BACK

Stippvisite im Heiligen Land

Bethlehem - israels Sperranlagen
Israels Sperranlage vor Bethlehem - 21. November 2011, 15:55 h

 

Jerusalem

Galiläa

Facit


   
Bethlehem

Es regnet immer noch. Es wird dunkel, als rechts die monströse Mauer auftaucht. Um 15:55 Uhr passieren wir den Check Point ohne anzuhalten und ohne kontrolliert zu werden. Die Palästinenser scheint nicht zu interessieren, wer aus Richtung Israel in ihr Gebiet einreist. Die Mauer, an der wir beim Check Point vorbeifahren, ist auf dieser Seite der Grenze bemalt, mit Parolen beschriftet und mit grossflächigen Plakaten beklebt.

 

Israelische Sperranlagen vor Bethlehem
Israelische Sperranlagen in Bethlehem


Israelische Sperranlagen vor Bethlehem

 

Israelische Sperranlagen vor Bethlehem

 

Israelische Sperranlagen vor Bethlehem

 

Kurz nach dem Check Point steigt die palästinensische Reiseleiterin zu, Monica. Sie heisst uns in Palästina willkommen und bedauert, dass es nur ein kurzer Besuch sein wird. Sie entschuldigt sich, dass der Bus Schwierigkeiten hat, voran zu kommen. „Bethlehem ist für Eselkarren gebaut, nicht für Busse. Es leben jetzt auch viel mehr Menschen hier, als vor 2.000 Jahren! Wir haben mehrere palästinensische Flüchtlingslager in Bethlehem. Kein Platz. Wir sind gezwungen, in die Höhe zu bauen. Dafür aber ist bei uns das ganze Jahr über Weihnachten: Sehen Sie die schönen Weihnachtsdekorationen überall! Sie bleiben das ganze Jahr über hängen, denn hier spielt ja die Weihnachtsgeschichte.“

 

Die Geburtskirche in Bethlehem
Die Geburtskirche in Bethlehem


Der Eingang zur Geburtskirche
Der Eingang zur Geburtskirche

 

Turm rechts vor der Geburtskirche
Turm rechts vor der Geburtskirche

 

Die Besichtigung der Geburtskirche ist der einzige Programmpunkt in Bethlehem. Wir fahren in die Nähe der Kirche, steigen aus dem Bus und haben bald den grossen Vorplatz erreicht. Eine winzige Öffnung in der Kirchenmauer führt nach einem kleinen Vorraum mit schweren Holztüren direkt in die grosse, dreischiffige Kirche. Monika bezweifelt, ob wir es bis 17 Uhr schaffen, die Geburtsgrotte zu besichtigen, denn die Kirche wird um 17 Uhr geschlossen. Ohne die Kaffeefahrt zu den Daimonds wäre das alles kein Problem gewesen, jetzt wird es zum Lotteriespiel.

Die Geburtskirche ist sehr gross und fasst mindestens 3.000 Menschen, die sich dicht gedrängt hier zum alljährlichen Weihnachtsgottesdienst versammeln. Auch dann muss man für die Sicherheit beten, denn es gibt nur drei kleine Ausgänge aus dieser Kirche. Im Fussboden des Hauptschiffes sind Holzklappen eingebaut. Werden sie geöffnet, kommen einen Meter tiefer die Mosaiken der Vorgängerkirche zum Vorschein. Die Kirche ist in keinem guten baulichen Zustand. Monika informiert, dass das Geld für die Renovierung fehlt, es aber Hoffnung gibt, die Rekonstruktion bald beginnen zu können.

Die Gruppe stellt sich im rechten Kirchenschiff an, die Schlange ist lang und vorne die Öffnung hin zur Geburtsgrotte klein. Höchstens drei Personen passen gleichzeitig durch. Während der Wartezeit informiert uns Monica über die Geburtskirche und ihren baulichen Zustand. Allerdings spricht sie so leise, dass man nichts versteht, wenn man nicht direkt neben ihr steht.

 

Eingang zur Geburtskirche
Eingang zur Geburtskirche


Die grosse dreischiffige Geburtskirche in Bethlehem
Die grosse dreischiffige Geburtskirche in Bethlehem


Teil des Ikonostas der Geburtskirche
Teil des Ikonostas der Geburtskirche


Anstellen vor der Geburtsgrotte
Anstellen vor der Geburtsgrotte

 

Alte Wandmalereien rechts obem vor dem Altar
Alte Wandmalereien rechts oben vor dem Altar

 

Nach 40 Minuten, in denen ich mir die Kirche gründlich angesehen habe, ist unsere Gruppe dort angekommen, wo sich die Warteschlange durch die Öffnung zum Altarraum zwängt. Dahinter sind die halbrunden Stufen, die zur Geburtsgrotte hinab führen, mit höchstens 15 kleinen Schritten zu erreichen. Zwei Priester verkaufen geweihte Kerzen.


Eingang zur Geburtsgrotte
Eingang zur Geburtsgrotte

 

Ausgang der Geburtsgrotte
Ausgang der Geburtsgrotte

 

Der Zug, der sich bisher langsam aber konstant bewegte, gerät ins Stocken. Eine Gruppe schwarz gekleideter und wichtig dreinblickender Männer wird in die Geburtsgrotte vorgelassen. Das gemeine Volk muss warten. Es wartet keine drei oder fünf Minuten, sondern knapp 20. Dann ist so ein Gedränge an der schmalen Treppe, das es nur Maria und Joseph zu verdanken ist, dass sich hier niemand die Beine bricht. Die Kirche ist offiziell bereits geschlossen, aber die Menschen, die so lange gewartet haben, dürfen noch durch die Geburtsgrotte laufen.

