VORBEMERKUNGAnlass für diese Anmerkungen war der Tod von Horst Oehlke. Er war von ca. 1976 bis 1990 Leiter der Abteilung Theorie und Methodik an der Burg Giebichenstein und dort zuständig für die Designtheorie. Rolf Frick (gestorben vor zwei Jahren) war in dieser Abteilung für die Methodik verantwortlich. Ich war unter Frick seit 1977 mit der Problematik Computer & Design befasst. Im Internet suchte ich nach Horst Oehlke und fand seinen Artikel [ 9 ] Design - ein weites Feld. Nur wenig von dem habe ich verstanden, was da geschrieben steht. Dabei war die Fragestellung sehr konkret: Was ist Design und was sind die Grundlagen des Design? Diese Frage hat Wolfgang Jonas gestellt und zur Meinungsäusserung eingeladen (mich nicht, denn mir fehlt der Stallgeruch ...). Allerdings hat er diese klare Fragestellung von vorn herein in seinem Exposé [ 8 ] stark relativiert und okkult vernebelt: "No foundations: Design as the groundless ground of design." Apodiktisch beschreibt er den weglosen "Sumpf" in den jeder unausweichlich gerät, der nach dem Design als Disziplin, ihren Grundlagen und ihren Grenzen fragt. Oehlke lässt sich in [ 9 ] auf die angebliche Bodenlosigkeit ein und fragt, ob Design überhaupt eine Disziplin ist und nicht viel eher "etwas Disziplinloses". Sicher aber ist er sich: "... gibt es für Design weder sichtbaren Anfang noch absehbares Ende, weder eindeutigen Ausgangspunkt noch definitives Ziel." Problemlos sollte uns Matthias Götz erklären können, was Design will und welche Grundlagen dafür existieren. Er ist immerhin der amtierende Lehrstuhlinhaber für Designtheorie an der Burg Giebichenstein in Halle. In [ 10 ] nimmt er nicht weniger als zehn Mal Anlauf zu genau dieser Erklärung. Aber am Ende lässt er den Leser ratlos im "unvergänglichen Dilemma des Design" zurück: "Es gibt (im Design) zu jeder Möglichkeit eine weitere, die das Gegenteil meint, aber nicht weniger möglich ist". Diese Sicht auf das Design ist typisch für die heutige Zeit. Es gibt viele Statements bekannter Designer und Experten, die das Design mystifizieren und zu einer rätselhaften Geheimwissenschaft erklären. Der Pluralismus lässt alle Blumen blühen und das ist gut so. Aber: Deutschland ist mit einer exportstarken Industrie gesegnet und dort werden Produkte entwickelt, hergestellt und verkauft. Daran sind Designer nicht unwesentlich beteiligt. Gemeinsam mit Konstrukteuren, Technologen und anderen Spezialisten sitzen sie an CAD/CAM-Systemen und betreiben Produktentwicklung. Jeder Spezialist bringt arbeitsteilig sein Wissen ein. Hier wird gearbeitet und nicht nur kultiviert philosophiert. Die an diesen Systemen sitzenden Designer wissen genau, was von ihnen erwartet wird, was Design leisten kann und was nicht, und welche Grundlagen sie benutzen. Wird dieses Wissen an den Kunst- und Designhochschulen den Studenten vermittelt? Ein grosses Fragezeichen! Erstaunlich ist, dass an der Burg Giebichenstein vor 30 Jahren völlig klar war, was unter Design zu verstehen ist: Design hat die Aufgabe, Produkte optimal passfähig und wahrnehmbar für die menschlichen Maße und Sinne zu gestalten. Der nur arbeitsteilig funktionierende "Gestalterische Entwicklungsprozess" war von Rolf Frick [ 3 ] methodisch beschrieben. Der gleiche Horst Oehlke wie oben hatte, gedrängt von Frick (?), die Produktfunktionen benannt [ 4 ] und dem Design die Gestaltung der ästhetischen Funktion zugeordnet (mindestens!). Jürgen Albrecht [ 7 ] klassifizierte auf dieser Grundlage "Gestalterische Grundaufgaben". Das "weite Feld" des Design war urbar gemacht und parzelliert. Mit den gestalterischen Grundaufgaben wird der Aufgabenbereich des Design benannt und vollständig strukturiert. Deshalb gehören die gestalterischen Grundaufgaben (wie auch immer definiert ...) unstrittig zu den Grundlagen des Design. Im folgenden Abschnitt wird deshalb kommentarlos aus [ 7 ] zitiert, was vor 30 Jahren (!) unter den Produktfunktionen, dem Gestalterischen Entwicklungsprozess GEP und den Gestalterischen Grundaufgaben GGA verstanden wurde. Die heutige industrielle CAD/CAM-Praxis beweist, dass ohne die Bewältigung dieser Grundaufgaben kein Designer seinen Beitrag zur Produktentwicklung leisten kann.
