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Ein Gespenst geht um in Deutschland ...
   
Gesine macht sich Gedanken ...

... über die Zukunft der Gesellschaft und ihrer Partei Die Linken. Sie veröffentlicht einen Artikel in der Jungen Welt, der ein heftiges Echo in den Medien auslöst: DIE LINKE auf dem Weg zum Kommunismus!! Hier wenige Zitate aus diesem Papier:

"... Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird es nicht den einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche Wege, die zum Ziel führen. Viel zu lange stehen wir zusammen an Weggabelungen und streiten über den richtigen Weg, anstatt die verschiedensten Wege auszuprobieren. Zu lange laufen wir auf Wegen, obwohl wir ahnen oder gar wissen, daß sie nicht zum Ziel führen. Doch wir kehren nicht um, weil wir Angst vor denen haben, die immer noch diskutierend an der Weggabelung stehen und uns mit höhnischem Gelächter empfangen könnten. Wir müssen lernen, Sackgassen zu verlassen und sie nicht ambitioniert als Wege zum Kommunismus zu preisen.

Egal, welcher Pfad zum Kommunismus führt, alle sind sich einig, daß es ein sehr langer und steiniger sein wird. Warum eigentlich? Angenommen, der Euro geht als Währung in den nächsten zwei Jahren unter, die Europäische Union zerbricht, die USA kommen nicht aus der Wirtschaftskrise und fallen bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in die Hände von radikal-fundamentalistischen Christen. Das Klima verändert sich dramatisch, der Golfstrom kühlt ab, die Flüchtlingsströme überrennen die »Festung Europa«, und wir werden gefragt, ob wir für diesen verworrenen Problemhaufen eine Lösung haben. Wer behauptet, daß er für dieses Szenario eine Strategie in der Schublade hat, der ist ein Hochstapler. Was wir anbieten können sollten, ist eine Methode für den Umgang mit solchen Problemhaufen. Wir wissen gar nicht, ob die Mechanismen der Wohlstands- und Verteilungsdemokratie der Bundesrepublik geeignet sind, solche komplexen Aufgaben zu lösen und friedlich abzuarbeiten. Ich habe da meine Zweifel ...

Wenn Kommunismus das Gemeinschaftliche betont und der Liberalismus den einzelnen, dann wollte Rosa Luxemburg beides zugleich – höchstmögliche Gemeinschaftlichkeit bei der Kontrolle darüber, daß Eigentum und Macht im Interesse aller gebraucht werden, und größtmögliche Freiheit individueller Entfaltung, radikaler Kritik und Öffentlichkeit. Eine Gesellschaft ohne Freiheit wäre für sie nur ein neues Gefängnis gewesen, so wie ihr eine Gesellschaft ohne Gleichheit immer nur eine Ausbeutergesellschaft war. Sie forderte die Herrschaft des Volkes über Wirtschaft und Gesellschaft genauso ein wie die Freiheit des Andersdenkenden. Sie war radikale demokratische Sozialistin und konsequente sozialistische Demokratin. Deswegen konnte der sowjetische Parteikommunismus sich am Ende genausowenig mit ihr versöhnen wie der bürgerliche Liberalismus. Beide wurden durch sie provoziert und lehnten sie letztlich ab. Und genau deswegen ist sie für die Partei Die Linke eine der wichtigsten Bezugspersonen in der Geschichte der Arbeiterbewegung ..." Das Original bei jungewelt.de ... 

 

 

Endlich Schwachstellenanalyse des Marxismus ?

Den Äusserungen von Frau Lötzsch könnte man wohlwollend durchaus positive Aspekte abgewinnen. Beginnen die Linken jetzt vielleicht doch, über den Untergang des sozialistischen Lagers und die Konsequenzen daraus für den Marxismus nachzudenken, der ja seit 150 Jahren ihre philosophische Basis ist? Relativieren die Linken nach 21 Jahren "gesellschaftswissenschaftlicher" Schockstarre jetzt (vielleicht!?) ihre Kommunismus-Utopie?!

Die Linke könnte erkannt haben, dass es offenbar keinen "naturgesetzlich" vorgezeichneten Weg zum Kommunismus gibt. Einigen scheint inzwischen wohl auch zu dämmern, dass das "Gemeinschaftliche" nicht ausreicht, sondern dass "grösstmögliche Freiheit der individuellen Entfaltung" für Menschen mindestens genauso wichtig ist. Bescheiden geworden will man heute auch nicht mehr behaupten, im Besitz von Patentrezepten für die Lösung der aktuellen und globalen Probleme zu sein. Das ist, gemessen an der Position des realen Sozialismus von 1989, schon ein bemerkenswerter Fortschritt! Wie und ob überhaupt dieser Spagat zwischen Gerechtigkeit und Freiheit zu bewältigen ist, wird sicher auch im Parteiprogramm der Linken nicht zu finden sein. Gesetzt den Fall, es gibt wirklich irgendwann einmal so ein Programm.