Sie liegt so tief, weil das Niveau des umgebenden Geländes in den letzten 2.000 Jahren durch Zivilisationsschutt und Baumassnahmen angewachsen ist. Die Kirche wurde über dem ehemaligen Stall mit der Krippe errichtet. Dieser Ort befindet sich jetzt rund fünf Meter direkt unter dem hohen Ikonostas.


Sanctae Catharinae Vircini
Sanctae Catharinae Vircini

 

Sanctae Catharinae Vircini
Sanctae Catharinae Vircini

 

Durch eine weitere, sehr kleine Maueröffnung links vorn in der Kirche gelangt man überrascht in einen Kreuzgang. Ein grosses Portal führt von dort in eine weitere Kirche, offensichtlich katholisch und neueren Datums: Sanctae Catharinae Vircini Et Martiri Dicatum. Hier findet gerade ein Gottesdienst in deutscher Sprache statt. Auch von hier aus soll es einen Zugang in die Geburtsgrotte geben.

 

Platz in Bethlehem gegenüber der Geburtskirche
Markplatz von Bethlehem gegenüber der Geburtskirche

Polizeistation vor der Geburtskirche
Polizeistation vor der Geburtskirche

 

Um 17:30 Uhr findet sich die Gruppe Nummer 8 wieder auf dem Vorplatz der Kirche ein. Es ist dunkel, einige Regentropfen fallen, aber es ist relativ warm, mindestens 15 Grad. Der Marktplatz gegenüber der Kirche ist hell beleuchtet. Dort sind nicht viele Leute unterwegs. Keine touristisch interessante Gegend, aber ein grosses Bildnis von Arafat hängt an der Fassade einer Moschee. Vom Minarett leuchten grüne Lampen. Daran kann man im Dunklen auf der Rückfahrt erkennen, dass wir an vielen Dörfern mit arabischen Israelis vorbeifahren.

Die Reiseführerin verabschiedet sich vor dem Checkpoint. Vorher weist sie noch darauf hin, dass die Einwohner Bethlehems natürlich grosse Probleme mit der Mauer haben, die ihnen den Zugang nach Israel und zu ihrem eigenen Land verwehrt, mindestens aber durch bürokratische Formalitäten sehr erschwert. Ausserdem protestieren die Palästinenser gegen diese Sperranlage, weil sie nicht auf der „Grünen Linie“ steht, sondern mehr palästinensisches Land als israelisches Gebiet eingrenzt, als Israel mit der „Grünen Linie“ international zugestanden wurde. Wenn die Mauer in ein bis zwei Jahren komplett geschlossen ist, wird ihre Länge 760 Kilometer betragen. Die „Grüne Linie“ hat nur eine Länge von 350 Kilometern. 

Um 17:45 stehen wir vor dem Check Point nach Israel. Davor eine Autoschlange. Stau. Es geht nur manchmal und dann im Schritttempo voran. Es dauert fast eine halbe Stunde, bis wir den Kontrollpunkt erreicht haben. Hier geht es schnell. Unser Bus wird ohne Kontrolle durch die Sperranlagen gewinkt. Offensichtlich reicht den Israelis die Gesichtskontrolle auf unserem Schiff. Danny nimmt uns an der gleichen Stelle wieder in Empfang, wo er uns vor der Fahrt nach Bethlehem verlassen hat. Im Dunklen und bei Regen fahren wir nach Haifa zurück.

 

Um 20:30 Uhr hält der Bus wieder  vor unserem Kreuzfahrtschiff. Danny hat uns vor den Einfahrt in den Hafen gefragt, ob wir Waffen gekauft haben, oder ob uns jemand etwas mit gegeben hat für einen angeblichen Freund auf unserem Schiff. Er übersetzt diese Fragen, die ein israelischer Sicherheitsbeamter stellt, der zur Kontrolle in den Bus gekommen ist. Der schwer bewaffnete Soldat begnügt sich damit, dass wir alle laut „Nein“ auf diese Fragen antworten.

Am Quai vor dem Schiff verabschiedet sich Danny. Die Busladung klatscht und jeder drückt ihm vor dem Bus ein paar Euro in die Hand. Ich habe kein Kleingeld mehr und zeige ihm einen 50-Euro-Schein: „Können Sie den Schein wechseln?“ „Vielleicht … Wie viel wollen Sie denn zurück haben?“ Er hat vorsichtshalber erst mal den grossen Schein in der Hand. „40 Euro zurück bitte!“ Danny zählt, aber es reicht nicht. Die deutsche Animateuse Melanie von der Schiffsbesatzung ist mitgefahren. Sie kommt gerade vorbei. „Können Sie wechseln?“ Nein, kann sie leider auch nicht. „Dann bekommen Sie von mir morgen früh 10 Euro. Wir sehen uns ja morgen an den Bussen!“ Das schmeckt Danny absolut nicht, denn „morgen“ heisst im Orient und in Südostasien so viel wie „niemals“! Aber es gibt keine andere Lösung. Danny lächelt bedauernd und glaubt mir kein Wort.

Am nächsten Morgen wedle ich Danny zur Begrüssung mit einem 10 Euro-Schein zu. Er stutzt. Er kann sich nicht sofort erinnern. Ungläubiges Staunen. Dann aber ein breites, befreiendes Lächeln: Ein Wunder ist geschehen!

Na klar, schliesslich sind wir ja im Heiligen Land!

 

Israelische Sperranlagen vor Bethlehem
Israelische Sperranlagen vor Bethlehem

Jürgen Albrecht, 03. Dezember 2011
update: 04.12.2011

BACK