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Betrugsverdacht gegen 1&1 - Der Staatsanwalt guckt weg
3.284 oder 16.000 kbit/s, wie vertraglich vereinbart?!

   
Ein konkreter Fall in Kurzform

Mit dem Provider 1&1 habe ich einen Vertrag über einen DSL-Anschluss "Doppel-Flat 16000" und bezahle dafür monatlich 29,90 Euro. Die Geschwindigkeit kam mir sehr gering vor, oft ist der Anschluss über Minuten oder auch ein paar Stunden gar nicht verfügbar. Das ist leicht festzustellen, weil dann auch das Telefon und das Internetradio unterbrochen sind.

Bei der Messung der Geschwindigkeit stellte sich heraus, dass statt der vertraglich zugesicherten Leistung von "bis zu" 16.000 kbit/s im besten Fall um 5.500 kbit/s gemessen wurde, meistens lag die Geschwindigkeit unter 1.500 kbit/s und oft sehe ich die Aussschrift: "Diese Webseite ist nicht verfügbar.", weil meine Verbindung zum Internet nicht verfügbar ist.

In einem Schriftwechsel, der sich über Monate hinzieht, verlangte ich von 1&1 die ausserordertliche Kündigung aus wichtigem Grund: Die vertraglich zugesicherte Leistung wird von 1&1 nicht erbracht. Die ausserordentliche Kündigung wird von 1&1 bis heute abgelehnt. Obwohl mir schriftlich bestätigt wurde, dass über meinen Anschluss (Telefonleitung) maximal nur 3.284 kbit/s technisch zu realisieren ist (!), besteht 1&1 auf der monatlichen Zahlung von 29.90 Euro für einen DSL 16.000-Anschluss!

Beim Landeskriminalamt Berlin erstatte ich Anzeige gegen 1&1 wegen Verdacht des Betruges. 1&1 täusch einen DSL 16.000-Anschluss vor, ist aber nicht einmal in der Lage, 25 Prozent der Leistung zu liefern. Nicht nur ich bin von dieser Täuschung betroffen, sondern mindestens alle DSL-Nutzer, die an meinem Leitungsstrang hängen. Der Staatsanwalt lehnt entsprechende Ermittlungen mit der Begründung ab, dass "keine zureichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat ersichtlich sind" und dass "Ihrem Anzeigevorbringen kein Lebenssachverhalt zu entnehmen ist, der Anknüpfungspunkt für strafrechtliche Ermittlungen sein könnte".

Ich beschwere mich gegen diesen Bescheid bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Auch diese Beschwerde wird abgelehnt: "Die bloße Schlechtleistung und das Beharren auf der Vertragserfüllung begründen nicht den Verdacht einer Straftat. Die Sache ist zivilrechtlich zu regeln."

Zwischenzeitlich hatte ich meine Zahlungen an 1&1 eingestellt. Daraufhin konnte ich plötzlich nicht mehr telefonieren: "... aus Sicherheitsgründen haben wir Ihre ausgehenden Gespräche gesperrt ..." Auf diese Zwangsmaßnahme reagiere ich mit der Überweisung der ausstehenden Zahlungen, denn mir stehen gegenüber 1&1 keine äquivalenten Machtmittel zur Verfügung.

So sieht der reale "Lebenssachverhalt" aus.

 

Facit

(1) Beweislage
Eindeutiger kann die Beweislage nicht sein: 1&1 hat mir im Schreiben vom 09.08.2010 (Anlage (A) schriftlich bestätigt, dass ein DSL-16000-Anschluss über meine Leitung technisch nicht zu realisieren ist. Es ist nur eine maximale Übertragungsgeschwindigkeit von 3.284 kbit/s möglich. Trotzdem verlangt 1&1 von mir die Bezahlung eines DSL-16000-Anschlusses. 1&1 täuscht einen DSL-16.000-Anschluss vor, liefert tatsächlich aber nicht einmal 25 Prozent der dazu erforderlichen Leistung. Nach meiner Meinung sind hier die Tatbestände nach § 263 (1) und (2) BGB erfüllt.

(2) Flächendeckende "Schlechtleistung"
Von besonderer Bedeutung ist, dass hier ein Präzedenzfall vorliegt. Nicht nur mir wird von 1&1 ein DSL 16.000-Anschluss vorgetäuscht, sondern mindestens geht es den Internet-Nutzern genauso wie mir, die an meinem Leitungsstrang hängen. Die Tatsache, dass bei DSL-Anschlüssen von allen Providern mehr Leistung versprochen als geliefert wird, ist heute symptomatisch für diese Branche. Deshalb nehme ich an, dass auch § 263 (3) BGB hier zum Tragen kommt. 