Wäre das die Position Der Linken, würden sich diese Partei damit de facto vom Historischen Materialismus komplett und in grossen Teilen auch von der "wissenschaftlichen Weltanschauung" des realen DDR-Sozialismus verabschieden. Genau das scheint vielen strenggläubigen Genossen aber unannehmbar zu sein. Details dazu bei www.storyal.de ...

 

 

Ein Gespenst geht um in Deutschland ...

... Der Kommunismus-Artikel von Gesine Lötzsch! Er hat eine Debatte bei Freund und Feind ausgelöst. Gestritten wird wieder einmal um des Kaisers nicht vorhandenen Bart. Die Linke ist sich natürlich auch bei diesem Thema nicht einig. Die Ost-Realos wollen nach dem realen Sozialismus auch von Kommunismus nichts mehr wissen. Die Unbelehrbaren und die fundamentalistischen West-Marxisten der ehemaligen DKP sehen sich aber immer noch in die "lichte Zukunft des Kommunismus" marschieren. Weil die Linke so ein zerstrittener Haufen ist, wurde bisher die DDR-Vergangenheit nicht aufgearbeitet, die Schwachstellen des Marxismus sind nicht benannt, es existiert kein Parteiprogramm der Linken und was die Linke politisch eigentlich will, ist so unklar, dass keine andere Partei mit ihr koalieren wird. Jedem Normalo ist klar: Die Linke hat sich 2010 politikunfähig ins Abseits manövriert. Diese Partei ist harmlos, wirkungslos und ungefährlich, weil nur mit sich selbst beschäftigt.

Der naive Artikel von Frau Lötzsch signalisiert keinen philosophischen Aufbruch der Linken. Es ist vielmehr ein weiterer Fauxpas dieser Partei. Im Superwahljahr 2011 stehen sieben Landtagswahlen an und da zeugt es nicht gerade von strategischem Geschick, das Wahlvolk mit einer Kommunismus-Debatte zu irritieren!

Interessant ist das Gegenlager: Praktisch alle Parteien, von SPD über FDP bis CDU/CSU, regen sich auf über den vermeintlich kommunistischen Aufbruch der Linken. Angeführt von der CSU, die gestern die Totalüberwachung forderte und heute (06.01.2011) sogar das Parteiverbot (CSU-Chef Seehofer wieder ganz Populist ...). Verfassungsbruch, eine andere Republik und die proletarische Revolution werden an die Wand gemalt. Wenige der Leute, die so laut schreien, haben den Artikel von Frau Lötzsch überhaupt gelesen. Und wenn, wird ihnen die eigentliche Aussage verborgen bleiben, weil sich kaum jemand ernsthaft mit dem Dialektischen Materialismus und der Philosophie des Marxismus auseinandergesetzt hat. Mit etwas Sachkenntnis ist nämlich sofort klar: Marx hat nur sehr vage beschrieben, was Kommunismus überhaupt sein soll. Wie er parallel zum (inzwischen globalen) Kapitalismus in Betrieb gesetzt werden soll, dazu schweigt sich Marx ganz aus. Kommunismus ist das, was für die Christen der Himmel ist und für Moslems die 77 Jungfrauen - Eine schöne Fata Morgana.

Ausserdem spricht Frau Lötzsch mit diesem harmlosen Artikel nicht für ihre Partei, in der diese Position nicht mehrheitsfähig ist. Frau Lötzsch macht sich ein paar halbprivate Gedanken über die Zukunft der Gesellschaft - und schon droht der Bundesrepublik der Untergang - Lächerlich! Warum? Weil Politiker auf diese Weise ihren Wählern Präsenz und Tatkraft vorgaukeln. Dabei merken sie nicht einmal, dass sie den Linken Visionen vorwerfen, während sie ähnlichen Utopien nachjagen, nur sind die nicht Rot, sondern Schwarz, Gelb oder Grün.

 

DKP in der Leipziger Strasse, 15. Januar 2011

Das reale Gespenst in der Leipziger Strasse - 15. Januar 2011

 

 

Links zum Thema

Unverantwortlich unhistorisch – Keine demokratischen Werte verinnerlicht www.dradio.de ...

SPD geht auf Distanz zur Linkspartei www.focus.de ...

Kommu ... was? - Ein Gespenst wird vermisst http://die-rote-fahne.eu ...

Lötzsch überhört die Signale www.spiegel.de ...

Das K-Wort und Die Linke www.jungewelt.de ...

Lafontaine: Mit Kommunismus nichts am Hut www.stern.de ...

Gysi fordert Ende der Flügelkämpfe bei den Linken www.google.com/hostednews/afp/...

Ein Gespenst geht auf Tuchfühlung www.heise.de ...

Alexander Schalck Golodkowski: Deutsch-deutsche Erinnerungen www.perlentaucher.de ...

Die Irrtümer der Marxisten www.storyal.de ...

Kuczynski's Erben www.storyal.de ...

Ich spiel doch nicht den Engels www.spiegel.de ...

 

Jürgen Albrecht, 08. Januar 2011
update: 15.01.2011

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