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Geld ohne Arbeit

 

 

Das Bürgergeld als Alternative
In Verein mit seinem Vorgänger Bernhard Vogel hat der Thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus eine 'Grundsicherung' von 800 Euro monatlich für jeden Bundesbürger vorgeschlagen. Das 'solidarische Bürgergeld' ist als Alternative zum heutigen Sozialsystem gedacht. 200 von den 800 Euro werden gleich wieder als Beitrag für das Gesundheitssystem einbehalten. Wer zuverdient, muss Steuern zahlen. Vogel behauptet, dieses Projekt ist durchgerechnet und finanzierbar, denn damit würden Hartz IV und alle anderen Sozialleistungen gestrichen. Althaus erläutert in der taz, wie dieses System funktionieren soll.

Das hört sich nach Märchen und Kommunismus an: Jeder bekommt Geld ohne zu arbeiten, oder eine andere Gegenleistung zu erbringen, nur weil er deutscher Staatsbürger ist. Das hat man bisher als märchenhafte Kunde nur aus arabischen Ölstaaten gehört. Wenn man aber weiss, dass eine Familie, arbeitslos und mit zwei Kindern, die von Hartz IV lebt, "unter günstigsten Umständen" bereits heute ein Einkommen von 2.000 Euro im Monat besitzt, sieht man, wie reich (noch) der deutsche Sozialstaat ist und dass das 'solidarische Bürgergeld' keine Utopie ist.

Mit diesem neuen System könnten endlich auch die Agentur für Arbeit einschliesslich aller Arbeitsämter ersatzlos aufgelöst werden. Milliarden Euro sind damit monatlich einzusparen. Arbeitsvermittlung ist aus meiner Sicht keine staatliche Aufgabe, sondern die Arbeitssuche ist erste Bürgerpflicht aller Arbeitslosen. Genau so viel könnte im Gesundheitswesen allein dadurch eingespart werden, wenn die Pharmaindustrie gezwungen wäre, ihre Preise für Medikamente auf das Niveau in den Entwicklungsländern abzusenken. Der Profit der Aktionäre würde sinken, aber es bleibt immer noch ein profitables Geschäft, sonst würde man Medikamente dort nicht zu Preisen verkaufen, die oft 500 Prozent unter denen deutscher Preisen liegen!

Es wird in Deutschland kein prinzipiell neues Sozialsystem mit 800 Euro monatlich für jeden geben. Ich bin sicher, es wäre mühelos in dieser Höhe finanzierbar. Aber in einem demokratisch verfassten Staat stellt sich nie ein Teilsystem, eine Partei oder eine Organisation selber zur Disposition, auch wenn das vernünftig und ökonomisch geboten wäre. Ein demokratischer Staat ist nur zu einer langwierigen Evolution in mühsamen, kleinen Schritten fähig, aber nicht zu einem qualitativ neuen, grossen Sprung nach vorn. Eine grosse Schwäche der Demokratie - tötlich in den Zeiten der Globalisierung. Genau das wird in Germany gerade exemplarisch von der Grossen Koalition demonstriert.

24. Oktober 2006

 

11,50 Euro pro Tag
... aber nur, in einem Monat mit 30 Tagen. Im Dezember sind es nur 11,13 Euro, die ein Hartz IV-Empfänger täglich zum Leben hat. Wohngeld exklusive.
Berliner Morgenpost: Hartz IV ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft. Kern der Reform ist die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu Arbeitslosengeld II. ALG II greift nach einem Jahr Arbeitslosigkeit; bei über 55-jährigen nach 18 Monaten. Der Regelsatz für ALG II beträgt für Alleinstehende 345 Euro pro Monat. Zusammen lebende Paare erhalten 90 Prozent des Regelsatzes (311 Euro pro Person). Zusätzlich werden Zahlungen für Miete und Heizung gewährt.

Gestern entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem Grundsatzurteil, dass der Regelsatz das zum menschenwürdigen Leben notwendige Existenzminimum nicht unterschreite. Er führe nicht automatisch zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung von Hartz-IV-Empfängern. Mehr ...

Ein Glück, dass das BSG so geurteilt hat. Sonst würde Müntefering im Jahr 2007 mit 46 Prozent des Bundesetats nicht auskommen. Ganz nebenbei: Die Zinsausgaben sind fast so hoch wie die Kosten des Arbeitsmarktes, Schuldentilgung aber ist nicht vorgesehen ...

Bundeshaushalt 2007

Aber mit diesen Zahlen kann man auch eine andere Rechnung aufmachen: Aktuelle Zahl der Arbeitslosen: 4.000.000. Kosten im Bundesetat für Arbeitsmarkt: 42.700.000.000 Euro. Das ergibt pro Arbeitslosen und Jahr rund 10.700 Euro, pro Monat also unglaubliche 890 Euro. Das heisst im (sarkastischen) Klartext: Der Arbeitslose bekommt 345 Euro, seine Verwaltung aber kostet 545 Euro - monatlich!

Hier schliesst sich der Kreis zum Vorschlag des ehemaligen Thüringischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, jedem Arbeitslosen 800 Euro auszuzahlen und die gesamte Arbeitsvermittlung/-verwaltung einzustellen: Revolution in Germany! Wie viele, die mit der Arbeitslosigkeit gutes Geld verdienen, würden dabei ihre lukrativen Pfründe verlieren?!

24. November 2006

 

03. Dezember 2006

 

Hartz IV global
Der Regelsatz für ALG II beträgt für Alleinstehende 345 Euro pro Monat. Das ergibt im Jahr ein Einkommen von 4.140 Euro. Damit gehört man zu den Reichen dieser Welt. Nur 14,3 Prozent der Weltbevölkerung besitzen ein solches Einkommen oder noch mehr Geld:

Hartz IV in der Rich List

08. Dezember 2006

 

18. Dezember 2006


Jürgen Albrecht, 24. Oktober 2006
update: 04.11.2007

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