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Termiten in Australia
   

Kommunikation mit Termiten?

Beobachtungen vor fast genau neun Jahren in Australia,
Day 193, Fahrt von Carnarvon nach Exmouth

Heute Morgen haben mich die Raben geweckt. Es ist erstaunlich, was die für einen Krach machen können! Wenn dann die Kakadus noch in der Nähe sind, ist ab 6 Uhr an Schlaf nicht mehr zu denken. Die Raben haben eine ganz differenzierte Sprache. Das geht vom Türknarren über Wehklagen, Rufen bis hin zum lauten Schimpfen und Zetern. Allerdings ist unklar, welche Gemütszustände oder Funktionen dahinter stecken. Mich würde sehr interessieren, wie weit die Verhaltensforscher mit der Aufklärung der Sprache einzelner Tierarten sind. Insgesamt scheint die Information zwischen den Tieren ein hoch interessantes, aber weisses Feld zu sein. Bei den Termiten komme ich darauf noch einmal zurück ...

... Solche Dinge gehen mir durch den Kopf, während ich mit 95 km/h auf der geraden Strasse nach Norden fahre. Hohe Wolken, Sonne, schwül und warm, 39 Grad. Rechts flaches Land und Bush, über den man bis zum Horizont hinwegsehen kann, links das gleiche Bild. Es gibt maximal ein paar Sanddünen, von denen aus kann man ins Land sehen, aber da ist nicht viel zu sehen. Die einzige Abwechslung liefert die Astronomie: Genau um 10:39 Uhr überfahre ich den südlichen Wendekreis des Steinbocks (Capricorn), die tropischen Gefilde sind erreicht. Alles was sich einschliesslich Äquator zwischen dem südlichen und dem nördlichen Capricorn befindet, das sind die Tropen.

Und als hätten die Termiten das gewusst, gibt es ein paar Kilometer hinter diesem Wendekreis die ersten Termitenbauten. Es sind beeindruckende Bauwerke und es sind spezielle Termitenbauten, nicht vergleichbar mit denen im Kakadu Nationalpark und in Queensland. Diese Bauten hier sind auch zwei bis drei Meter hoch, im Kakadu waren sie noch höher. Aber die Art der Bauten ist anders. Diese Burgen sehen so aus, als ob man an eine Mittelachse viele, mit Wasser gefüllte Luftballons gehängt hätte. Man sieht ganz deutlich, wie die Termiten die Schwerkraft in ihre Konstruktion einbeziehen, auch hier gibt es wieder Selbstähnlichkeit, die gleichen Strukturen auch im Kleinen. Faszinierend. Unverkennbar ist die Ähnlichkeit dieser Termitenbauten mit dicken Frauen, ausgestattet mit schweren, hängenden Brüsten. Wie heisst diese berühmte Elfenbeinschnitzerei (oder Knochen-) aus der germanischen Steinzeit: Die Venus von ....??! Genau wie diese Venus sehen die Termitenburgen hier aus. Sie beginnen am Capricorn und man sieht sie mehr oder weniger bis nach Exmouth. Manchmal stehen die Bauten sehr dicht, vier bis fünf Bauten auf 100 x 100 Meter.