2.1 Gegenstand der Industriellen Formgestaltung(...) Die Umgebung des Menschen, gekennzeichnet durch Natur, Gesellschaft, Wissenschaft, Technik und Kultur, ist zeit- und raumabhängig (Bild 2). Da der Mensch und die von ihm geschaffenen Produkte Teil dieser Umgebung sind, gilt für sie das gleiche.
Der Mensch, determiniert durch seinen Zustand und durch seine Umgebung, befindet sich in einem permanenten Erkenntnisprozess, für dem sein Verhalten von entscheidender Bedeutung ist. Sein Verhalten gegenüber der Umgebung (allgemeiner Fall) und den Produkten seiner Tätigkeit (spezieller Fall) führt zur subjektiven Widerspiegelung der objektiven Realität im Bewusstsein des Menschen. Das Bewusstsein umfasst im wesentlichen zwei Widerspiegelungsformen, die relativ adäquate Widerspiegelung der objektiven Realität in Form von Erkenntnissen, die Grundlage zweckmässiger menschlicher Tätigkeit sind und subjektive Emotionen als Folge und Wirkung des Erkenntnisprozesses, die den Zustand des Menschen und sein Verhalten beeinflussen. Mensch und Umgebung (Produkt) stehen in einem dialektischen Verhältnis. Diese Subjekt-Objekt-Dialektik ist Ausdruck menschlichen Verhaltens in der Umgebung. In diese allgemeinste Darstellung des Menschen in seiner Umgebung ist der Gegenstand der Industriellen Formgestaltung als Wissenschaftsdisziplin einzuordnen:
Es bereitet Schwierigkeiten, den Terminus "Ästhetik" näher zu bestimmen (...) Eine pragmatische Lösung dieses Problems wird (für die Zwecke dieser Arbeit) möglich, wenn der Begriff "ästhetische Wirkung" näher untersucht wird. Als Folge der Subjekt-Objekt-Dialektik entstehen im menschlichen Bewusstsein ästhetische Wirkungen, verändern sich Bewusstseinsinhalte. (...) Aus dieser Gegenstandsbestimmung kann die Funktion der Industriellen Formgestaltung im Produktentwicklungsprozess (...) durch folgende Arbeitsdefinition beschrieben werden:
Beide Teilfunktionen bedingen sich gegenseitig im Sinne eines dialektischen Paares. Im Gegensatz zur primären Teilfunktion ist der Gegenstand der sekundären Teilfunktion aber kaum raum- und zeitabhängig und unterliegt auch nur in geringem Masse der subjektiven Wertung. (...) Die so definierte Funktion der Industriellen Formgestaltung unterscheidet sich grundlegend von den Funktionen der Teilprozesse Verfahrenstechnik, Konstruktion und Technologie. Es ist daher berechtigt, der Industriellen Formgestaltung einen eigenständigen "gestalterischen Entwicklungsprozess" im Produktentwicklungsprozess zuzuweisen, der allerdings nur polydisziplinär zu bewältigen ist. (...)
