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DER
SPIEGEL 15/2004 titelt:
1250 Milliarden Euro - Wofür?
Wie aus dem Aufbau Ost der Absturz West wurde
Bei n-tv.de
ist eine Kurzfassung nachzulesen:
Eine
düstere Analyse
Die Politik hat jetzt offenbar den Auslöser für die Wirtschaftskrise
in Deutschland gefunden: Den Aufbau Ost. Das hat der für dieses
Ressort zuständige Regierungsberater Klaus von Dohnanyi ermittelt.
Der frühere Hamburger Bürgermeister meint: "Der Aufbau
Ost ist zu wenigstens zwei Dritteln für die Wachstumsschwäche
Deutschlands verantwortlich. Wenn wir das weiter so betreiben wie
bisher, dann kann sich Deutschland nicht erholen."
Der Bund soll bestimmen
Als Ausweg aus der Krise fordert der SPD-Politiker eine Kehrtwende
in der Förderpolitik für Ostdeutschland. Dohnanyi schlug
vor, dass die neuen Länder künftig nicht mehr allein bestimmen
können, wo die Fördermittel hinfließen. Die Länder
stünden untereinander in einem unsinnigen Wettbewerb. "Deswegen
sollte der Bund vorgeben, wie die Mittel für den Aufbau Ost verwendet
werden." Dieser Vorschlag dürfte bei den ostdeutschen Landesregierungen
heftigen Protest hervorrufen.
Die Ost-Ost-Förderung
Die Expertenkommission um Dohnanyi plädiert zudem für die
Konzentration der Förderung auf Wachstumskerne, für Lohnkostenzuschüsse,
Tariföffnungen und Deregulierung. Sie will sich außerdem
für die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone in den Grenzgebieten
zu Polen und Tschechien einsetzen, die wegen der EU-Erweiterung in
einem besonders harten Standortwettbewerb stehen.
Clement will drei Test-Regionen
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) will nach einem Bericht
der "Financial Times Deutschland" noch in diesem Jahr einen
Gesetzentwurf vorlegen, der es innovationsfreudigen Regionen ermöglicht,
Bundes- und Landesrecht zeitweise auszusetzen. Die Initiative soll
vor allem die ostdeutsche Wirtschaft voranbringen. Allerdings sollen
erst die Ergebnisse einer Testphase in drei Regionen abgewartet werden,
sagte ein Sprecher Clements dem Blatt.
Kraftvoller Koordinator gesucht
Dohnanyi bezeichnete die Zuständigkeit für den Aufbau Ost
innerhalb der Bundesregierung als falsch. "Wir brauchen einen
kraftvollen Koordinator, der nichts anderes macht, als sich um den
Aufbau Ost zu kümmern", sagte er der Zeitung "Die Welt"
(Dienstag). Bislang ist Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) für
die neuen Länder zuständig. "Der Spiegel" hatte
berichtet, Leipzigs früherer Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube
(SPD) sei für ein neu zu schaffendes Amt als Staatssekretär
für ostdeutsche Angelegenheiten im Bundeswirtschaftsministerium
im Gespräch. Dieser sagte jedoch der "Sächsischen Zeitung",
er wisse von nichts. Ende der Nachricht von n-tv.de
Späte Erkenntnis
Keiner hat in Deutschland mehr Schaden angerichtet, als Helmut Kohl!
Der 'Kanzler der Einheit' hat uns blühende Landschaften versprochen,
finanziert aus der Portokasse. Der Mann war erstens dumm (inklusive
aller Berater) und zweitens von den Russen gekauft. Die wollten die
DDR loswerden und der naive Helmut hat die DDR für läppische
5 Milliarden gekauft - DehMark, nicht etwa Euro. Dabei hätte
er den Russen 10 Milliarden dafür geben müssen, dass sie
die DDR behalten! Wie würde der Westen heute ohne die neuen Länder
da stehen? Blühende Landschaften! Unsere östlichen, ehemaligen
Brüder und Schwestern waren ja schon in der dritten Generation
Kommunisten,
sie sprachen Russisch, sie waren naiv wie Kinder, ohne unternehmerischen
Biss und ohne Konto aufgewachsen. 18 Millionen gottloser, armer Teufel
in platten Bauten auf wüstem Land, weit im fernen Osten ... Längst
waren sie für das christliche Abendland verloren.
