Jeder 5. oder 6. Deutsche hat zu wenig Geld in der Tasche
Es ist eine schockierende Zahl: 16 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. 19,9 Prozent der Bevölkerung, also jeder Fünfte, zählen laut Statistischem Bundesamt zu dieser Gruppe. Der Befund scheint eindeutig: Ausgerechnet eines der reichsten Industrieländer der Welt und das wirtschaftliche Vorzeigeland Europas versagt in der Bekämpfung der Armut auf ganzer Linie.
Wird Deutschland von den Statistikern also regelrecht arm gerechnet? Erstaunlicherweise lässt eine genauere Betrachtung der Zahlen exakt diesen Schluss zu. Verantwortlich dafür ist eine Definition der EU. In allen Mitgliedstaaten wird die Statistik nach diesen einheitlichen Kriterien durchgeführt. Demnach gilt als von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen, auf den mindestens einer der drei folgenden Punkte zutrifft:
- Armutsgefährdungsquote: 15,8 Prozent der Deutschen verfügen über weniger als 60 Prozent des Netto-Durchschnittseinkommens und gelten damit als von Armut bedroht. In Deutschland liegt diese Grenze konkret bei 952 Euro im Monat für einen Single und bei 2000 Euro für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren. Für die Armutsberichte etwa der Bundesregierung ist das der maßgebliche Faktor.
- Erhebliche materielle Entbehrung: 5,3 Prozent der Deutschen leben in Haushalten, in denen das Geld für grundlegende Dinge fehlt - konkret für mindestens vier der folgenden neun: Miete, Heizung, unerwartete Ausgaben, mindestens jeden zweiten Tag eine angemessene Mahlzeit, mindestens eine Woche Urlaub im Jahr außerhalb der eigenen vier Wände, Auto, Waschmaschine, Farbfernseher oder Telefon.
- Sehr geringe Erwerbsbeteiligung: Diese liegt vor, wenn die erwachsenen Mitglieder (bis 59 Jahre) eines Haushaltes zusammengerechnet weniger als 20 Prozent der möglichen Zeit einen Job haben. Bei einem Single ohne Kinder wäre dieses Kriterium erfüllt, wenn er weniger als 2,4 Monate im Jahr arbeitet. Bei einer Alleinverdienerin mit nichtberufstätigem Partner und zwei studierenden Kindern im Haushalt dagegen schon, wenn sie weniger als 9,6 Monate im Jahr beschäftigt ist.
Das Problem mit der EU-Methode liegt also eher darin, dass bereits eines von drei Kriterien ausreicht, um als Betroffener zu gelten. Dann werden plötzlich auch reiche Mietshausbesitzer zu armen Schluckern. Mehr bei www.spiegel.de ...
In Deutschland sind 12,6 Millionen Menschen gefährdet. Das entspricht einer Quote von 15,6 Prozent. Im Untersuchungszeitraum von 2000 bis 2010 nahm die Quote in Deutschland um 5,6 Prozentpunkte zu.
In Italien waren knapp elf Millionen und in Großbritannien 10,5 Millionen Einwohner armutsgefährdet. Mit 21,3 Prozent der Bevölkerung sind die Letten am stärksten und die Tschechen mit neun Prozent am wenigsten gefährdet, in die Armut abzurutschen. In der EU leben etwa 502 Millionen Menschen. Mehr bei www.welt.de
Kommentar Al: Entscheidend für die Statistik ist immer, wie die Bestimmungsstücke definiert sind. Wer hat hier definiert und die Methodik festgelegt? Sicherlich doch das EU-Parlament und nicht irgendwelche Sozialwissenschaftler oder Lobbyisten in Brüssel, oder ...?
Die Daten zu Armut in Deutschland 2011 unterscheidet sich nicht wesentlich von der aktuellen Studie. Warum also die massive methodische Kritik? Tatsache ist: Jeder 5. oder 6. Deutsche hat zu wenig Geld in der Tasche. >>
"In seiner Studie orientiert sich der Gesamtverband an der Definition von Armut, die in der EU üblich ist. 2010 lag demnach die Grenze zur Armut für einen Single-Haushalt bei 826 Euro monatlich, für Familien mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren bei 1735 Euro. In der EU wird von "strenger Armut" gesprochen, wenn sich das verfügbare Einkommen auf unter 40 Prozent des Durchschnittseinkommens beläuft. Bei weniger als 50 Prozent geht man von Armut aus, die 60 Prozent gelten als Schwelle zur "Armutsgefährdung"." Mehr bei www.sueddeutsche.de ...
23.10.2012 23:27 |