3.1 Struktur des gestalterischen EntwicklungsprozessesAls Grundlage für methodische Untersuchungen der formgestalterischen Tätigkeit wird ein Modell des gestalterischen Entwicklungsprozesses benötigt. Frick /x19, x20/ hat in mehreren Grundlagenarbeiten die Struktur des gestalterischen Entwicklungsprozesses untersucht. Er definiert den gestalterischen Entwicklungsprozess als einen von vier notwendigen Teilprozessen des Produktentwicklungsprozesses wie folgt:
Die Struktur dieses Prozesses beschreibt er in der im Bild 12 dargestellten Form und benutzt sie gleichzeitig als Ordnungsprinzip seiner Designmethodik [ 5 ]:
(...) Es muss betont werden, dass es sich bei diesen Darstellungen um ein Modell des gestalterischen Entwicklungsprozesses handelt. Gegenüber dem realen gestalterischen Entwicklungsprozess bestehen mindestens folgende wesentliche Unterschiede, die bei Untersuchungen am Modell nicht zu vernachlässigen sind:
(...) Oehlke/Frick [ 1 ] haben sechs Produktfunktionen definiert (s. Bild 17), die im Produktentwicklungsprozess eine wesentliche Rolle spielen. Sie betonen, dass den einzelnen Teilprozessen der Produktentwicklung die Realisierung dieser Produktfunktionen nicht schematisch zugeordnet werden kann, sondern dass in jedem Teilprozess alle Produktfunktionen aber mit unterschiedlicher Wertigkeit eine Rolle spielen. Bezogen auf den gestalterischen Entwicklungsprozess bedeutet das, dass er zwar auf die ästhetische Produktfunktion gerichtet ist, ästhetische Wirkungen aber auch durch alle anderen Produktfunktionen erzeugt werden können.
(...)
3.2 Gestalterische GrundaufgabenUm die Anzahl der Untersetzungsebenen der Struktur des gestalterischen Entwicklungsprozesses zu minimieren ist es erforderlich, dass möglichst schon in der ersten Untersetzungsebene die fachliche Spezifik des Gegenstandsbereichs vollständig enthalten ist. Das ist ein prinzipielles Problem jeder Fachmethodik. In der Regel wird versucht, die Fachspezifik durch hierarchische Untersetzung des Problemlösungsprozesses in die Bearbeitungsverfahren einzubauen und diese Verfahren produktorientiert zu spezifizieren. Dieses Verfahren besitzt folgende Nachteile:
Es wurde deshalb nach einem neuen Ansatz gesucht, der die eben genannten Nachteile vermeidet und der besonders die vollständige Menge fachspezifischer Aufgaben wenigstens klassifikatorisch erkennen lässt. Um die Vollständigkeit zu sichern, bietet sich für diesen Fall der Aufbau eines geschlossenen Suchfeldes an, das die Gesamtmenge gestalterischer Aufgaben enthält. Eine systematische Untersuchung möglicher Matritzen /x115/ führt zu dem Ergebnis, dass die beiden Achsen Arbeitsmittel/Arbeitsgegenstand ein geeignetes Suchfeld ergeben, das die Gesamtheit gestalterischer Aufgaben beschreibt. Um dieses Feld aufzubauen, ist die Klassifikation der Achsen erforderlich. Für die Achse Arbeitsgegenstand kann bei der Einschränkung auf "Produktgestaltung" davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsgegenstand "Produkte" sind. Eine Untersetzung dieses Begriffs würde zu Produktklassen führen. Versucht man aber Gegenstandsbereiche auf der gleichen Begriffsebene zu finden, so ergeben sich folgende Gegenstandsbereiche, die sich in ihrer Komplexität unterscheiden und auf die die Produktgestaltung gerichtet ist:
Unter dem Begriff "Produkt" werden dabei alle vom Menschen industriell hergestellten Gegenstände und Verfahren verstanden. Diese Produkte sind das Ergebnis der industriellen Produktion des Menschen. Bei der Achse Arbeitsmittel stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln der Formgestalter auf seinen Arbeitsgegenstand einwirkt. Dabei ist der Gegenstand der industriellen Formgestaltung als Wissenschaftsdisziplin und die Funktion der Industriellen Formgestaltung in der Produktionsvorbereitung zu berücksichtigen. Mit den Untersuchungen des Punktes 2. kann davon ausgegangen werden, dass dem Formgestalter ausschliesslich Mittel zur Verfügung stehen, die mit den menschlichen Sinnesorganen wahrnehmbar sind, denn sonst können sie nicht Gegenstand der Subjekt-Objekt-Dialektik sein und im menschlichen Bewusstsein ästhetische Wirkungen hervorrufen. Mit diesen Überlegungen lassen sich die gestalterischen Arbeitsmittel vollständig wie folgt klassifizieren: Mittel, gerichtet auf die Sinnesorgane
Mit der Klassifikation dieser beiden Achsen lässt sich das vollständige Feld gestalterischer Grundaufgaben (GGA) nach Bild 23 darstellen, das durch die dritte Achse "Produktklassen" sinnvoll weiter zu spezifizieren ist.