Jeder vernünftige Mensch hat schon nach dem leider verlorenen
Krieg gewusst, dass der Russe mit der Soffjetzohne die schlechteste
aller deutschen Karten gezogen hatte. Endlich war Deutschland auf
das optimale Mass geschrumpft. Nicht ganz. Der Russe hätte auch
gleich noch das sumpfige Land zwischen Rhein und Elbe besetzen müssen.
Nicht alle Wünsche gehen gleich in Erfüllung. Jetzt aber
kann man diesen Schnitt nachholen und übrig bleibt das deutsche
Kernland: Kerngesund und teutsch von den Alpen bis zum Main.
Nützliche
Milliarden
Was kann man sich alles für 1250 Milliarden Euro kaufen! Aber
Vorsicht, so viel ist das gar nicht. Die Schulden der Bundesregierung
liegen in der gleichen Grössenordnung (1350 Milliarden). Die
Deutsche Bank hatte im Jahr 2003 als grösste Bank Deutschlands
eine Bilanzsumme
von 758 Milliarden Euro. Nimmt man die auf Platz 7 rangierende Landesbank
Baden-Württemberg mit 321 Mrd. Euro dazu, kommt man immer noch
nicht auf die Summe, die im Osten verschleudert wurde. Nur die privaten
Vermögen lassen aufatmen. Die privaten Haushalte besassen im
Jahr 1999 ein Reinvermögen
(nur Geld) von rund 7.000 Mrd. Euro. Was also tun mit jährlich
rund 100 Milliarden Euro, die jetzt nicht mehr in den Osten transferiert
werden müssen?
Globalisierte
Dominanz
Aber nicht nur der Transfer in den Osten sorgt für den Absturz
West. Nach 40 Jahren zähen Ringens wurde die kommunistische Gleichmacherei
durch unsere deutlich höhere Finanzkraft zur Strecke gebracht.
Die letzten zehn Jahre haben wir effektiv genutzt. Mit unseren starken
Freunden der Greatest
Nation on Earth sind wir global expandiert und jetzt
in der Lage, weltweit Rohstoffe und Arbeit billigst einzukaufen. Unsere
Freunde geben täglich mehr als eine Milliarde Dollar für
das Militär aus, also für unsere Sicherheit. Wir gehören
zu den Starken. Wir haben die besten Waffen. Wir rüsten den Weltraum
auf. Wir können jedes Land der Erde innerhalb von Stunden mit
Bomben belegen. Das Volk ist mit der Demokratie, dem Pluralismus und
sattem Wohlstand ruhig gestellt. Endlich könnten wir die Gewinne
machen, von denen wir nie zu träumen gewagt haben. Alles könnte
so schön sein. Aber denkste.
Die
armen Menschen sind schlecht
Die armen Menschen dieser Welt sind schlecht und undankbar. Wir geben
ihnen unverdient etwas von unserem Wohlstand ab. Wir leisten Entwicklungshilfe.
Allein Deutschland hat dafür im Jahr 2000 fünf Milliarden
Dollar ausgegeben! Seit mehr als 500 Jahren geben wir den Wilden in
aller Welt mit unserem Unternehmungsgeist ein Beispiel und mit dem
Christentum eine zivilisierte Perspektive. Menschen überall auf
der Welt dürfen für uns arbeiten. Wir kaufen ihre Rohstoffe
und verkaufen ihnen Brot, Waffen, Butter und Gemüse, Trinkwasser,
Trockenmilch und all unsere schönen Medikamente. Warum, Gott
verdammt, sind die armen Schweine in der dritten Welt damit nicht
zufrieden? Warum sind sie nicht kreativ? Warum macht niemand in Afrika
eine Beraterfirma auf? Warum baut niemand Autos in Haiti? Warum programmieren
sich die Araber nicht wenigstens ein arabisches Windows für die
Computer, die sie bei uns kaufen dürfen? Nein, auch das muss
unser sowieso schon schwer beschäftigter Bill machen.
Diese Menschen unternehmen einfach nichts. Sie beten fünfmal
am Tag, aber sonst hängen sie nur rum. Sie sind zu träge,
zu dumm, zu ungebildet und zu faul. Sie sind einfach nicht wie wir.