In den Bauten gibt es sehr unregelmässig ausgeführte, beutelförmige Kammern, die ca. 40 mm lang und 25 mm breit und hoch sind. Was passiert in diesen Kammern, die eine Wandstärke von 5 mm haben und nur ein Zugangsloch (... und natürlich keine Fenster)? Frische Kammern haben nur eine Wandstärke von 1 mm, offensichtlich wird erst gebaut und dann die Wand verstärkt. Aber am meisten würde mich ja interessieren, wie sich die Termiten entscheiden und verständigen, was wo gebaut wird. Warum werden diese Beutel beispielsweise nicht alle in westlicher Richtung an die Achse gehängt - der Bau würde umkippen!!? Stattdessen wird die Belastung so austariert, dass auf die Mittelachse kein Moment wirkt. Wer guckt sich wie den Bau von aussen an und entscheidet, wo der nächste Beutel mit dem geringsten Risiko angehängt wird? Wie wird diese Entscheidung in einem dezentralen System gefällt und wie wird sie dann in die Tat umgesetzt? Wie werden die Arbeiter mobilisiert und für ihren Job qualifiziert? So viele klare Fragen, auf die es keine Antwort gibt! Dabei leben die Termiten direkt neben uns, viel länger schon, als es Menschen gibt. Trotzdem (oder deswegen) kann keiner die Termiten fragen und es scheint keine brauchbaren Verfahren zu geben mit denen man feststellen kann, wie sich Termiten untereinander bei so wichtigen Fragen verständigen. Zu sagen, das sei alles vom Instinkt gesteuert, beantwortet die vielen Detailfragen nicht. Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen einem Termitenbau und dem Gehirn: Alles relativ einfache Strukturen, aber keiner versteht, wie das Gesamtsystem funktioniert ... Mehr über Australia ...

Termitenbauten in West Australia

Termitenbauten in West Australia

df

Capricorn in West Australia

25.02.2009 17:47

 

 

Noch einmal Termiten: Magnetische Spezialisten

Beobachtungen am 24. und 25. Juni 2000 in Australia,
Day 319/320, Litchfield National Park (NT)

Auf der Litchfield Park Road erreicht man von Süden kommend zuerst die Magnetic Termite Mounds. Zwischen Wyndham und Darwin gibt es sehr viele Termiten. Es sind die Cathedral Termiten, die diese riesigen, bis zu vier Meter hohen Cathedrales bauen, die auch noch einmal so weit unter die Erde reichen. Diese Cathedrales kann man auch im Kakadu National Park sehen, allerdings stehen sie hier viel zahlreicher. Auch heute fotografiere ich wieder einige und auch von mehreren Seiten. Man sieht, dass es idealisiert 10 cm breite 'Bretter' sind, die um eine Mittelachse angeordnet sind. Eine Ausrichtung gibt es nicht. Aber es sind völlig andere Bauten als die in der Pilbara. Dort werden von den Termiten 50 bis 100 'Wasserbeutel' an eine Mittelachse gehängt. So jedenfalls kann man sich die Entstehung dieser 2,5 Meter hohen und so ähnlich breiten Bauten am ehesten vorstellen.

Cathedral Termites
Cathedral Termites südlich des Litchfield National Park (NT)

Hier aber gibt es etwas Neues: Nirgends habe ich bisher Bauten der Magnetic Termites gesehen - hier aber stehen sie gleich hundertfach in einem flachen Floodplain. Alles ist eingezäunt, man kann zwischen den Bauten nicht spazieren gehen und das ist auch sicher gut so. Es gibt einen eingezäunten Laufsteg, auf dem man sich diese faszinierenden Bauten sehr gut ansehen kann. Magnetic Termites (Amitermes meridionalis) leben nur hier im Litchfield National Park. Eine zweite Art (Amitermes laurensis) lebt in Arnhemland und auf Cape York.

Magnetic Termites, Lichtchfield National Park (NT)
Magnetic Termites Mound im Litchfield National Park, (NT) Australia

Diese Bauten sind schätzungsweise bis zu drei Meter hoch und bis zu zwei Meter breit, dabei aber flach wie eine Wand. Die Statik wurde berücksichtigt, die Bauten sind konisch ausgeführt. Die entscheidende Besonderheit ist, dass die Wand auf der Nordsüd-Achse steht. Damit wird sie von der Sonne maximal aufgeheizt und genau das lieben offensichtlich diese speziellen Termiten. Mindestens der Fuss des Gebäudes steht in der Wet Season im Wasser. In der Dry Season müssen auf der Wand bis zu 80 Grad Wärme herrschen. Genau für diese Verhältnisse haben die Termiten diesen Bau entwickelt. Sie können sich bei Wärme oder Kälte nicht wie die Cathedral Termiten in den Untergrund zurückziehen, da sie immer auf einem Floodplain stehen, wo es nass ist. Sie besitzen deswegen keinen 'Keller'. Sie sorgen mit ihrer Konstruktion dafür, dass ihr Bau am Tage aufgeheizt wird und so die Wärme über Nacht speichert. Die Termiten leben vorwiegend an der Ostseite ihres Baus, dort ist die Temperatur über den Tag am stabilsten. Wird es in der Nacht kalt, ziehen sie sich in die Mitte des Baues zurück. Ein grundsätzlich anderes System als bei den Cathedral Termiten, die die Innentemperatur ihres Baues über die Steuerung der Luftzirkulation regulieren.