Dieses Aufgabenfeld enthält 21 Klassen gestalterischer Grundaufgaben, die vollständig den Gegenstandsbereich der Industriellen Formgestaltung abdecken. Eine weitere Vergrösserung dieses Feldes ist dadurch möglich, dass ausser dem gestalterischen Entwicklungsprozess noch andere Teilprozesse der Produktionsvorbereitung in die Funktion des Formgestalters einbezogen werden. (...) Die erste Zeile der Matrix nach Bild 23 beschreibt die Aufgabenklassen visueller Gestaltung. Um zu den gestalterischen Grundaufgaben dieses wesentlichen Bereichs Industrieller Formgestaltung zu gelangen, ist es erforderlich, die Achse Arbeitsmittel klassifikatorisch weiter zu untergliedern. Eine Literaturuntersuchung zu diesem Problem ergibt folgendes: (...) Für den hier vorgesehenen Zweck wird in Anlehnung an Heinemann /x31/ folgende Klassifizierung als brauchbar angesehen:
(...) Unter "Grafik" werden Schrift- und ikonische Zeichen verstanden, die Bestandteil des Arbeitsgegenstandes sind und Informationen über seinen Gebrauch und seine Herkunft transportieren. Im Gegensatz dazu transportieren die als "Dekor" verwendeten Zeichen keine derartigen Informationen. Mit dieser Untersetzung der Achsen können die gestalterischen Grundaufgaben im Bereich visueller Gestaltung beschrieben werden. Um diese Grundaufgaben weiter zu untersetzen, ist eine weitere Detaillierung der Achsen erforderlich. Für die Achse Arbeitsmittel geschieht das durch folgende Aspekte:
Für die Achse Arbeitsgegenstand bieten sich die von Oehlke/Frick [ 1 ] eingeführten Produktfunktionen als weitere Untergliederung an. Da die utilitäre, faktibilitäre und ökologische Produktfunktion im wesentlichen Gegenstand der Entwurfstätigkeit der technischen Entwicklungsprozesse sind, kann man sich für diese Zwecke auf die drei folgenden Funktionen beschränken:
Mit dieser Detaillierung der Achsen Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand kann jetzt das Aufgabenfeld für die visuelle Gestaltung als Bild 24 dargestellt werden:
Hierbei handelt es sich um die vollständige Menge der Aufgabenklassen der visuellen Gestaltung, mit denen unter Benutzung definierter Mittel, ausgerichtet auf definierte Arbeitsgegenstände die Funktion der Industriellen Formgestaltung realisiert wird. Jede konkrete gestalterische Aufgabe ist durch eine hinsichtlich Art und Anzahl definierte Menge von gestalterischen Grund- und Spezialaufgaben, also durch ein bestimmtes Muster im Raster des Bildes 24 gekennzeichnet. Abhängig vom Verwendungszweck dieser Matrix können die Spezialaufgaben mit Bild 25 auch anders definiert und ihre Anzahl noch wesentlich erweitert werden: (...)
(...)
3.3.1 Untersetzung durch problemorientierte TätigkeitenMüller /x60, x61/ hat untersucht, welche problemorientierten Tätigkeiten in Problemlösungsprozessen von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren von wesentlicher Bedeutung sind und hat dann diesen Tätigkeiten heuristische Programme zugeordnet und Kopplungsbeziehungen angegeben. Frick [ 5 ] hat das gleiche Prinzip auf den gestalterischen Entwicklungsprozess angewendet. Er gibt zwei Varianten der Untersetzung durch Tätigkeiten an (...). Analysiert man diese Untersetzung /x115/ und bezieht sie mit einigen Ergänzungen auf den gestalterischen Entwicklungsprozess für Geräte, so kann man diesen Prozess durch problemorientierte Tätigkeiten wie im Bild 26 untersetzen. Die Begriffsbestimmung für diese Tätigkeiten enthält das Bild 27:
(...) Den Tätigkeiten sind Verfahren zuzuordnen, die zu einer detaillierten, problemorientierten Prozessbeschreibung führen. Welche Verfahren in der Designmethodik von Frick [ 5 ] in Form heuristischer Programme existieren, ist im Bild 26 gekennzeichnet. (...) Für die Anwendung der Rechentechnik ist interessant, zwischen algorithmierbaren und nicht algorithmierbaren Tätigkeiten zu unterscheiden. Eine solche Differenzierung ist exakt nur in Kenntnis des konkreten Prozessgegenstandes durchzuführen. Ausserdem gibt es in realen Problemlösungsprozessen keine komplexen Tätigkeiten (wie sie im Bild 27 dargestellt wurden), die vollständig algorithmierbar sind. Die entsprechende Kennzeichnung im Bild 26 verweist deshalb nur auf die Tendenz zur Beschreibung dieser Tätigkeiten (oder Teilen davon) durch determinierte Programme. Alle nicht gekennzeichneten Tätigkeiten sind kreative Tätigkeiten, für die nur heuristische Programme angegeben werden können. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch problemorientierte Tätigkeiten eine problemorientierte Untersetzung des gestalterischen Entwicklungsprozesses möglich ist. Von der Fachspezifik wird dabei weitestgehend abstrahiert, solange man die Untersetzung nicht tiefer als zwei bis drei Hierarchien durchführt. (...)