Vor allen Dingen aber sind sie neidisch. Neidisch auf unsere Kohle,
auf unsere Hochhäuser, neidisch auf unsere weissen Frauen und
sogar auf unsere kühle Limonade. Das alles wollen sie auch haben,
am liebsten geschenkt. Wir aber waren zu sehr mit dem Geldverdienen
im globalen Dorf beschäftigt und haben erst zu Nine Eleven gemerkt,
wie schrecklich neidisch sie alle auf uns sind. Nur gut zwei Jahre
danach sind Nachrichten über ihren Terror heute schon alltäglich.
Mindestens jeden Monat passiert ein verheerender Bombenanschlag,
jedes Mal hunderte von Toten in unseren Reihen. So kann das nicht
weiter gehen.
Neue
Mauern braucht das Land
Mit unseren militärischen Freunden in der EU und in Amerika haben
wir den Terroristen den Krieg erklärt. Wir stehen in vorderster
Front. In Somalia, in Afghanistan, auf dem Balkan, im Nahen Osten.
Überall müssen wir für Ordnung sorgen. Ohne uns geht
alles den Bach runter. Wir und unsere Freunde haben alle Waffen dieser
Welt. Wir haben die besten aller geheimen Dienste. Wir haben die besten
Wissenschaftler und den höchsten Stand der Technik. Wir haben
auch die beste Moral, die beste Philosophie und natürlich auch
die beste aller Religionen. Aber werden wir auch in diesem Krieg siegen,
so wie in allen anderen? Ein paar Jahre noch werden wir viele Milliarden
in diesen Krieg investieren. Aber eigentlich wissen wir es schon heute:
Wir können den Krieg gegen den Terrorismus nicht gewinnen. Dieser
heilige Krieg
hat eine andere Dimension. Deshalb müssen auch wir uns was Neues
einfallen lassen. Aber was?
Noch mehr, noch bessere Waffen, weltraumgestützt? Lukrativ, aber
sogar für uns zu teuer. Noch mehr an die Armen abgeben? Kommt
nicht in Frage. Bildung für alle? Zu viel Aufwand und eh' sich
ein Effekt einstellt, sind wir längst abgewählt. Alle einsperren?
Sehr gute Variante, aber das klappt nicht mal im Irak. Eine biologische
Lösung mit gentechnischen Mitteln? Hervorragend, aber noch sind
wir nicht so weit.
Es bleibt nur eine alte und seit tausenden von Jahren bewährte
Technik, um unsere Mehrwert-Kultur zu retten: Wir müssen uns
verbarrikadieren. Zäune gab es schon immer, dann hat man Burgen
gebaut, später Mauern mit Selbstschuss-Anlagen. Israels Sicherheitszaun
zeigt, was aus einem einfachen Zaun alles werden kann: Wir müssen
uns auf ein Kernland beschränken und High-Tech-Mauern errichten,
bewacht und geschützt aus dem Weltraum. Vor allen Dingen aber
dürfen wir niemanden mehr reinlassen. Im Gegenteil, wir müssen
noch viele rausschmeissen.
Viele
neue Mauern sind zu bauen. Jede Menge Arbeitsplätze! Aufschwung
West: Die vielen Milliarden, die nicht mehr sinnlos
in der Norddeutschen Tiefebene versickern, stecken wir uns endlich
wieder selber in die Tasche.
Auf
dieser Landkarte
erkennt man deutlich das deutsche Kernland im Süden. Eine spannende
Frage ist, ob wir uns noch eine Exklave (mit Korridor?) am Niederrhein
leisten können.
ZDF:
Online-Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company zusammen
mit dem ZDF u.a. "Perspektive-Deutschland 2003": Obwohl
über 60 Prozent der Befragten angaben, gerne in Deutschland leben,
sehen sie das Land in einer tiefen Krise. Die Sorgen der Bürger
begründen sich vor allem in der Angst um den eigenen Arbeitsplatz.
Der Vertrauensverlust in Staat und Parteien ist immens. Besonders
düster ist die Stimmung im Osten. Am zufriedensten äußerten
sich Bürger aus Baden-Württemberg (82 Prozent), Hamburg
(80 Prozent) und Bayern (79 Prozent). Schlusslicht im Stimmungsbarometer
ist Sachsen-Anhalt. 21. April 2004
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