgana

Google arbeitet (angeblich) an "crowd sourcing". Schlüsseltechnologie ist dabei ein Google-Brain-Bot (GBB), der oral oder rektal verabreicht, ein Nano-Plug-In vergleichbar der Google-Toolbar im Körper des Google-Nutzers installiert. Sobald sich der Google Brain Bot in die neurale-API des Google-Nutzers eingeklinkt hat, verbindet sich das Plug-In über Wifi oder Bluetooth mit dem Internet und sendet einen vorverarbeiteten, hochkomprimierten und verschlüsselten Datenstrom der Wahrnehmungen und ausgewählter Körperparameter des Google Nutzers an den Samadhi-Think-Tank (STT) im GooglePlex in Kalifornien. Nach dem Abgleich des "Stream of Consciousness" erzeugt Google Plex ein Ad-Sense-Overlay, das über das Google Plug-In direkt in den visuellen Cortex des Google-Nutzers eingespielt wird. Der Google Brain Bot ermöglicht es daher erstmalig, Werbung in das Sichtfeld des Google-Nutzers einzublenden, ohne dass dieser vor einem Computer sitzen muss. Mehr ...

Auch dieses Projekt gehört eindeutig in die Rubrik 'Superintelligente Geisterfahrer'. Was mich daran aber wirklich fasziniert ist, dass Spezialisten ihre Spezialbrille nie ablegen (können und wollen), und mit diesem Tunnelblick die Welt und ihr Spezialgebiet betrachten. Ungetrübt durch die Realität und bis tief hinein in ihre Wunschträume. Das ist menschlich.

 

Neue Ansätze - Neue KI

Symbolverarbeitung oder nicht, diese Frage legt die neue Riege der Forscher erst mal beiseite und setzt dafür eine neue Prämisse: Intelligenz ist keine einheitliche, unteilbare Fähigkeit, sondern sie stellt die Summe vieler Einzelfähigkeiten dar. Eine weitere Perspektive wird aus der Evolutionsbiologie aufgenommen: Die Evolution hat nie die Entwicklung theoretischer Fähigkeiten, sondern immer die Entwicklung des Talents belohnt, in einer konkreten Umwelt zurechtzukommen. Adaptives Verhalten ist hier das Stichwort.

In der Natur kommt Intelligenz immer in Körpern vor, es gibt keine geistige Klugheit ohne materielle Grundlage. Warum war nicht früher jemand auf diesen Grundgedanken gekommen? An dieser Stelle zeigt sich, dass die KI-Väter den Tücken des cartesianischen Dualismus aufgesessen waren. Die zugrunde liegende Einheit, das, was jede Intelligenz tragen muss, spielte in ihren Überlegungen keine Rolle.

Artifizielle Intelligenz, so lautet seit den 90er Jahren die Devise, ist nur im Zusammenhang mit natürlicher Intelligenz verstehbar. Weniger der Mensch, als vielmehr einfache Lebewesen, die gleichwohl intelligentes Verhalten an den Tag legen, sind Vorbilder. Noch entscheidender für die Neue KI ist aber die Perspektive, dass rationales Verhalten und rationales Denken sich nicht bedingen müssen.

... An von Cruse und seine Kollegen konstruierten sechsbeinigen Stabinsekten zeigten sie, dass diese beim Gehen kein Zentrum benötigen, welches die Bewegung der Beine koordiniert. Per einfacher Leitung sind die sechs Beine untereinander neuronal gekoppelt ... Die Beine kommunizieren ... über die Umwelt miteinander. Die schwierigsten Probleme werden so durch die dezentrale Steuerungsarchitektur gelöst ... Das heißt aber nicht, dass keine zentralen Befehle mehr notwendig sind, so Cruse und Ritter. Um den Anfang und das Ende der Bewegung, seine Richtung und Geschwindigkeit festzulegen, muss eine Instanz einen Anfangsimpuls geben, danach läuft das Gehen aber wie von selbst ab. Mehr ...

... Aber auch die körperbasierte KI kämpft mit Problemen. Es gelingt bisher nicht, komplexeres intelligentes Verhalten zu generieren. Die große Beschränkung findet diese Forschungsrichtung darin, dass die Reichhaltigkeit der Verhaltensweisen auf wenige Dutzende beschränkt bleibt. Es fehlt an theoretischen Ansätzen und Methoden, um die Komplexität und Leistungsfähigkeit biologisch inspirierter Roboter entscheidend zu steigern. Die Gründe für diese Schwierigkeiten liegen nur teilweise in der Informatik oder Robotik. Das Hauptproblem ist eine fehlende biologisch begründete Theorie für derartige Systeme, und diese ist schwierig zu entwickeln, da es in der Biologie selber an geeigneten Erklärungsmodellen und -theorien mangelt. Mehr ...

 

Der neue Ansatz kommt aus der Robotik

"Neue KI" meint: "Ein neuer Ansatz für die Künstliche Intelligenz". Bisher hat man nach der "Software" gesucht, die ein technisches System intelligent macht. Nach 60 Jahren KI-Forschung ohne Ergebnis ist man schlauer geworden und sich ziemlich sicher, dass es diese Software wohl nicht gibt. Offensichtlich war die Suche nach der zentralen, intelligenten Steuerung falsch. So einfach ist es nicht, intelligentes Verhalten ist wesentlich komplexer. Der neue Ansatz der KI kommt aus der Robotik und geht von einer prinzipiell anderen Prämisse unter dem Stichwort "verteilte Intelligenz" aus: Die Beine, die Arme, die Augen usw. alle Teilsysteme besitzen eine eigenständige, intelligente Steuerung. In der Summe führt das Zusammenspiel der Teilsysteme dazu, dass das Gesamtsystem (Technik oder ein Lebewesen) intelligent in seiner Umwelt agiert. Es verhält sich intelligent, ohne dass eine zentrale Steuerung dafür sorgt. So sieht in etwa der Grundgedanke der Neuen KI aus. 
Und nebenbei: Diese Sichtweise korrespondiert mit meinen Thesen von 2001 über die interne Steuerung von Lebewesen ...

 

Jürgen Albrecht, 10. August 007
update: 01.11.2007

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