Literatur
Auszug aus [ 4 ], Seite 57
[ 8 ] the basic PARADOX - foundations for a groundless discipline http://home.snafu.de/jonasw ... [ 9 ] Horst Oehlke, DESIGN - EIN WEITES FELD. http://home.snafu.de/jonasw ... und www.storyal.de ... [ 10 ] Matthias Götz, WER HAT ANGST VOR PARA DOXEN? http://home.snafu.de/jonasw ... [ 11 ] Deutsche Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF) e.V. www.dgtf.de ... [ 12 ] Design http://de.wikipedia.org ... [ 13 ] Plattform Designkritik www.designkritik.dk ...
[ 18 ] Wolfgang Jonas, Designforschung als Argument www.dgtf.de ... [ 19 ] Design http://wapedia.mobi/de ... [ 20 ] Publikationen Wolfgang Jonas http://8149.website.snafu.de ... [ 21 ] Beispiel für Wissen (A): Gestaltungsgesetze www.zeichnen-lernen.net ... [ 22 ] Designtheorie http://de.wikipedia.org ... [ 23 ] Portal Design http://de.wikipedia.org ... [ 24 ] Nigel Cross, Engineering Design Methods, 4th Edition (2008), ISBN: 978-0-470-51926-4 [ 25 ] Claudia Mareis, Theorien des Designs, (2014), ISBN: 978-3-88506-086-4 [ 26 ] Designwissenschaft und Designforschung - Ein einführender Überblick http://blog.hslu.ch ...
NACHBEMERKUNGIst es sinnvoll, sich auf die menschlichen Sinne zu beziehen, wenn man auf den Menschen - wie auch immer - einwirken möchte? Wie soll man sonst das Wahrnehmungssystem des Menschen erreichen?! Der oben gewählte, grundsätzliche Ansatz für die Klassifikation der gestalterischen Grundaufgaben ist also naheliegend, logisch und die so gewonnene Klassifikation scheint vollständig. Jahre später stellte sich bei Arbeiten an CAD-Systemen heraus, dass es nützlich ist, die Achse "Arbeitsmittel der visuellen Gestaltung" (Bild 24) durch den Klassifikator "Licht" zu erweitern. Natürlich ist das nicht die einzig rechtmässige Klassifikation. Andere Klassifikationen für das "weite Feld" des Design sind denkbar und legitim. Sobald es sich nicht nur um schöngeistige Literatur oder ansprechende Lyrik handelt, sondern tatsächlich um mehr oder weniger vollständige Klassifikationen, werden sie immer einen Beitrag zur Beschreibung des Aufgabenfeldes von Design und seiner Grundlagen leisten. Nebenbei verweist das Bild 17 auch auf die Gründe für die Unsicherheit, die für die unscharfen Grenzen des Design verantwortlich ist. Das Bild zeigt, dass das Design zwar für die Gestaltung der ästhetischen Produktfunktion zuständig ist, sich eigentlich aber für alle Produktfunktionen, für das Gesamtprodukt, verantwortlich fühlt: "We are different from the others. Our discipline is the basis of every productive, outward-oriented human activity, even the basis of scientific fact production." Zitat Jonas [ 8 ]. In ihrer Selbstüberschätzung sind Designer in guter Gesellschaft. Auch Konstrukteure, Architekten, Klimaforscher, Ingenieure für Wärmelehre und Vertreter vieler anderer Disziplinen halten sich für die Crème de la Crème. Es wäre sehr hilfreich für die Funktionsbestimmung des Design, würden sich die Designer demütig auf eine Rolle beschränken, die sie in praxi auch wirklich ausfüllen können. Das eigentliche Problem aber ist nicht die Klassifikation, sondern die Informationen, das Wissen für die definierten Klassen und Unterklassen gestalterischer Aufgaben. Hier geht es um die ganz konkreten Handlungsanweisungen für die Bewältigung von Gestaltungsaufgaben, bezogen auf definierte Systeme, Produkte oder Einzelteile. Das eigentliche Problem der Designgrundlagen: Die meisten Prozessinformationen für die GGA existieren nicht