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Mt. Mc Kinley - höchster Berg Nordamerikas 1/4

Diese Sicht aus dem Fenster meines Campers ist vielleicht die beste Aussicht, die man in Alaska haben kann: Im Vordergrund jede Menge ausgerissener und vom Talkeetna River angeschwemmte Baumstämme, Sand und Milliarden rund geschliffener Steine. Dann folgt der mindestens 250 Meter breite Talkeetna River, der viel Wasser führt. Auf der anderen Seite des Flusses ein bisschen Wald, viel Birkengrün leuchtet in der Sonne, aber danach kommt nichts anderes mehr, als das weiss leuchtende Massiv des Mt. McKinley.

Die beste Sicht auf diesen Berg hat man von Talkeetna aus. Besonders vom Flussbett, denn das ist sehr breit und die ganze Sicht ist frei. Deswegen übernachte ich hier unten schon die zweite Nacht auf einer Sandinsel. Gestern habe ich von hier aus einen beeindruckenden und stundenlangen Sonnen-untergang hinter dem wolkenfreien Bergmassiv erlebt.

Allerdings war ich leider nicht allein mit der Natur. Drei Feuer brannten bis zum Sonnenaufgang gegen 5 Uhr. Dagegen wäre nichts zu sagen, aber für die Amerika-ner ist ihre persönliche Freiheit deutlich wichtiger als jeder Rücksichtnahme. Zu den unbegrenzten Möglichkeiten gehört auch, dass es hier keine Polizeistunde gibt. Die ganze Nacht hindurch hörte man die Bässe der mindestens einen Kilometer entfernten Musikanlage dröhnen. Kettensägen liefen auch um Mitternacht, denn es musste Feuerholz gemacht werden und auf dem Talkeetna River fuhr bei Sonnenuntergang auch noch einmal das Boot, das durch einen Propeller und entsetzlichen Krach an-getrieben wird. Eine staatliche Bauaufsicht sowie eine Zulassungsbehörde für Autos, Boote und Funny Cars scheint es in Amerika nicht zu geben.

Gegen 5:30 Uhr hörte die 'Musik' auf, aber es gab neuen Trubel: Ein liegen gebliebener PKW wurde mit heulendem Motor und dem Beifall schreiender Menschen über den endlosen Schot-ter geschleift. Ein typisch amerikanisches Wochenende in der freien Natur. Endlich hat man Zeit, man kann anstellen, was man will und sein gesamtes technisches Spielzeug zum Einsatz bringen. Nur Bier darf am Feuer by law nicht getrunken werden. Schliesslich wissen auch wir Amerikaner, was sich gehört!

Natürlich ist hier in Talkeetna für Geld wieder alles zu haben: Ein Fahrrad kann man mieten, auch ein vier- oder dreirädriges Motorbike, mit dem man durch den Schotter kurven kann. Reiter kommen vorbei und Rafting wird angeboten: In voller Sicherheitsmontur paddeln Leute in einem Schlauchboot auf dem Talkeetna River herum. Auch ein Riverboat mit zwei starken Motoren kann man besteigen. Das dreht für 10 Dollar eine Viertelstunde ein paar Runden auf dem Fluss.

 

Was soll das? Es scheint so, als ob diese Aktivitäten nicht besonders gefragt sind. Die meisten Leute sind beim Sportplatz versammelt, wo die Baseballschläger heftig zum Einsatz kommen. Das ist hier ein wirklicher Volkssport und die Zuschauer gehen mit jeder Aktion mit. Sie kommen mit dem Pick-up am Sonnabend und Sonntag aus der Umgebung hier her gefahren, packen Stühle und Eisboxen aus und setzen sich mit dem Thermosbecher an den Rand des Spielfeldes. Wer nicht hier sitzt, geht in der Hauptstrasse spazieren, denn Talkeetna hat wenigstens einen richtigen Strip. Überall bekommt man etwas zu Essen und zu Trinken, sogar eine Bar hat morgens um 10 Uhr bereits hier in dem Lande geöffnet wo es verboten ist, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken! Verklemmtes Amerika, Hauptsache, der Anschein wird gewahrt.

Talkeetna ist ein kleines Nest und es besteht höchstens aus 100 im Bush verstreuter Häuser an einer Bahnstation nach Fairbanks. Aber es gibt hier einen Strip und ich habe den Eindruck, Talkeetna entwickelt sich immer mehr zum Flugstützpunkt für die Touristen, die zum Mt. McKinley wollen. Die wenigsten werden ihn zu Fuss ersteigen, aber es scheint der beste Ort zu sein, von dem aus man dort hin fliegen kann.

Talkeetna wurde 1896 in der Zeit des Gold Rush gegründet. Im Susitna River wurde Gold gefunden und die attraktive Lage am Zusammenfluss der drei grossen River Talkeetna, Susitna und Deshka, ist wahrscheinlich für die Gründung von Talkeetna ausschlaggebend gewesen. Im ersten Weltkrieg wurde 1915 Talkeetna Stützpunkt für den Ausbau des Strassennetzes. Erstaunlich immer wieder, wie weit sich diese beiden Kriege tatsächlich global ausgewirkt haben.

Danach begann massiv die Suche nach und die Ausbeutung von Bodenschätzen. Auch heute noch gibt es hier Erzminen in der Nähe. Allerdings läuft die 1964 fertig gestellte Hauptstrasse (George Parks Highway) 25 Kilometer weiter westlich von Talkeetna nach Fairbanks. Auf diese Weise hat man eine sehr lange und schwierige Brücke eingespart, denn diese Flüsse sind im Frühjahr reissend und kilometerbreit. Aber dafür kommt hier noch täglich die Eisenbahn vorbei.

In Talkeetna wurde 1972 eine Historical Society gegründet. Sie hat dafür gesorgt, dass Talkeetna heute so einen schönen, lebendigen Strip hat. Einige historische Häuser aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts wurden an diese Hauptstrasse umgesetzt. Ein Museum wurde eingerichtet und Mitglied dieser Society kann man für 10 $ (or more) pro Jahr auch werden. Dafür kann man dann immer ohne Eintritt ins Museum gehen.

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