(3) Die Polizei und der Staatsanwalt gucken weg
Trotz eindeutiger Beweislage sehen der Staatsanwalt und die Polizei keine Anhaltspunkte für eine Straftat und auch keinen Bezug zu einem tatsächlichen Lebenssachverhalt(!). Das ist mehr als erstaunlich und wirft Fragen auf: Wie ist es mit dem Grundgesetz Artikel 3 (1) vereinbar, dass jeder kleine Ladendiebstahl eine Straftat ist, die massenhafte "Schlechtleistung" eines grossen Konzerns aber nicht?!
Würde die Polizei auch nicht eingreifen, wenn auf dem Oktoberfest die Maß statt mit einem Liter nur mit 0,8 Liter Bier ausgeschenkt würde? Und wenn die Maß nur noch zu einem Viertel voll wäre, könnte der Wirt
dann immer noch, unbehelligt von der Polizei, den vollen Preis kassieren?

(4) Der DSL-Kunde kann sich nicht wehren
Der folgende Satz der Generalstaatsanwaltschaft Berlin beschreibt das Dilemma: "Die Sache ist zivilrechtlich zu regeln." Das ist prinzipiell richtig, aber zwischen Provider und Nutzer herrscht keine Waffengleichheit. Die Provider haben von der Polizei nichts zu befürchten. Sie können jederzeit den Zugang zu Internet und Telefon kappen, sie klagen erfolgreich ausstehende Zahlungen ein und sie können ungestraft monatelang Telefonleitungen und -nummern blockieren. Der Nutzer hat keine äquivalenten Druckmittel. Er kann mit einem Rechtsanwalt gegen seinen Provider klagen ... Natürlich. Schliesslich leben wir ja in einem Rechtsstaat!
Wie aber sieht so ein Prozess Davids gegen Goliath in der Realität aus? Was kostet, und wie lange dauert er ...?!

 

ANLAGE: Chronologie meiner Aktivitäten
  • Bei Freenet habe ich im Juni 2008 für die „Doppel-Flat 16000“, einen Vertrag abgeschlossen. Die Leistung war OK, ich hatte nie Probleme mit der Geschwindigkeit und der Verfügbarkeit.
  • Im Dezember 2009 erhalte ich die Mitteilung, dass ich ab 01.12.2009 Kunde von 1&1 bin, weil Freenet von 1&1 übernommen wurde. Bereits im Januar 2010 zeigen sich Probleme bei Geschwindigkeit und der Verfügbarkeit. Ganz offensichtlich wird mein Anschluss jetzt von einer anderen Hardware realisiert: Zu viele Verbraucher auf einer Leitung.
  • Am 18.01.2010 beantragte ich einen Tarifumstieg: „Doppel-Flat 16000“ für 24,15 Euro/monatlich, ein Werbeangebot. Der Umstieg wird mit dem Hinweis abgelehnt, dass ich kein Neukunde bei 1&1 bin …!
  • Leider habe ich versäumt, den Vertrag zum 16.07.2010 zu kündigen. Dazu wäre mindestens zwei Monate vorher die schriftliche Kündigung erforderlich gewesen (das Kleingedruckte …!).
  • Am 25. Mai reklamierte ich die völlig unzureichende Geschwindigkeit und häufige Totalausfälle. Ich füllte lange Fragebogen aus und am 31.05.2010 wird mir mitgeteilt, dass alle Probleme behoben wurden. An den beschriebenen Mängeln hatte sich aber überhaupt nichts geändert.
  • Die gleiche Verfahrensweise wird im Oktober noch einmal praktiziert: Mit Schreiben vom 06.10.2010 wird mir mitgeteilt: „Die Störung wurde am 06.10.2010 behoben.“ Eine glatte Lüge, wie die Messungen zeigen.
  • Im Juni fing ich an, sporadisch die Geschwindigkeit meines DSL-Anschlusses zu messen (s. unten). Dabei habe ich bis heute (Januar 2011) zu keinem Zeitpunkt 16.000 kbit/s gemessen.
  • Mit Einschreiben habe ich am 03. August 2010 den Vertrag mit 1&1 vorfristig aus wichtigem Grund zum 30. Oktober 2010 gekündigt: Der wichtige Grund: Geschwindigkeit und Verfügbarkeit weichen erheblich von der vertraglich zugesicherten Leistung ab.
  • 1&1 hat bis heute der ausserordentlichen Kündigung nicht zugestimmt, auch nicht meinem Kompromissvorschlag von September 2010: Ich zahle den vollen Monatsbetrag bis 31.12.2010, wenn die Kündigung zu diesem Termin akzeptiert wird. 
  • Spezialeffekt: Mit Schreiben vom 09.08.2010 hat mir 1&1 schriftlich bestätigt, dass ein DSL-16000-Anschluss über meine Leitung technisch nicht zu realisieren ist. Es ist nur eine maximale Übertragungsgeschwindigkeit von 3.284 kbit/s möglich: Anlage (A).
  • Mit Wirkung von September 2010 entziehe ich 1&1 die Abbuchungserlaubnis
  • Seit 11.10.20110 antwortet 1&1 nicht mehr auf meine E-Mails in dieser Sache
  • Am 25.10.2010 erstatte ich Anzeige beim Landeskriminalamt Berlin
  • Mit Schreiben vom 10.11.2011 werden von der Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen in dieser Sache abgelehnt: Anlage (B)
  • Am 26. November bin ich mit zwei Monatsraten im Verzug und 1&1 sperrt meine ausgehenden Telefongespräche.
  • Am 28.11.2010 überweise ich die zwei ausstehenden Monatsraten und kann nach wenigen Tagen wieder telefonieren.
  • Mit Schreiben vom 01.12.2010 lege ich Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen die Entscheidung des Landeskriminalamts ein.
  • Diese Beschwerde wird mit Schreiben vom 14.12.2010 abgelehnt: Anlage (C)