explizit. Das hat schwerwiegende Konsequenzen. Beispiel Lehre: Das für bestimmte gestalterische Aufgaben erforderliche Wissen wird den Studenten nicht konkret und nicht bezogen auf spezifische Produkte vermittelt. Beispiel CAD/CAM: Die gleichen Prozessinformationen sind natürlich auch rechnerintern nicht verfügbar. Menschliches Wissen besteht prinzipiell aus zwei quantitativ unterschiedlichen Bestandteilen: Zum einen existieren (A) naturwissenschaftliche und methodische Grundlagen, die sich klar und zum Teil sogar numerisch beschreiben lassen (Extremfälle: Formeln für die Berechnung der Durchbiegung von xyz, Bezeichnung einer speziellen Farbe in der RAL- oder RGB-Farbtabelle, usw.). Unter (B) aber wird Wissen benötigt (beispielsweise für problemorientierte Tätigkeiten wie Prinzipfindung, Bewertung und Konjunktion), das in der Regel erst im Prozess durch den Bearbeiter modifiziert, umstrukturiert oder neu generiert wird. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Aktivierung von Faktenwissen, sondern um Intuition, Assoziation und menschliches Problemlösungsvermögen. Hier sind Kreativität, Erfahrung und komplexes Denken gefragt, bei dem Fakten, Methodik und zeitlicher Ablauf nicht mehr zu trennen sind. Dieses Wissen (B) ist kaum zu extrahieren und in Form von Handlungsvorschriften darzustellen. Völlig unklar bleibt auch weiterhin, ob und wie man Kreativität lehren kann. Wie für die künstliche Intelligenz von Computern fehlen dazu gegenwärtig noch alle naturwissenschaftlichen Grundlagen. Damit ist die aktuelle Aufgabe von Designtheorie, Designmethodik und Lehre im Design klar beschrieben: Erstens ist eine Klassifikation erforderlich, die das Aufgabenfeld des Design möglichst vollständig beschreibt. Zweitens muss das im Design benötigte, vorwiegend naturwissenschaftlich determinierte Wissen (A), im Stil methodisch optimierter Handlungsvorschriften expliziert werden. Tatsächlich mystisch und im Dunkeln muss allerdings noch auf nicht absehbare Zeit das Wissen (B) bleiben. Die Burg Giebichenstein, Kunsthochschule Halle, stellt sich diesen hoch aktuellen Aufgaben nicht. Heute fehlt dort die dazu erforderliche naturwissenschaftliche Kompetenz. Zu DDR-Zeiten war das eine ganz andere Hochschule: Bauhaus-Tradition und Bauhaus-Ideen, Theorie, Methodik, Naturwissenschaft, Ergonomie, Materialwissenschaft, solide Grundlagenausbildung auch in technischen Disziplinen und starke Kooperationen mit der Industrie. Heute geht es an der Burg Giebichenstein nur noch um Kunst. Was Design ist und bewirken soll, interessiert niemanden mehr. Noch existiert eine Studienrichtung Industriedesign. Was man dort zustande bringt, ist auf den Jahresausstellungen zu besichtigen: Ästhetische Entwürfe ohne realen Bezug zur Industrie. An den CAD/CAM-Systemen bei VW, Siemens, Bombardier oder Mercedes sitzen nicht Designer, die an der Burg Giebichenstein ausgebildet wurden. Es ist traurig, das zu sehen. Aber das ist der grosse Unterschied zwischen der DDR und der Bundesrepublik: Die DDR war eine hungrige Notgemeinschaft. Hohe Motivation und Leistungsbereitschaft, denn alle wollten raus aus dem Elend. Die Bundesrepublik war gut durch den Krieg gekommen, reich und satt war sie schon lange, als das Jahr 1989 kam. Wer reich und satt ist, strengt sich nicht mehr an. Und das ist heute in Halle zu besichtigen. Schade.
dgtf; Designtheorie und -forschung
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Jürgen
Albrecht, 02. November 2010
update 11.01.2015