Die flachen Bauten sind nicht immer exakt in Nordsüd Richtung ausgerichtet, es gibt territoriale Unterschiede. Die Schatten- und Windverhältnisse werden bei der Ausrichtung des Baus berücksichtigt, um die Aufheizung durch die Sonne zu optimieren! An der östlichen Aussenwand befindet sich nur ein kleines Loch (ca. einen Zentimeter in Durchmesser), durch das der ganze Termitenverkehr läuft. Der Eingang liegt so hoch, dass er vom Wasser nicht erreicht werden kann.

Wieder tauchen Fragen auf: Wie findet sich eine einzelne Termite in diesem riesigen, völlig dunklen Bau ohne Strassenschilder und Hausnummern zurecht? Wie schaffen sie das Essen heran, das Baumaterial? Was machen die Termiten den ganzen Tag, immer sind sie busy? Wie erkennen sie Feinde, welche Feinde haben sie und wie wehren sie sich? Wie verhalten sie sich zu den Termiten vom Nachbarbau, denen sie ja draussen begegnen? Gibt es Begrüssung und Kommunikation?  Erstaunlich genug, dass diese Spezial-Termiten wissen, wo Norden ist. Woher aber nehmen sie auch noch den Korrekturwinkel für ihre Bauten, der die Umgebungsverhältnisse berücksichtigt und der bis zu 10° betragen kann?! Die Magnetic Termites besitzen einen magnetischen Sinn/Sensor und man nimmt an, dass sich der Korrekturwinkel vererbt. Aber wer hat ihn ursprünglich festgelegt? Das sind wieder Fragen ...!

Australier, die mit Termiten auf demselben Land leben, haben einen Horror vor ihnen, weil die Termiten darauf spezialisiert sind, totes Holz aufzufressen! Ganze Häuser werden in kurzer Zeit von innen ausgehöhlt und brechen dann zusammen. Auch das Anbrennen hilft nicht viel, die Termiten kommen immer wieder. Nur die chemische Atombombe hilft, aber sie kann auch die Hausbewohner treffen!

Magnetic Termites, Lichtchfield National Park (NT)
Nur ein einziges Loch ist der Ein- und Ausgang in das Hochhaus!

Magnetic Termites, Lichtchfield National Park (NT)

Magnetic Termites, Lichtchfield National Park (NT)

 

Eine qualitativ andere Art von Intelligenz

Entscheidend bei diesen Beobachtungen ist: Ameisen sind intelligent! Sie kommunizieren untereinander, sie sind in der Lage, klimatisierte Hochhäuser zu bauen, einen Nahrungskreislauf zu organisieren und zielgerichtet und vernünftig das zu tun, was optimal für den Bestand ihres Staates ist. Es existieren erstaunliche Parallelen zu menschlichen Staaten.

Der entscheidende Unterschied aber ist, diese Intelligenz basiert nicht auf dem intelligenten Verhalten der einzelnen Individuen (wie beim Menschen), sondern auf der Intelligenz eines Systems aus vielen Individuen, die selbst keine Intelligenz besitzen (Schwarmintelligenz). Ein faszinierender Unterschied: Intelligenz ohne Bewusstsein!

Ist das noch Intelligenz? Es ist eine qualitativ andere Art von Intelligenz: Keine menschliche Intelligenz!

28.02.2009 12:14 / 03.11.2011 18:26

 

 

Jürgen Albrecht, 01. März 2009
update: 03.11.2011

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