Bei Bedarf sind alle diese Aktivitäten durch schriftliche Unterlagen beweisbar.

 

 

ANLAGE: Die DSL-Geschwindigkeit kann man leicht messen

Im Internet gibt es verschiedene Tools, mit denen man die Leistungsfähigkeit seines Internetanschlusses leicht messen kann. Beispielsweise bei http://www.wieistmeineip.de/speedtest/

Aus technischem Interesse kontrolliere ich ab Juni 2010 meinen Doppel-Flat 16000-Anschluss von 1&1 und messe folgendes:

 

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

Geschwindigkeitsmessung Doppel-Flat 16000 von 1&1

 

ANLAGE (A) - Technisch nicht mehr als 3.284 kbit/s möglich

Schreiben 1&1 - technische Grenze der Bandbreite

 

ANLAGE (B) - Der Staatsanwalt lehnt Ermittlungen ab

Der Staatsanwalt lehnt Ermittlungen ab

 

ANLAGE (C) - Der Generalstaatsanwalt ist der gleichen Meinung

Der Generalstaatsanwalt bestätigt das Verhalten der Polizei

 

 
Epilog

Seit dem 24.05.2011 existiert ein neuer DSL-Vertrag mit ALICE. Ab 17.07.2011 sind Telefon und Internetanschluss tot, weil 1&1 vertragsgerecht entsprechend meiner Kündigung den Router am 16.07.2011 abgeschaltet hat. Mit einer Übergangszeit von maximal 14 Tagen war zu rechnen. Mehrfach telefoniere ich mit Alice und schreibe Mails. Alice erklärt sich ausserstande, den neuen Vertrag zu erfüllen, weil meine Telefonleitung von 1&1 nicht freigegeben wird.

Seit dem 19. September 2011 habe ich wieder einen Internetzugang. Das Telefon funktioniert erst vier Wochen später wieder (18. Oktober 2011). Das aber hat andere Ursachen: Meine 9-stellige Telefonnummer war mit dem Alice-System nicht kompatibel. Eine neue Telefonnummer für den Festnetzanschluss (ohne VoIP!) ist die Folge.

Mehr als acht Wochen ohne Internet, drei Monate ohne Telefon, weil 1&1 meine Leitung und die Telefonnummer blockiert hat. Die Telefonanbieter verfügen über hervorragende Brechstangen, die sie auch gegen ihre Kunden einsetzen! Kriegsbedingt sind solche Verhältnisse für Afghanistan oder Ruanda vielleicht vorstellbar. Aber diese Zustände herrschen in Germany - Und das mit Duldung von Polizei und Staatanwaltschaft.

 

Freischaltung durch Alice

 

Ganz nebenbei: Bei Alice habe ich "Alice Fun - Ihr Flatrate-Paket: für Telefon und DSL" gebucht. Ein Zweijahresvertrag, 19,90 Euro für das erste Jahr, im zweiten Jahr 10 Euro mehr. Die DSL-Leistung wird beschrieben als "DSL-Flatrate mit bis zu 16.000 kbit/s (Upload bis zu 1024 kbit/s)".

Tatsächlich habe ich bisher Geschwindigkeiten zwischen 10.000 und 18.000 kbit/s gemessen! Kaum zu glauben! Alice ist vom Start ab deutlich besser als 1&1 und liefert die vertraglich vereinbarte Leistung durchschnittlich zu 80 Prozent. Damit kann man unter den gegenwärtigen Umständen zufrieden sein. Gleichzeitig ist das ein weiterer Beweis dafür, dass ich von 1&1 fast zwei Jahre lang betrogen worden bin.

 

DSL Alice Speed September 2011

Verfügbarkeit von Alice-DSL

Alice Speedtest Oktober 2011

Speed DSL Alice 11. Oktober 2011

 

Zwei Jahre später

Breitband Provider Betrug

21.05.2013 9:29

 

 

Jürgen Albrecht, 08. Januar 2011
update: 21.05.2013

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